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Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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deshalb, weil Aviendha darin gar kein Problem zu sehen schien. Egwene stützte sich auf einen Ellbogen und begann, sich Wege auszudenken, wie sie Rand am besten auf ihren Wunsch hin ansprechen solle. Ihre Gedanken drehten sich immer im Kreis, aber sie war noch zu keiner Entscheidung gekommen, als er plötzlich eintrat, wobei er zwei Aiel draußen auf dem Flur etwas zuraunte, bevor er die Tür schloss.
    Egwene sprang auf. »Rand, du musst mir bei den Weisen Frauen helfen. Auf dich werden sie hören!«, platzte sie heraus, bevor sie sich beherrschen konnte. Das war keineswegs das, was sie ihm hatte sagen wollen.
    »Ja, es ist schön, dich wiederzusehen!«, entgegnete er lächelnd. Er trug wieder diesen Seanchanerspeer, in dessen Schaft jemand seit ihrem letzten Zusammentreffen Drachen geschnitzt hatte. Sie hätte zu gern gewusst, woher er dieses Ding hatte. Alles, was mit den Seanchanern zu tun hatte, jagte ihr einen kalten Schauer über den Rücken. »Danke, es geht mir gut, Egwene. Und dir? Du siehst wieder aus wie früher, und voll Temperament wie eh und je.« Er wirkte so müde. Und hart, so hart, dass selbst dieses Lächeln wie aufgesetzt erschien. Jedes Mal, wenn sie ihn wiedersah, wirkte er härter.
    »Ich halte das keineswegs für amüsant«, schmollte sie. Am besten, sie machte jetzt so weiter, wie sie begonnen hatte. Das war jedenfalls besser, als einen Rückzieher zu machen und alles zu überspielen, damit er noch mehr Anlass zum Grinsen fand. »Hilfst du mir?«
    »Wie?« Er machte es sich bequem – nun, es waren schließlich seine Gemächer –, warf den Speer mitsamt den daran hängenden Troddeln auf einen kleinen Tisch, dessen Beine in Form von Leoparden geschnitzt waren, und legte den Schwertgürtel und den Rock ab. Irgendwie schien er genauso wenig zu schwitzen wie die Aiel. »Die Weisen Frauen hören wohl auf mich, aber sie hören eben nur, was sie wollen. Ich erkenne allmählich diesen sturen Blick, wenn sie der Meinung sind, dass ich Unsinn rede; und weil sie mich nicht in Verlegenheit bringen wollen, indem sie mir das ins Gesicht sagen, ignorieren sie es einfach.« Er zog einen der vergoldeten Sessel heran, damit er sie ansehen konnte, ließ sich darauffallen und streckte die gestiefelten Beine aus. Aber sogar das wirkte bei ihm nun auf gewisse Art arrogant. Ganz entschieden zu viele Leute beugten ihr Knie vor ihm.
    »Du redest wirklich manchmal Unsinn«, knurrte sie. Aus irgendeinem Grund half ihr die Tatsache, dass sie keine Zeit zum Nachdenken hatte, sich besser zu konzentrieren. So rückte sie ihr Tuch sorgfältig zurecht und setzte sich aufrecht vor ihn hin. »Ich weiß, dass du gern wieder etwas von Elayne hören würdest.« Warum wurde mit einem Mal seine Miene so traurig und gleichzeitig auch so winterkalt? Wahrscheinlich, weil er so lange nichts mehr von Elayne gehört hatte. »Ich bezweifle, dass Sheriam den Weisen Frauen dir viele Botschaften von ihr übergeben hat.« Soweit sie wusste, überhaupt keine, obwohl er sich so selten in Cairhien aufgehalten hatte, dass er kaum eine erhalten hätte. »Ich bin diejenige, der Elayne solche Botschaften anvertrauen würde. Ich kann sie dir überbringen, wenn du Amys davon überzeugst, dass ich jetzt stark genug bin, um … um meine Studien wieder aufzunehmen.«
    Sie verwünschte sich selbst, weil sie ins Zaudern gekommen war, aber er wusste schon zu viel über das Traumwandeln, wenn nicht gar über Tel’aran’rhiod . Beinahe alles, was das Traumwandeln anging, bis auf diese Bezeichnung, war eines der bestgehütetsten Geheimnisse der Weisen Frauen, und gerade diejenigen, die dazu in der Lage waren, sprachen am wenigsten darüber. Sie hatte kein Recht dazu, ihre Geheimnisse zu verraten. »Sagst du mir, wo sich Elayne aufhält?« Es klang, als habe er sie um eine Tasse Tee gebeten.
    Sie zögerte, doch die Abmachung, die sie mit Nynaeve und Elayne getroffen hatte – Licht, wie lange war das nun schon her? –, diese Abmachung hatte nach wie vor Gültigkeit. Er war außerdem nicht mehr der Junge, mit dem sie aufgewachsen war. Er war ein Mann, voller Selbstvertrauen, und wie auch immer seine Stimme geklungen hatte, dieser stetig auf sie gerichtete Blick verlangte nach einer Antwort. Wenn schon bei einem Zusammentreffen der Aes Sedai und der Weisen Frauen die Funken sprühten, würde es zwischen ihm und den Aes Sedai lichterloh brennen. Es musste ein Puffer zwischen ihn und sie geschoben werden, und die einzigen denkbaren Puffer waren sie alle drei.

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