Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
konnten nicht bestätigt werden. Doch die Schreiberin deutete an, Rand selbst könne darin verwickelt sein. Das war ja noch besser! Elaida suchte in der falschen Richtung, und das gleich um tausend Wegstunden zu weit. Ein verwirrter Bericht besagte, eine Rote Schwester in Caemlyn habe Morgase anlässlich einer öffentlichen Audienz gesehen, aber die Spione verschiedener Ajahs berichteten ansonsten übereinstimmend, die Königin habe sich schon seit Tagen völlig zurückgezogen. Auseinandersetzungen in den Grenzlanden, mögliche kleinere Aufstände in Shienar und Arafel … Das Pergamentblatt war verschwunden, bevor sie zur Begründung kam. Pedron Niall rief die Weißmäntel nach Amadicia zurück, um sie möglicherweise nach Altara in Marsch zu setzen. Nur gut, dass sich Elayne und Nynaeve lediglich noch etwa drei Tage dort aufhalten mussten.
Im nächsten Bericht ging es um Elayne und Nynaeve. Zuerst riet die Schreiberin, die Spionin nicht zu bestrafen, der sie entkommen waren. Das hatte Elaida aber mit Schwung durchgestrichen, und an den Rand hatte sie geschrieben: ›Ein Exempel statuieren!‹ Und dann, gerade als die Schreiberin detailliert von der Suche nach den beiden in Amadicia berichtete, wurde aus dem einzelnen Blatt ein ganzes Bündel, in dem es um die Schätzungen von Baumeistern und Maurern ging, die eine private Residenz für die Amyrlin auf dem Gelände der Burg planten. So dick, wie dieses Bündel war, musste es sich eher um einen Palast handeln.
Sie ließ das Bündel fallen, und die Blätter verschwanden, bevor sie sich auf dem Tisch verteilen konnten. Das lackierte Kästchen war wieder geschlossen. Sie wusste, sie könnte den Rest ihres Lebens hier verbringen und es würden immer neue Papiere in diesem Kästchen liegen und die wiederum würden sich ständig ändern. Je kurzlebiger etwas in der wachenden Welt war – ein Brief, ein Kleidungsstück, eine Schüssel, die man häufig an einen anderen Platz stellte –, desto flüchtiger war auch sein Spiegelbild in Tel’aran’rhiod . Sie konnte nicht zu lange hier verbleiben. Der Schlaf war, während man sich in der Welt der Träume aufhielt, nicht so tief und erholsam wie der normale ungestörte Schlaf.
Sie eilte hinaus in das Vorzimmer und wollte gerade nach dem ordentlichen Stapel von Schriftrollen und Pergamenten, einige davon versiegelt, greifen, der auf dem Schreibtisch der Bewahrerin der Chroniken lag, als der gesamte Raum zu verschwimmen begann. Bevor sie überlegen konnte, was das zu bedeuten habe, öffnete sich die Tür, und Galad trat lächelnd ein. Sein brokatbesetzter blauer Mantel stand ihm geradezu perfekt, und in der bequemen Hose zeichnete sich die Form seiner strammen Waden deutlich ab.
Sie atmete tief durch, und in ihrem Magen flatterten Schmetterlinge. Es war einfach nicht fair, wenn ein Mann ein so schönes Gesicht hatte.
Er trat näher und zwinkerte mit seinen dunklen Augen. Dann strich er mit seinen Fingern über ihre Wange. »Kommst du mit mir in den Wassergarten spazierengehen?«, fragte er leise.
»Wenn Ihr beiden schmusen wollt«, sagte eine Frauenstimme knapp, »dann aber nicht hier.«
Egwene wirbelte mit weit aufgerissenen Augen herum und starrte Leane an, die mit der Stola der Bewahrerin um die Schultern und einem wohlwollenden Lächeln auf dem kupferfarbenen Gesicht hinter ihrem Schreibtisch saß. Die Tür zum Arbeitszimmer der Amyrlin war offen, und drinnen stand Siuan neben ihrem einfachen, hochglänzenden Schreibtisch und las, was auf einem langen Pergamentbogen geschrieben stand. Sie trug die gestreifte Stola ihres Amtes auf den Schultern. Das war der helle Wahnsinn!
Sie floh, ohne zu überlegen, welches Bild sie im Geist als Ziel formen wolle, und dann fand sie sich schwer atmend auf dem Anger von Emondsfelde wieder. Um sie herum standen die vertrauten strohgedeckten Häuser, und der Weinquellenbach ergoss sich von seinem Felsvorsprung auf die breite Grasfläche. In der Nähe des flinken, sich schnell verbreiternden Baches stand die kleine Schenke ihres Vaters, das untere Stockwerk aus Naturstein erbaut und das überstehende Obergeschoss weiß getüncht. »Das einzige Dach dieser Art in den ganzen Zwei Flüssen«, hatte Bran al’Vere oftmals von diesen roten Ziegeln behauptet. Die mächtigen Grundmauern mit der riesigen Eiche im Mittelpunkt, die sich in der Nähe der Weinquellenschenke erhoben, waren viel älter als die Schenke selbst. Manche Leute erzählten sich ja, irgendeine Art von Schenke habe schon
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