Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
seinen Vater um die Erlaubnis zu so etwas bat, riskierte ein paar Ohrfeigen. Wenn er so an die Burschen dachte, die ganz schön ins Schwitzen gekommen waren, weil sie befürchteten, jemand – irgendjemand – könne herausfinden, was sie mit dem Mädchen trieben, das sie heiraten wollten … Er erinnerte sich noch gut daran, als Nynaeve Kimry Lewin und Bar Dowtry im Heustadel von Bars Vater erwischt hatte. Kimry hatte schon fünf Jahre lang den Zopf getragen, aber als Nynaeve schließlich mit ihr fertig war, hatte Frau Lewin sie sich noch einmal vorgeknöpft. Die Versammlung der Frauen hatte Bar beinahe bei lebendigem Leib das Fell abgezogen, doch das war nichts gegen die Behandlung, die Kimry erleben musste, während sie den einen Monat abwarteten, den man als kürzeste Anstandsfrist vor der Hochzeit betrachtete. Insgeheim wurde noch lange, wenn auch so leise, dass die Versammlung der Frauen nichts davon hörte, darüber gescherzt, dass sich weder Bar noch Kimry während der ersten Woche ihrer Ehe hinsetzen konnten. Rand glaubte, Kimry habe nicht um Erlaubnis gebeten, mit Bar ins Bett gehen zu dürfen. »Aber ich denke, Egwene kennt wohl auch nicht alle Bräuche bei den Männern«, fuhr er fort. »Frauen wissen auch nicht alles. Siehst du, da ich angefangen habe, müssen wir heiraten! Da spielen Genehmigungen keine Rolle mehr.«
»Du hast angefangen?« Ihr Schnauben war betont und bedeutungsvoll. Ob Aiel oder Andoraner oder sonst etwas, Frauen benützten solche Geräusche wie Stöcke, um damit zu stochern oder zu schlagen. »Es spielt sowieso keine Rolle, weil wir uns an die Aielsitten halten. Das wird nicht noch einmal passieren, Rand al’Thor.« Er war überrascht und erfreut, in ihrer Stimme Bedauern mitschwingen zu hören. »Du gehörst zur Nächstschwester meiner Nächstschwester. Ich habe Elayne gegenüber Toh , aber das muss dich nicht kümmern. Ich habe gehört, dass Männer hinterher faul sind, doch es kann nicht mehr lang dauern, bis die Clans bereit sind, früh am Morgen loszumarschieren. Du musst rechtzeitig dort sein.« Plötzlich überzog Panik ihr Gesicht, und sie sackte auf die Knie nieder. »Wenn wir überhaupt zurückkehren können. Ich weiß nicht mehr genau, was ich gemacht habe, um dieses Loch zu erzeugen, Rand al’Thor. Du musst uns den Weg zurück suchen.«
Er berichtete ihr, wie er ihr Tor blockiert hatte und es immer noch dort draußen spüren konnte. Sie blickte erleichtert drein und lächelte ihn sogar an. Aber es wurde immer klarer, als sie sich mit übergeschlagenen Beinen hinsetzte und den Rock zurechtzog, dass sie sich nicht umdrehen würde, während er sich anzog.
»Na ja, gleiches Recht für alle«, murmelte er schließlich nach einer Weile und krabbelte unter den Decken hervor.
Er bemühte sich, genauso selbstverständlich zu tun wie sie, aber es fiel ihm nicht leicht. Er fühlte ihren Blick wie eine Berührung, auch als er sich von ihr abwandte. Sie hatte kein Recht, ihm zu sagen, er habe einen hübschen Hintern; er hatte ja schließlich auch nicht gesagt, wie hübsch ihrer war. Sie sagte so etwas ja ohnehin nur, damit er rot wurde. Frauen sahen Männer doch nicht auf diese Weise an. Und sie fragen auch nicht ihre Mutter um Erlaubnis, wenn sie …? Er hatte eine Vorahnung, dass sein Leben mit Aviendha keinen Deut leichter geworden war.
KAPITEL 32
Ein sehr kurzer Speer
E s gab kaum eine Diskussion. Trotz des draußen noch tobenden Sturms konnten sie es zum Tor zurück schaffen, wenn sie die Decken und die Bettunterlage als Umhänge benutzten. Aviendha begann, sie aufzuteilen, während er nach Saidin griff, nach Leben und Tod, geschmolzenem Feuer und flüssigem Eis.
»Gib uns beiden jeweils gleich viele«, sagte er zu ihr. Ihm war bewusst, dass seine Stimme kalt und gefühllos klang. Asmodean hatte ihm gesagt, er könne noch erheblich weiter gehen, doch das hatte er bisher nicht fertiggebracht.
Sie warf ihm einen überraschten Blick zu, doch alles, was sie sagte, war: »Bei dir gibt es mehr zu bedecken.«
Streiten war zwecklos. Seiner Erfahrung nach, und die ging eben von Emondsfelde bis zu den Töchtern des Speers, konnte man eine Frau nur dadurch davon abhalten, etwas für einen zu tun, dass man sie fesselte. Das galt besonders dann, wenn sie sich in den Kopf gesetzt hatte, ein Opfer zu bringen. Überraschend war nur, dass sie gar nicht beißend gesprochen und auch keine Bemerkung fallengelassen hatte, er sei ein verwöhnter Feuchtländer. Vielleicht war bei alledem
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