Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
Leben sein, damit sie ihn finden konnte. Aus dem schwachen Ziehen wurden nun bohrende Kopfschmerzen hinter ihren Schläfen. Die Fältchen um Moghediens Augen vertieften sich, und sie rieb sich einige Male die Schläfen, doch unterhalb der Angst übertrug das Armband auch ein Gefühl, das ihr beinahe wie Zufriedenheit vorkam. Nynaeve stellte sich vor, dass es eine gewisse Befriedigung darstellen müsse, wenn man jemandem etwas beibrachte, und sei es auch unwillig. Eigentlich gefiel es ihr überhaupt nicht, wenn Moghedien solche ganz normalen menschlichen Gefühle zeigte.
Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, in deren Verlauf Moghedien einige Male Worte wie ›fast‹ oder ›nicht ganz‹ gemurmelt hatte, doch als die Tür erneut aufgerissen wurde und gegen die Wand knallte, schoss sie erschrocken in die Höhe. Der plötzliche Schock, der von Moghedien aus durch den A’dam zu ihr herüberdrang, hätte eine andere Frau aufjaulend in eine Ecke fliehen lassen.
»Hast du gehört, Nynaeve?«, fragte Elayne und schob die Tür mit dem Fuß zu. »Es ist eine Abgesandte der Burg eingetroffen, direkt von Elaida!«
Nynaeve vergaß vollkommen, was sie hatte schreien wollen. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Selbst der Kopfschmerz war mit einem Mal vergessen. »Eine Abgesandte? Bist du sicher?«
»Natürlich bin ich sicher, Nynaeve. Glaubst du, ich bin hergerannt, um zu tratschen? Das ganze Dorf ist in Aufruhr.«
»Ich weiß gar nicht, warum«, sagte Nynaeve mürrisch. Dieses Bohren in ihrem Kopf war wieder da. Und alle Magenmedizin auf einmal, die sie in ihrem Kräuterköfferchen hatte, hätte dieses Brennen in ihrem Magen nicht unterdrücken können. Würde dieses Mädchen niemals lernen, zuerst anzuklopfen? Moghedien hatte beide Hände auf den Magen gedrückt, als benötige sie ebenfalls Medikamente. »Wir haben ihnen ja gesagt, dass Elaida von Salidar wisse.«
»Vielleicht haben sie es uns geglaubt«, sagte Elayne und ließ sich auf den Fuß von Nynaeves Bett fallen, »und vielleicht auch nicht, aber jetzt wissen sie es genau. Elaida weiß, wo wir uns befinden und wahrscheinlich auch, was wir vorhaben. Jeder der Diener könnte zu ihren Augen-und-Ohren gehören. Vielleicht sogar ein paar der Schwestern. Ich habe einen Blick auf die Abgesandte erhaschen können, Nynaeve. Hellblondes Haar und blaue Augen, die selbst die Sonne zum Zufrieren bringen können. Eine Rote. Sie heißt Tarna Feir, hat Faolain gesagt. Einer der Behüter, die draußen wachten, hat sie hereingeleitet. Wenn sie dich anschaut, ist es, als betrachte sie einen Stein.«
Nynaeve sah Moghedien an. »Wir sind jetzt mit dem Unterricht fertig. Kommt in einer Stunde wieder, dann könnt Ihr die Betten machen.« Sie wartete, bis Moghedien mit aufeinandergepressten Lippen und in den Rock verkrampften Händen weggegangen war, und wandte sich dann Elayne zu: »Welche … Botschaft hat sie gebracht?«
»Das hätten sie mir gewiss nicht erzählt, Nynaeve. Jede Aes Sedai, an der ich vorbeikam, hat sich dasselbe gefragt. Ich hörte, wie Tarna lachte, als man ihr sagte, der Burgsaal werde sie empfangen. Es klang aber gar nicht amüsiert. Du glaubst doch wohl nicht …« Elayne kaute einen Augenblick lang auf ihrer Unterlippe herum. »Du glaubst doch nicht, sie könnten sich wirklich dazu entschließen …«
»Zurückzugehen?«, sagte Nynaeve ungläubig. »Elaida wird verlangen, dass sie die letzten zehn Meilen auf den Knien ankriechen und die letzte Meile auf den Bäuchen. Aber auch wenn nicht, falls diese Rote sagt: ›Kommt heim. Alles ist vergessen und vergeben und das Abendessen wartet auf Euch.‹ Glaubst du, sie könnten Logain so einfach abschieben?«
»Nynaeve, die Aes Sedai könnten alles abschieben, um die Weiße Burg wieder zusammenzufügen. Alles. Du verstehst sie immer noch nicht so gut wie ich. Es waren eben vom Tag meiner Geburt an immer Aes Sedai im Palast zugegen. Die Frage ist nur: Was teilt Tarna dem Saal mit? Und was antworten sie ihr?«
Nynaeve rieb gereizt über ihre Arme. Sie hatte keine Antworten auf diese Fragen, lediglich Hoffnung, und ihr Wettergefühl sagte ihr, der Hagelsturm, der nicht vorhanden war, trommle gerade jetzt mit großer Gewalt auf die Dächer Salidars hernieder. Und dieses Gefühl sollte auch die nächsten Tage anhalten.
KAPITEL 9
Pläne
H abt Ihr diese Feuerwerker nach Amador bringen lassen?« Viele wären zusammengezuckt, hätten sie solch harte Töne von Pedron Niall zu hören bekommen, nicht aber der Mann,
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