Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
entscheiden, ob es nicht besser ist, wenn du eine Lektion erhältst, die dir vielleicht zu einer anderen Zeit Schlimmeres erspart. Ihr zu sagen, dass du einen Thron erben wirst! Also wirklich! Wenn du Aes Sedai werden willst, solltest du besser damit anfangen, zu üben, wie man sich um die Wahrheit herumdrückt, und nicht, wie man plump lügt.«
Elayne riss Augen und Mund auf. Erst, als sie über die eigenen Füße stolperte, brachte sie endlich heraus: »Aber es stimmt doch!«
»Wenn du es sagst«, sagte Birgitte und blickte betont auf die paillettenbestickte Hosen hinab.
Elayne konnte nicht mehr an sich halten. Nynaeve benützte ihre scharfe Zunge zum Sticheln, Cerandin war stur wie zwei Maulesel auf einmal, und nun das. Sie warf den Kopf in den Nacken und stieß einen spitzen Schrei aus, in dem all ihre Frustration lag.
Als der Schrei verklang, schien es, als hätten sich alle Tiere schlagartig beruhigt. Die Pferdeknechte standen herum und sahen sie an. Kühl ignorierte sie die Männer. Jetzt ging ihr nichts mehr nahe. Sie war nun eisig ruhig und hatte sich wieder vollkommen im Griff.
»War das ein Hilfeschrei?«, fragte Birgitte und hielt den Kopf schief. »Oder hast du Hunger? Ich denke, ich könnte eine Amme auftreiben, um dich zu stillen …«
Elayne stolzierte davon. Ihr Fauchen hätte jedem Leoparden zur Ehre gereicht.
KAPITEL 48
Abschiede
S obald sie wieder im Wohnwagen war, zog sich Nynaeve ein anderes, ein anständiges Kleid an, wenn auch etwas murrend, weil sie eine Reihe Knöpfe auf dem Rücken wieder aufmachen und eine andere dann aufs Neue ohne jede Hilfe zuknöpfen musste. Das einfache graue Wollkleid, aus feinster Wolle und von gutem Schnitt, konnte nicht als besonders modisch gelten, aber es würde nirgendwo auffallen. Leider war es auch entschieden wärmer. Trotzdem war es ein gutes Gefühl, wieder züchtig gekleidet zu sein. Obwohl – irgendwie fühlte sie sich eigenartig, als trage sie zu viel Kleidung an sich. Das musste an der Hitze liegen.
Schnell kniete sie vor dem kleinen gemauerten Ofen mit seinem winzigen Schornstein nieder und öffnete die Eisenklappe, um ihre Wertgegenstände herauszuholen.
Bald lag der verdrehte Steinring in ihrer Gürteltasche neben Lans schwerem Siegelring und ihrem eigenen Großen Schlangenring. Der kleine, vergoldete Kasten, in dem die Juwelen lagen, die ihnen Amathera gegeben hatte, kam in die Ledertasche, zusammen mit den Beuteln voll Kräuter, die sie von Ronde Macura in Mardecin mitgenommen hatte, und dem kleinen Tiegel und dem Stößel, mit denen man sie zerstieß. Sie befühlte die Kräuterbeutel, nur um sich besser daran erinnern zu können, was jeder enthielt – von Allheilkraut bis zu der schrecklich schmeckenden Spaltzungenwurzel. Die Kreditbriefe kamen mit hinein und dazu drei der sechs Geldbeutel, keiner davon noch so fett wie vorher. Sie hatte ja schließlich die Reisekosten der Menagerie nach Ghealdan bezahlt. Luca hatte möglicherweise wirklich kein Interesse mehr an seinen hundert Goldmark, aber die Spesen hatte er immer ohne alle Gewissensbisse kassiert. Einer der Briefe, die die Trägerin autorisierte, im Namen der Amyrlin zu handeln, was immer sie auch tat, wanderte zu den Ringen in die Gürteltasche. Kaum mehr als vage Gerüchte über irgendwelche Auseinandersetzungen in Tar Valon waren bis Samara durchgedrungen, und so könnte dieses Dokument trotz Siuan Sanches Unterschrift vielleicht noch einmal nützlich sein. Das dunkle Holzkästchen ließ sie stehen, genau wie die drei übrigen Geldbeutel und den groben Jutesack mit dem A’dam , den sie ganz bestimmt nicht anrühren wollte, und auch den silbernen Pfeil, den Elayne in der Nacht ihrer katastrophalen Auseinandersetzung mit Moghedien gefunden hatte, ließ sie daneben liegen.
Einen Augenblick lang sah sie den Pfeil finster an und dachte über das Problem mit Moghedien nach. Es war einfach am besten, alles zu unternehmen, um ein Zusammentreffen mit ihr zu vermeiden. Bestimmt! Ich habe sie einmal bezwungen! Und beim zweiten Mal war sie wie eine Speckseite in der Küche aufgehängt worden. Wäre Birgitte nicht gewesen … Sie hat es aus eigenem Antrieb gemacht. Das hatte die Frau ja selbst behauptet und es stimmte auch. Ich könnte sie wieder bezwingen. Ich bin mir sicher. Aber sollte ich es nicht schaffen … Falls sie versagte …
Sie versuchte lediglich, den Waschlederbeutel ganz hinten zu meiden, und das war ihr auch bewusst, doch der Gedanke an den Beutelinhalt war kaum
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