Das Rad der Zeit 5. Das Original: Die Feuer des Himmels (German Edition)
es Euch recht ist …«
Egwene fuhr hoch und jaulte schrill auf, bevor sie hervorstieß: »Macht das wieder zu!« Sie schlang ihre Arme um sich, damit sie nicht vor Kälte hin und her tanzte. »Kommt herein oder geht heraus, aber macht das Zelt zu!« All die Mühe, um sich warm zu halten, und nun hatte sie von Kopf bis Fuß wieder eine Gänsehaut!
Die weiß gekleidete Frau rutschte auf den Knien in das Zelt hinein und ließ hinter sich die Zeltklappe fallen. Sie schlug die Augen nieder und faltete demütig die Hände. Sie hätte das Gleiche getan, wenn Egwene sie geschlagen hätte und nicht nur einfach angeschrien. »Wenn es Euch recht ist«, sagte sie leise, »hat mich die Weise Frau Amys geschickt, um Euch zum Dampfzelt zu bringen.«
Egwene stöhnte und wünschte, sie könne sich mitten ins Feuer stellen. Das Licht senge Bair und ihre Sturheit! Wenn es nicht immer nach der weißhaarigen, alten Weisen Frau ginge, könnten sie in der Stadt in richtigen Zimmern wohnen anstatt in Zelten hier draußen am Stadtrand. Ich könnte ein Zimmer mit einem schönen Kamin haben. Und mit einer Tür. Sie hätte wetten können, dass Rand nicht ständig mit Leuten zu tun hatte, die einfach zu ihm hereinkamen, wie sie wollten. Rand, der verdammte al’Thor, schnippt mit den Fingern und die Töchter springen wie Zofen um ihn herum. Ich wette, sie haben ein richtiges Bett für ihn aufgetrieben, anstatt eines Lagers auf dem Boden. Und sie war sicher, dass er jeden Abend ein heißes Bad genoss. Die Töchter schleppen wahrscheinlich das heiße Wasser eimerweise hinauf zu seinen Gemächern. Ich wette, sie haben auch noch eine echte Kupferbadewanne für ihn besorgt.
Amys und sogar Melaine hatten Egwenes Vorschlag durchaus annehmbar gefunden, aber Bair hatte sich dagegengestellt, und sie gehorchten wie Gai’shain . Egwene glaubte, da Rand schon so viele Veränderungen gebracht hatte, wolle Bair an möglichst vielen Traditionen festhalten, aber es wäre ihr lieber gewesen, wenn sich die alte Frau dafür etwas anderes ausgesucht hätte, woran sie sich klammern konnte.
Kein Gedanke, sich einfach zu weigern. Sie hatte den Weisen Frauen versprochen, zu vergessen, dass sie eine Aes Sedai war – was ihr leicht fiel, da sie ja keine war – und genau das zu machen, was man ihr sagte. Und das fiel ihr schwer. Sie war schon so lange nicht mehr in der Burg gewesen, dass sie sich wieder ganz als ihr eigener Herr fühlte. Doch Amys hatte ihr entschieden erklärt, das Traumwandeln sei gefährlich, sogar nachdem man schließlich genau wusste, was man tat, und vorher sowieso. Wenn sie in der Welt der Wirklichkeit nicht gehorchte, konnten sie von ihr erst recht nicht erwarten, dass sie in der Welt der Träume gehorchen werde. Dafür wollten sie keine Verantwortung übernehmen. Also erledigte sie zusammen mit Aviendha niedrige Arbeiten, akzeptierte auch Strafen so gefasst sie konnte und hüpfte, wenn Amys oder Melaine oder Bair nur Frosch sagten. Oder so ähnlich. Keine von ihnen hatte jemals einen Frosch gesehen. Vermutlich soll ich ihnen bloß wieder den Tee servieren oder dergleichen. Nein, heute Abend war Aviendha mit dem Bedienen dran.
Sie dachte kurz daran, Strümpfe anzuziehen, doch dann bückte sie sich lediglich, um in die Schuhe zu schlüpfen. Es waren feste Schuhe, wie man sie in der Wüste gut gebrauchen konnte. Trotzdem sehnte sie sich nach den Seidenpantoffeln, die sie in Tear getragen hatte. »Wie heißt Ihr?«, fragte sie in dem Bemühen, freundlicher zu sein.
»Cowinde«, kam die unterwürfige Antwort.
Egwene seufzte. Sie bemühte sich ständig um ein freundschaftliches Verhältnis zu den Gai’shain , doch diese reagierten nie darauf. Das Einzige, woran sie sich bisher noch nicht hatte gewöhnen können, waren Diener, obwohl natürlich die Gai’shain nicht direkt Diener waren. »Wart Ihr eine Tochter des Speers?«
Ein kurzes, stolzes Aufleuchten in den tiefblauen Augen zeigte ihr, dass sie den Nagel auf den Kopf getroffen hatte, doch der Blick wurde genauso schnell wieder gesenkt. »Ich bin Gai’shain . Vorher und nachher sind nicht jetzt, und nur das Jetzt existiert.«
»Zu welcher Sept und welchem Clan gehört Ihr denn?« Gewöhnlich musste man danach gar nicht erst fragen, selbst bei den Gai’shain .
»Ich diene der Weisen Frau Melaine aus der Jhirad-Sept der Goshien Aiel.«
Während sie sich zwischen zwei Umhängen nicht entscheiden konnte, einem aus dicker, brauner Wolle und einem aus blauer Seide mit gestepptem Futter,
Weitere Kostenlose Bücher