Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
gut stehen.« Überraschenderweise lachten nun die Töchter und die Messerhände wieder, und diesmal lauter. Vielleicht bekam er den Humor der Aiel doch langsam in den Griff.
Alles war wie erwartet, als er aus dem Südtor bei den Stallungen in die gewundenen Straßen der Innenstadt ritt. Jeade’ens Hufe klapperten laut auf den Pflastersteinen, als der Hengst tänzelte; in letzter Zeit war der Apfelschimmel ziemlich selten aus dem Stall geholt worden. Es waren recht viele Menschen zu sehen, aber lange nicht so viele, wie er auf der anderen Seite des Palastes erwartet hätte, und sie gingen alle ihren eigenen Beschäftigungen nach. Trotzdem wurde natürlich mit Fingern auf ihn gezeigt, und die Leute steckten die Köpfe zusammen. Einige mochten Bashere erkannt haben, der sich im Gegensatz zu Rand oft in der Stadt aufgehalten hatte, aber jeder, der vom Palast her kam und noch dazu eine Eskorte Aiel bei sich hatte, musste wichtig sein. Das Tuscheln und die ausgestreckten Finger folgten ihm durch die Stadt.
Obwohl er angestarrt wurde, hatte Rand noch einen Blick für die Schönheiten der von Ogiern erbauten Innenstadt. Die wenigen Gelegenheiten, die er noch fand, um etwas zu genießen, waren für ihn ungeheuer wertvoll. Die Straßen verliefen in weiten Bögen von dem im Sonnenschein weiß schimmernden Königlichen Palast und passten sich den Konturen der Hügel an, als seien sie ein Teil des Landes. Überall ragten schlanke Türmchen auf, die mit bunten Kacheln geschmückt waren, oder goldene, purpurfarbene oder weiße Kuppeln, die unter der Sonne gleißten. Hier war eine Lücke in der Bebauung gelassen worden, um den Blick auf einen baumbestandenen Park freizugeben, und dort lenkte eine Anhöhe den Blick nach oben über die Stadt zu der welligen Ebene und den Wäldern jenseits der hohen, silber gefleckten, weißen Mauer, die ganz Caemlyn umschloss. Die Plätze und Parks waren angelegt worden, um das Auge zu erfreuen und zu beruhigen. Der Aussage der Ogier nach hatten nur Tar Valon und das legendäre Manetheren diese Stadt jemals übertroffen, und viele Menschen, besonders die Andoraner, glaubten, Caemlyn käme beiden sogar gleich.
Die reinweiße Mauer um die Innenstadt zeigte an, wo die sie umgebende Neustadt begann, die ihre eigenen Kuppeln und Türmchen aufwies, von denen einige sich bemühten, an Höhe jene der Innenstadt auf den höheren Hügeln zu erreichen. Hier waren die engeren Straßen vollgepackt mit Menschen, und selbst die breiten Alleen, die in der Mitte mit Bäumen bepflanzte Grünstreifen aufwiesen, waren voll von Menschen und Ochsenkarren und pferdegezogenen Planwagen, Reitern, Kutschen und Sänften. Ein Summen lag in der Luft wie von einem riesigen Bienenstock.
Hier kamen sie langsamer vorwärts, obwohl ihnen die Menge bereitwillig Platz machte. Die Leute wussten genauso wenig wie die in der Innenstadt, wer er war, aber niemand wollte den trabenden Aiel in den Weg treten. Bei so vielen Menschen dauerte das eine Weile. Und hier gab es so viele verschiedene Arten von Menschen: Bauern in grober Wollkleidung und Kaufleute in Mänteln und Kleidern feineren Zuschnitts, Handwerker eilten mit ihren Produkten einher, und Händler priesen ihre Waren lauthals an, die sie aus Bauchläden und Schubkarren feilboten, nahezu alles, von Nadeln und Bändern bis zu Obst und Feuerwerkskörpern. Die beiden letzteren Artikel waren mittlerweile sehr teuer geworden. Ein Gaukler in seinem Flickenumhang stand Schulter an Schulter mit drei Aiel, die Klingen auf einem der Tische vor dem Laden eines Messerschmieds in Augenschein nahmen. Zwei hagere Kerle, die ihr dunkles Haar zu Zöpfen geflochten hatten und die Schwerter auf dem Rücken trugen – Jäger des Horns, wie Rand annahm –, waren ins Gespräch vertieft mit einigen Männern aus Saldaea, während in der Nähe eine Frau Flöte spielte und ein Mann dazu an einer Ecke das Tamburin schlug. Menschen aus Cairhien, kleiner und von blasserer Hautfarbe, hoben sich von den Andoranern ab, genau wie die dunkelhäutigeren Tairener, aber Rand erblickte auch Leute aus Murandy in langen Mänteln und solche aus Altara mit kunstvoll bestickten Westen, Kandori mit gespaltenen Bärten, und sogar zwei Männer aus Arad Doman mit langen, dünnen Schnurrbärten und Ohrringen.
Auch eine andere Art von Menschen hob sich von den übrigen ab: jene, die in zerknitterten Mänteln und Kleidern herumirrten, oftmals staubbedeckt und immer blinzelnd oder mit weit aufgerissenen Augen, offensichtlich
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