Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
solchen Gründen wählten Königinnen eben ihre Ehemänner aus. Taringail war ein kalter, unnahbarer Mann gewesen, und trotz zweier wunderbarer Kinder war nie Liebe zwischen ihnen aufgekommen. Es war schon beinahe eine Erleichterung gewesen, als er bei einem Jagdunfall ums Leben kam.
Thomdril Merrilin, Hausbarde und dann Hofbarde, war zuerst die reinste Freude für sie gewesen, so intelligent und geistreich, wie er war, ein lachender Mann, der die Tricks des Spiels der Häuser benützte, um ihr zum Thron zu verhelfen und, sobald sie ihn innehatte, Andor zu stärken. Er war damals doppelt so alt wie sie gewesen, und doch hätte sie ihn vielleicht geheiratet – Heiraten mit Bürgerlichen waren in Andor nicht so ungewöhnlich –, wenn er nicht wortlos verschwunden und mit ihr anschließend das Temperament durchgegangen wäre. Sie hatte nie erfahren, warum er eigentlich gegangen war, aber das spielte keine Rolle. Als er schließlich zurückkehrte, hätte sie bestimmt den Haftbefehl gegen ihn zurückgenommen, doch statt wie sonst ihren Zorn sanft, aber bestimmt aufzufangen, hatte er ihre harten Worte erwidert und Dinge gesagt, die sie ihm niemals vergeben konnte. Ihre Ohren brannten jetzt noch, wenn sie daran dachte, dass er sie ein verwöhntes Kind genannt hatte und eine Marionette Tar Valons. Er hatte sie tatsächlich handfest geschüttelt – seine Königin!
Dann war die Zeit Gareth Brynes gekommen, eines starken und fähigen Mannes, so schroff wie sein Gesicht und genauso stur wie sie. Doch er hatte sich als verräterischer Narr erwiesen. Er hatte keinen Platz mehr in ihrem Leben. Es schien Jahre her zu sein, dass sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, und nicht erst wenig mehr als ein halbes Jahr.
Und schließlich Gaebril. Die Krone auf ihrer Liste von Fehlschlägen. Wenigstens hatten die anderen nicht versucht, sie vom Thron zu verdrängen und sich selbst an diese Stelle zu bringen.
Nicht so viele Männer für das Leben einer Frau, und doch waren es zu viele. Etwas anderes, das Lini oftmals sagte, war, dass Männer eigentlich nur gut für drei Dinge seien, in diesen Fällen allerdings schon sehr gut. Sie hatte auf dem Thron gesessen, bevor Lini sie für alt genug hielt, ihr diese drei Dinge zu nennen. Wenn ich mich nur ans Tanzen gehalten hätte, dachte sie trocken, hätte ich mir einiges ersparen können.
Die Schatten im Garten jenseits des Fensters waren um ungefähr eine Stunde weitergewandert, als Lini endlich mit dem jungen Tallanvor zurückkehrte, der schon auf ein Knie niedersank, als sie noch die Tür schloss. »Zuerst wollte er gar nicht mitkommen«, sagte sie. »Vor fünfzig Jahren, schätze ich, hätte ich ihm einiges von dem gezeigt, was du der Welt zur Schau stellst, und er wäre mir bestimmt schnell hinterhergelaufen, aber heutzutage muss ich mich auf Vernunftgründe beschränken.«
Tallanvor wandte den Kopf und blickte mit saurer Miene zu ihr auf. »Ihr habt mir gedroht, mich mit einem Stock hierherzutreiben, wenn ich nicht mitkäme. Ihr hattet Glück, dass ich mich fragte, was Euch so wichtig sein könne, anstatt Euch von jemandem in die Krankenstube schleppen zu lassen.« Ihr strenges Schnauben störte ihn nicht im Geringsten. Sein ätzender Blick wurde zornig, als er sich wieder Morgase zuwandte. »Wie ich sehe, ist Euer Zusammentreffen mit Gaebril nicht positiv verlaufen, meine Königin. Ich hatte … auf mehr gehofft.«
Er sah ihr geradewegs in die Augen, doch Linis Kommentar hatte sie wieder auf das Kleid aufmerksam gemacht, das sie trug. Sie hatte das Gefühl, glühende Pfeile zeigten auf ihren entblößten Busen. Es kostete sie Mühe, die Hände ruhig in ihrem Schoß zu halten. »Ihr seid ein scharfsinniger Bursche, Tallanvor. Und loyal, wie ich glaube, sonst wärt Ihr nicht mit den Nachrichten über die Zwei Flüsse zu mir gekommen.«
»Ich bin kein junger Bursche mehr«, fuhr er sie an und richtete sich im Knien ganz steif auf. »Ich bin ein Mann, der sein Leben dem Dienst für seine Königin verschworen hat.«
Sie ließ ihre Beherrschung fahren und fauchte zurück: »Wenn Ihr ein Mann seid, dann benehmt Euch wie einer. Steht auf und beantwortet die Fragen Eurer Königin wahrheitsgemäß. Und denkt immer daran, dass ich Eure Königin bin , junger Tallanvor. Was auch Eurer Meinung nach geschehen sein mag: Ich bin die Königin von Andor.«
»Vergebt mir, meine Königin. Ich höre und gehorche.« Die Worte entsprachen den Vorschriften, wenn sie auch nicht gerade reumütig klangen,
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