Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
sie ihm versprochen, und ich glaube, es wäre nicht anständig, sich davonzuschleichen, ohne ihn zu bezahlen.« Trotzdem hätte sie das ohne Zögern getan, wenn sie gewusst hätte, wohin sie gehen sollten.
»Das wäre allerdings nicht anständig«, sagte Elayne, und es klang einigermaßen empört. »Aber um Galad müssen wir uns keine Gedanken machen, wenigstens, solange wir uns bei der Menagerie aufhalten. Galad wird sie ganz bestimmt nicht besuchen. Er glaubt, Tiere in Käfige zu sperren sei grausam. Allerdings hat er nichts dagegen, sie zu jagen und zu essen – nur einsperren findet er nicht recht.«
Nynaeve schüttelte den Kopf. In Wahrheit suchte Elayne nur nach einer Ausrede, um ihre Abreise zu verzögern, und sei es nur für einen Tag. Doch sie hatten ja sowieso keine Möglichkeit dazu. Dieses Weib wollte tatsächlich vor allen Leuten, und nicht nur vor den anderen Artisten, auf dem Seil ihre Kunststücke vollbringen. Und sie selbst musste höchstwahrscheinlich zulassen, dass Thom wieder mit Messern nach ihr warf. Aber ich werde dieses verdammte Kleid nicht tragen!
»Das erste Schiff am Landesteg, das groß genug ist, um noch vier Leute mitzunehmen«, sagte sie. »Das werden wir mieten. Der Flusshandel kann doch nicht ganz und gar zum Erliegen gekommen sein.«
»Es wäre hilfreich, zu wissen, wohin wir damit fahren.« Der Tonfall der anderen war verdächtig sanft. »Weißt du, wir könnten ja einfach nach Tear fahren. Wir müssen nicht unbedingt diese Suche fortsetzen, nur weil du …« Sie ließ die Worte verklingen, aber Nynaeve wusste recht gut, was sie hatte sagen wollen. Nur weil sie so stur sei. Nur weil sie sich darüber aufregte, dass sie sich nicht an einen einfachen Namen erinnern konnte, wollte sie die Erinnerung jetzt zwingen und dorthin gelangen, und wenn sie sich dabei umbrachte. Aber das stimmte doch alles gar nicht. Sie wollte diese Aes Sedai finden, die vielleicht Rand unterstützen würden, und sie zu ihm führen, statt wie ein bedauernswerter Flüchtling hinter den Mauern Tears Schutz zu suchen.
»Ich werde mich noch daran erinnern«, sagte sie mit beherrschter Stimme. Es hörte mit ›bar‹ auf. Oder vielleicht mit ›dar‹? ›Lar‹? »Ich werde darauf kommen, bevor du es müde wirst, dich auf dem Hochseil zur Schau zu stellen.« Ich werde dieses Kleid nicht tragen!
KAPITEL 34
Ein silberner Pfeil
E layne war an diesem Abend mit Kochen an der Reihe, und das bedeutete in jedem Fall ein besonderes Mahl, obwohl sie ja nur auf Hockern um das kleine Feuer saßen. Im sie umgebenden Wald zirpten die Grillen, und von Zeit zu Zeit erklang der dünne, traurige Ruf eines Nachtvogels in der immer tiefer werdenden Dunkelheit. Die Suppe servierte sie kalt und eingedickt, und obenauf hatte sie zerhackten Schnittlauch gestreut. Das Licht wusste, woher sie den Schnittlauch oder auch die winzigen Perlzwiebeln hatte, die den Erbsen hinzugefügt waren. Das Rindfleisch war in so dünne Scheiben geschnitten, dass man fast hindurch sehen konnte, und dann hatte sie es um eine Füllung gewickelt, die aus Karotten, Brechbohnen, Schnittlauch und Ziegenkäse bestand. Sogar ein Nachtisch in Form eines kleinen Honigkuchens stand bereit.
Es schmeckte alles vorzüglich, obwohl Elayne sich darüber aufregte, nichts schmecke genauso, wie es eigentlich solle, als glaube sie, sie könne hier arbeiten wie die Chefköchin im Königlichen Palast in Caemlyn. Nynaeve war auch ziemlich sicher, dass das Mädchen nicht bloß auf Komplimente aus war. Elayne wehrte Komplimente immer ab und sagte jedem ins Gesicht, was daran nicht stimmte. Thom und Juilin knurrten ein bisschen, weil sie so wenig Fleisch hatten, doch Nynaeve bemerkte recht gut, dass sie jede Kleinigkeit aßen und enttäuscht dreinblickten, als schließlich auch die letzte Erbse verputzt war. Wenn sie kochte, aßen sie aus irgendeinem Grund immer bei einem der anderen Wagen. Und wenn einer von ihnen das Essen zubereitete, gab es jedes Mal Eintopf oder Bohnen mit Fleisch und so viel Peperoni, dass die Zunge beinahe Blasen bekam.
Natürlich aßen sie nicht allein. Dafür hatte Luca gesorgt, der seinen eigenen Hocker mitgebracht und gleich neben ihren gestellt hatte. Den roten Umhang hatte er elegant ausgebreitet, und die langen Beine streckte er so aus, dass man über den umgeschlagenen Stiefelschäften noch seine strammen Waden sah. Er war fast jeden Abend hier. Seltsamerweise ließ er nur die Abende aus, an denen sie kochte.
Es war schon interessant,
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