Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
dass er ein Auge auf sie geworfen hatte, obwohl eine so hübsche Frau wie Elayne anwesend war, aber er hatte wohl seine Gründe. Er saß viel zu nahe bei ihr. Heute Abend hatte sie ihren Stuhl dreimal ein Stück weggerückt, und jedes Mal hatte er seinen nachgerückt, ohne ein Wort zu verlieren und scheinbar, ohne es überhaupt zu bemerken. Er verglich sie einmal mit den verschiedensten Blumen, wobei die Blumen jeweils schlecht wegkamen, ignorierte ihr blaues Auge, das wohl auch ein Blinder bemerkt hätte; dann schwärmte er wieder davon, wie schön sie in jenem roten Kleid aussehen werde, und ließ noch ein paar Komplimente über ihren Mut einfließen. Zweimal entschlüpfte ihm der Vorschlag, gemeinsam einen Mondscheinspaziergang zu unternehmen, so geschickt verschlüsselt allerdings, dass sie nicht ganz sicher war, ob er es wirklich so gemeint hatte, bis sie genauer darüber nachdachte.
»Dieses Kleid wird dem Mut, den Ihr vor allen entfaltet, einen perfekten Rahmen geben«, murmelte er ihr ins Ohr, »wenn auch lange nicht so perfekt, wie Ihr euch selbst haltet, denn die nachtblühenden Daralilien würden vor Neid weinen, sähen sie Euch am mondbeschienenen Wasser einherschreiten, genau wie ich weinte und wie ein Barde den Ruhm Eurer Schönheit unter dem Mond besingen würde.«
Sie blinzelte kurz und überlegte erst einmal. Luca legte ihr Wimpernzucken falsch aus, aber ungewollt traf sie ihn mit dem Ellbogen in die Rippen, bevor er damit beginnen konnte, an ihrem Ohr zu knabbern; zumindest schien er das vorgehabt zu haben. Nun hustete er allerdings und behauptete, er habe ein Kuchenkrümel in den falschen Hals bekommen. Der Mann sah tatsächlich sehr gut aus – Hör auf damit! – und hatte wirklich stramme Waden – Was soll denn das – seine Beine anstarren? –, aber er musste sie für eine Puppe mit Stroh im Kopf halten. Und das alles nur, um seine verdammte Vorstellung zu retten.
Sie rückte mit ihrem Hocker wieder ein Stück weiter, während er sich bemühte, den Hustenanfall zu unterdrücken. Sie konnte aber nicht zu weit abrücken, sonst wäre allen klar, dass sie vor ihm floh. Sicherheitshalber hielt sie ihre Gabel stoßbereit, falls er ihr wieder zu folgen versuchte. Thom betrachtete so intensiv seinen Teller, als läge noch etwas auf der weißen Glasur. Juilin pfiff unmelodiös und ganz leise vor sich hin und spähte mit vorgetäuschter Konzentration in das ersterbende Feuer. Elayne blickte sie an und schüttelte den Kopf.
»Es war so nett von Euch, zum Essen zu kommen«, sagte Nynaeve und stand auf. Luca erhob sich ebenfalls, und neben dem Feuerschein glimmte auch etwas Hoffnung in seinen Augen auf. Sie stellte ihren Teller auf seinen, den er in der Hand hielt. »Thom und Juilin werden Euch dankbar sein, wenn Ihr ihnen beim Abwasch helft, da bin ich sicher.« Bevor er noch den Mund aufbekam, wandte sie sich an Elayne: »Es ist spät, und ich denke, wir werden ziemlich früh aufbrechen, um den Fluss zu überqueren.«
»Selbstverständlich«, murmelte Elayne unter Andeutung eines Lächelns. Und sie stellte ihren Teller noch auf den Nynaeves, bevor sie ihr in den Wagen folgte. Nynaeve hätte sie am liebsten umarmt. Bis Elayne sagte: »Du solltest ihn wirklich nicht auch noch ermutigen!« Die Lampen in ihren Wandhaltern entzündeten sich von allein.
Nynaeve stemmte die Fäuste in die Hüften. »Ihn ermutigen ? Seine Hoffnungen könnte ich ihm höchstens nehmen, indem ich ihn erdolchte!« Sie schnaubte verächtlich und runzelte die Stirn ob der Lampen. »Benütze beim nächsten Mal eines von Aludras Feuerstöckchen. Streicher. Eines Tages denkst du nicht daran und benützt die Macht, wo du es nicht dürftest, und wo kommen wir dann hin? Dann laufen wir vermutlich um unser Leben und haben hundert Weißmäntel auf den Fersen.«
Konnte jemand halsstarriger sein als Elayne? Sie ließ sich einfach nicht vom Thema abbringen! »Ich mag ja jünger sein als du, aber manchmal glaube ich, ich weiß mehr über Männer als du jemals wissen wirst. Für einen Mann wie Valan Luca bedeutete dieses kokette Rückzugsmanöver nur eine Aufforderung, mit seinen Annäherungsversuchen weiterzumachen. Wenn du ihm beinahe die Nase abbeißen würdest, so wie am allerersten Tag, würde er vielleicht aufgeben. Aber du sagst ihm keineswegs, er solle damit aufhören – nein, du bittest ihn noch nicht einmal darum! Du hast ihn weiterhin angelächelt, Nynaeve. Was soll denn der Mann davon halten? Du hast tagelang schon niemanden
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