Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
lächerliche kegelförmige Kappe vom Kopf riss. »Ich war auf der anderen Seite des Flusses«, sagte er. »Es befinden sich so etwa hundert Weißmäntel in Samara. Sie beobachten lediglich und werden selbst genauso aufmerksam von Soldaten Ghealdans beobachtet. Aber einen habe ich erkannt. Es war der junge Bursche, der Euch in Sienda in der Schenke gegenübersaß.«
Sie lächelte ihn an, und er trat schnell noch einen Schritt zurück, wobei er sie misstrauisch beäugte. Galad in Samara. Das musste nun auch noch sein. »Ihr bringt immer so wunderbare Nachrichten, Juilin. Wir hätten Euch in Tanchico lassen sollen, oder besser noch auf dem Kai in Tear.« Das war nicht fair. Es war besser, wenn er ihr von Galads Anwesenheit berichtete, als dass sie ihm unversehens auf der Straße in die Arme lief. »Danke schön, Juilin. Wenigstens wissen wir jetzt, dass wir vor ihm auf der Hut sein müssen.« Sein Nicken war wohl kaum eine gebührende Antwort auf so großzügigen Dank, und er eilte davon und zog sich die Mütze über den Kopf, als fürchte er, sie wolle ihn schlagen. Männer hatten eben keine Manieren.
Das Innere des Wagens war viel sauberer als zu der Zeit, da Thom und Juilin ihn gekauft hatten. Die abblätternde Farbe war weggekratzt worden, und die Männer hatten über diese Arbeit ganz schön geflucht. Die Kommoden und der winzige, am Boden befestigte Tisch waren geölt und poliert worden, bis sie glänzten. Der kleine Backsteinherd mit dem metallenen Rauchabzug wurde nie benützt, denn die Nächte waren warm genug, und wenn sie hier drinnen zu kochen anfingen, würden Thom und Juilin nie wieder diese Arbeit übernehmen. Aber im Herd konnten sie wunderbar ihre Wertsachen verstecken, die Börsen und die Schmuckkästchen. Sie hatte die Waschledertasche mit dem Siegel so tief wie möglich hineingesteckt und sie seither nicht mehr angerührt.
Elayne, die auf einem der schmalen Betten saß, stopfte schnell etwas unter die Bettdecke, als Nynaeve hereinkletterte, doch bevor sie danach fragen konnte, was es gewesen sei, rief Elayne: »Dein Auge! Was ist passiert?« Sie mussten ihre Haare schleunigst wieder färben, denn an den Haarwurzeln der schwarzen Locken zeigten sich goldene Ansätze. Alle paar Tage mussten sie nachfärben.
»Cerandin hat mich geschlagen, als ich gerade unaufmerksam war«, knurrte Nynaeve. Die Erinnerung an den Geschmack von abgekochtem Katzenfarn und zerstoßenen Mavinsblättern zog Nynaeve den Mund zusammen. Das war nicht der Grund, warum sie Elayne zum letzten Treffen in Tel’aran’rhiod geschickt hatte. Sie mied Egwene keineswegs. Meistens war ja sie zwischen den Treffen in die Welt der Träume gegangen, und es war nur fair, Elayne auch einmal wieder eine Gelegenheit zu geben. Das war der Grund gewesen.
Vorsichtig legte sie den Kasten mit den Feuerstöckchen neben zwei weitere in eine der Kommoden. Einen, der tatsächlich von allein Feuer gefangen hatte, hatte sie schon längst weggeworfen.
Ihr war selbst nicht klar, warum sie nicht die Wahrheit sagte. Elayne hatte offensichtlich den Wagen überhaupt nicht verlassen, sonst wüsste sie bereits Bescheid. Sie und Juilin waren wahrscheinlich die einzigen Menschen im Lager, die nichts ahnten, jetzt, da Thom garantiert jede widerliche Einzelheit an Luca weitergegeben hatte.
Sie atmete tief durch, setzte sich auf das andere Bett und zwang sich, Elayne in die Augen zu sehen. Etwas am Schweigen der Frau sagte ihr, Elayne sei sich darüber im Klaren, dass mehr daran gewesen war.
»Ich … habe Cerandin über die Damane und Sul’dam ausgefragt. Ich bin sicher, sie weiß mehr, als sie zugibt.« Sie schwieg, um Elayne eine Gelegenheit zu geben, Zweifel daran anzumelden, dass sie wirklich gefragt habe und nicht gefordert, um zu sagen, die Seanchanerin habe ihnen bereits alles gesagt, was sie wusste, und dass sie nie viel Kontakt mit Damane und Sul’dam gehabt habe. Doch Elayne hielt den Mund, und Nynaeve wurde bewusst, dass sie selbst lediglich hoffte, durch einen kleinen Streit den Augenblick der Wahrheit hinauszuzögern. »Sie regte sich wohl ziemlich auf, weil sie angeblich nicht mehr wusste, und so habe ich sie geschüttelt. Du hast sie wirklich viel zu gut behandelt. Sie hat mir den Zeigefinger unter die Nase gehalten, um mich zu mahnen!« Immer noch beobachtete Elayne sie schweigend und zuckte kaum mit einer Wimper ihrer kühlen blauen Augen. Nynaeve hatte Mühe, nicht verlegen zur Seite zu blicken, als sie fortfuhr: »Sie … hat mich
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