Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
»dann bist du tot.«
Ein entsetzlicher Schmerz in seiner Brust, als müsse sein Herz bersten, und in seinem Kopf, wo sich weißglühende Nadeln in sein Hirn bohrten, so starke Schmerzen, dass er selbst im Nichts geborgen schreien wollte. Der Tod stand neben ihm, und er wusste es. Verzweifelt – selbst im Nichts noch verzweifelt; die Leere flimmerte und schwand – verwob er Geist und Feuer und Erde und schlug damit wild um sich. Sein Herz schlug nicht mehr. Eine Faust aus dunkelstem Schmerz zerquetschte das Nichts. Ein grauer Schleier überzog seine Augen. Er spürte, wie sein Gewebe brutal das ihre durchschnitt. Der Atem brannte in seiner leeren Lunge und das Herz begann mit einem Ruck wieder, Blut durch seinen Körper zu pumpen. Er konnte wieder sehen. Silberne und schwarze Flecken tanzten zwischen ihm und einer Lanfear, die mit steinerner Miene ihr Gleichgewicht wiederzufinden suchte, nachdem ihre eigenen Stränge auf sie zurückgeschnellt waren. Der Schmerz war wie eine offene Wunde in seinem Kopf und in der Brust, doch das Nichts festigte sich wieder, und dann war dieser körperliche Schmerz verschwunden.
Und das war auch gut so, denn er hatte keine Zeit, sich zu erholen. Er zwang sich zur Vorwärtsbewegung und schlug mit einem Strang aus Luft auf sie ein, einem Knüppel, um sie bewusstlos zu schlagen. Sie zerschnitt das Gewebe, doch er schlug wieder zu, immer wieder, sobald sie sein letztes Gewebe durchtrennt hatte. Ein wütender Hagel von Schlägen prasselte auf sie nieder, den sie jedes Mal kommen sah und abwehrte, doch er kam näher und näher. Wenn er sie nur noch ein paar Augenblicke beschäftigen könnte, wenn einer dieser unsichtbaren Knüppel ihren Kopf träfe, dann könnte er sich ihr weit genug nähern, um mit der Faust zuzuschlagen … Bewusstlos wäre sie genauso hilflos wie jeder andere.
Mit einem Mal schien sie zu begreifen, was er vorhatte. Sie fing immer noch jeden seiner Schläge so leicht ab, als könne sie ihn kommen sehen, tänzelte dabei aber rückwärts, bis sie an einen Wagen stieß. Und sie lächelte wie das Herz des Winters. »Du wirst langsam sterben, und bevor du stirbst, wirst du mich anbetteln, mich lieben zu dürfen«, sagte sie.
Diesmal schlug sie nicht direkt nach ihm, sondern nach seiner Verbindung zu Saidin .
Die Panik schlug gegen das Nichts, dass es bei der ersten messerscharfen Berührung wie ein Gong dröhnte. Der Strom der Macht in ihm wurde dünner, als dieses Messer tiefer zwischen ihn und die Quelle drang. Mit Geist und Feuer und Erde schlug er auf die Messerklinge ein. Er wusste genau, wo er sie finden konnte, er wusste, wo sich seine Verbindung befand, und er spürte diesen ersten Schnitt. Die Abschirmung, die sie über ihn zu werfen suchte, verschwand, tauchte erneut auf, tauchte immer wieder auf, so schnell er auch ihre Stränge durchtrennte, und immer floss Saidin einen kurzen Moment von ihm weg, blieb fast ganz weg, und er konnte mit seinem Gegenschlag gerade noch ihrem Angriff begegnen. Zwei Stränge auf einmal zu weben sollte ihm leicht genug fallen, denn er konnte eigentlich zehn oder noch mehr gleichzeitig halten, aber eben nicht, wenn der eine Strang nur eine verzweifelte Abwehr gegen etwas darstellte, das er nicht sah, bis es fast zu spät war. Und auch nicht, wenn immer wieder die Gedanken eines anderen Mannes im Nichts emporquollen und ihm sagen wollten, wie er sie besiegen könne. Falls er darauf hörte, würde vielleicht Lews Therin Telamon davonkommen, und Rand al’Thor wäre nur noch eine Stimme, die manchmal in seinem Kopf etwas flüsterte, wenn überhaupt.
»Ich werde dafür sorgen, dass diese beiden Huren zuschauen, wenn du bettelst«, sagte Lanfear. »Aber soll ich sie zuerst dabei zusehen lassen, wie du stirbst, oder umgekehrt?« Wann war sie eigentlich auf den Wagen geklettert? Er musste sie beobachten, musste Ausschau halten nach der ersten Andeutung von Ermüdung bei ihr, sobald ihre Konzentration nachließ. Es war eine vergebliche Hoffnung. Sie stand neben dem verdrehten Türrahmen des Ter’angreals und blickte auf ihn herab wie eine Königin, die gleich ihr Urteil fällen würde. Und dennoch nahm sie sich die Zeit, kalt auf einen altersdunklen Elfenbein-Armreif herabzulächeln, den sie unablässig in der Hand drehte. »Was wird dir mehr weh tun, Lews Therin? Ich will, dass du Schmerz empfindest. Ich will, dass du Schmerzen kennenlernst, wie noch kein Mann sie empfunden hat!«
Je stärker ihm der Strom der Macht von der Quelle
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