Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
doch außer einer schönen Erinnerung noch etwas Gutes herausgekommen. Sie kann es doch wirklich mit dem ›niemals wieder‹ nicht ernst gemeint haben. Allerdings hatte er den Verdacht, er müsse sie wörtlich nehmen.
Er wob einen fingerdicken Strang aus Feuer und schnitt damit den Umriss einer Tür in die eine Wand, wobei er den oberen Teil noch etwas erweiterte. Überraschenderweise drang Tageslicht durch den Spalt herein. Er ließ Saidin fahren und tauschte einen verblüfften Blick mit Aviendha. Ihm war schon bewusst, dass sie nicht auf die Zeit geachtet hatten – du weißt nicht einmal mehr, welches Jahr gerade ist –, aber sie konnten sich eigentlich nicht sehr lang hier drinnen aufgehalten haben. Wo sie sich auch befinden mochten, es musste in jedem Fall weit von Cairhien entfernt sein.
Er drückte gegen den Schneeblock, doch der rührte sich nicht, bis er sich mit dem Rücken dagegenlehnte, die Füße fest aufstemmte und mit aller Kraft drückte. Gerade als ihm der Gedanke kam, er hätte das auch viel einfacher mithilfe der Macht anstellen können, rutschte der Block nach außen. Er konnte das Gleichgewicht nicht halten und kippte in das kalte, klare Tageslicht hinein. Allerdings stürzte er nicht, denn der Block blieb an einer Schneewehe hängen, die sich um die Hütte herum gebildet hatte. So lag er auf dem Rücken, das Gesicht gerade so eben im Freien, und sah aus dieser Haltung weitere Schneewehen, die spärliche, verkrüppelte Bäume einer ihm unbekannten Art umgaben, während unter anderen möglicherweise Büsche oder Felsblöcke begraben lagen.
Er öffnete den Mund – und vergaß augenblicklich, was er hatte sagen wollen, als irgendetwas keine fünfzig Fuß über ihm durch die Luft fegte: eine ledrig-graue Gestalt, viel größer als ein Pferd, die auf langsam schlagenden, weitgeöffneten Schwingen dahinsegelte, die offenbar aus Horn bestehende Schnauze vorgestreckt, die Füße wie Vogelkrallen und mit scharfen Klauen versehen und hinten in einem dünnen Eidechsenschwanz endend. Sein Kopf bewegte sich wie von allein, und er verfolgte den Flug dieses Dinges über die Baumwipfel hinweg. Zwei Menschen saßen auf seinem Rücken. Trotz der warmen Kleidung und ihrer Kapuzen war es klar, dass sie den Boden unter sich absuchten. Falls mehr als nur sein Kopf aus der Hütte geschaut hätte, und das auch nicht gerade unter dem Bauch des Geschöpfes, hätten sie ihn sicherlich entdeckt. »Lass die Decken liegen«, sagte er, als er sich duckte und wieder hineinschlüpfte. Dann berichtete er ihr, was er gesehen hatte. »Vielleicht sind sie uns freundlich gesinnt, vielleicht auch nicht. Ich möchte es lieber gar nicht erst herausfinden.« Er legte ohnehin keinen gesteigerten Wert darauf, Leute kennenzulernen, die auf so einem Ding ritten. Falls es überhaupt Menschen waren. »Wir müssen uns zum Tor zurückschleichen. So schnell es geht, aber möglichst ungesehen.«
Ausnahmsweise widersprach sie nicht. Als er sie darauf ansprach, während er ihr behilflich war, über den Schneeblock zu klettern – was auch erstaunlich war, denn sie akzeptierte seine helfende Hand ohne einen einzigen bösen Blick –, sagte sie: »Ich widerspreche nicht, wenn das, was du sagst, vernünftig ist, Rand al’Thor.« Das hatte er allerdings anders in Erinnerung.
Das sie umgebende Land war eben und von einer dicken Schneedecke bedeckt. Nur im Westen erhoben sich schroffe, weiß gefleckte Berge, deren Gipfel in Wolken gehüllt waren. Er erkannte unschwer, dass dies im Westen war, weil gerade die Sonne gegenüber aufging. Die obere Hälfte des goldenen Balles erhob sich aus dem Meer. Er blickte erstaunt hin. Das Land fiel in diese Richtung ab, sodass er sehen konnte, wie gewaltige Brandungswogen gischtsprühend auf ein felsiges, mit Steinen übersätes Ufer vielleicht eine halbe Meile entfernt auftrafen. Ein Meer im Osten, das sich endlos dem Horizont und der Sonne entgegenstreckte. Hätte der Schnee nicht ausgereicht, dann wüsste er spätestens jetzt, dass sie sich in keinem ihm bekannten Land befanden.
Aviendha blickte mit großen Augen völlig erstarrt auf die heranrollenden Brecher, und dann runzelte sie die Stirn, als sie begriff. Wohl hatte sie noch nie ein Meer gesehen, aber Landkarten hatte sie gewiss studiert.
Mit ihren Röcken machte ihr der Schnee nun noch mehr Schwierigkeiten als ihm. Er strampelte sich ab, sank manchmal bis zur Hüfte ein und grub sich mehr hindurch, als dass er ging. Sie schnappte nach Luft, als er
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