Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
zurück davon.
Egwene folgte ihr schweigend. Sie befürchtete, dass sie der Frau die Meinung sagen würde, wenn sie den Mund aufmachte, und das wäre kaum die richtige Art, ihren Aufenthalt in Salidar zu beginnen, wie kurz auch immer er sein mochte. Sie wünschte, ihr Aielmut und ihr Zwei-Flüsse-Verstand könnten zusammenkommen.
Sie gingen nur ein kurzes Stück die festgetretene Straße hinauf und um eine Biegung in eine andere, schmalere Straße. Lachen erklang aus einigen Häusern. Nildra blieb vor einem stillen Haus stehen, obwohl auch hier aus dem vorderen Raum Licht auf die Straße fiel.
Sie hielt gerade ausreichend lange inne, um an die Tür zu klopfen, und trat dann ein, bevor eine Antwort erklang. Sie vollführte einen vollkommenen, wenn auch schnellen Hofknicks und sprach in etwas respektvollerem Tonfall als zuvor. »Aes Sedai, dieses Mädchen sagt, ihr Name sei Egwene, und sie …« Mehr konnte sie nicht äußern.
Sie waren alle da, die Sieben aus dem Herzen des Steins, und keine von ihnen wirkte bereit, schlafen zu gehen, obwohl sie alle, außer der jungen Frau mit Siuans Namen, Nachtgewänder trugen. Aus der Anordnung ihrer Stühle schloss Egwene, dass sie in eine Besprechung geraten war. Sheriam sprang als Erste auf und bedeutete Nildra zu gehen. »Licht, Kind! Schon?«
Niemand beachtete Nildras Hofknicks oder ihren gespielten Widerwillen zu gehen.
»Das hätten wir niemals erwartet«, sagte Anaiya und ergriff mit herzlichem Lächeln Egwenes Arme. »Nicht so bald. Willkommen, Kind. Willkommen.«
»Habt Ihr irgendwelchen Schaden davongetragen?«, fragte Morvrin. Sie war nicht aufgestanden und Carlinya und die junge Aes Sedai auch nicht, aber Morvrin beugte sich aufmerksam vor. Die Gewänder aller anderen waren aus Seide verschiedener Schattierungen gearbeitet, einige mit Metallfäden durchwirkt oder bestickt. Ihres jedoch bestand aus einfacher brauner Wolle, obwohl es weich und gut gearbeitet schien. »Spürt Ihr irgendwelche Veränderungen durch diese Erfahrung? Wir hatten bisher herzlich wenig Anhaltspunkte. Ich bin, ehrlich gesagt, überrascht, dass es funktioniert hat.«
»Wir werden es unmittelbar erleben müssen, um erkennen zu können, wie gut es funktioniert.« Beonin hielt inne, um einen Schluck Tee zu trinken, und stellte Tasse und Teller dann auf einem zerbrechlich wirkenden Beistelltisch ab. Die Tasse und der Teller passten nicht zusammen, aber andererseits passten auch sämtliche Möbel nicht zusammen, und die meisten wirkten genauso schief wie der Tisch. »Wenn es Schädigungen gibt, kann sie Geheilt werden, sodass sie wieder vergehen werden.«
Egwene trat schnell von Anaiya fort und stellte ihre Habe neben der Tür ab. »Nein, es geht mir gut. Wirklich.« Sie hätte zögern können. Anaiya hätte sie sehr wohl fraglos heilen können. Aber das wäre Betrug gewesen.
»Sie erscheint ausreichend gesund«, sagte Carlinya kühl. Ihr Haar war wirklich kurz geschnitten, sodass die dunklen Locken kaum ihre Ohren bedeckten. Es war nichts, was sie in Tel’aran’rhiod getan hatte. Sie trug natürlich Weiß. Sogar die Stickerei war weiß. »Wir können sie später gründlich von einer der Gelben untersuchen lassen, um sicherzugehen, wenn es sein muss.«
»Lasst sie erst einmal zu sich kommen«, sagte Myrelle lachend. Üppige Blumen in Gelb und Rot bedeckten ihr Gewand derart, dass kaum noch Grün zu sehen war. »Sie ist gerade in einer Nacht tausend Meilen gereist. Innerhalb von Stunden.«
»Es ist keine Zeit, sie zu sich kommen zu lassen«, wandte die junge Aes Sedai bestimmt ein. Sie wirkte in ihrem gelben Gewand mit den blau geschlitzten Röcken und dem tiefen, runden, blau bestickten Halsausschnitt wirklich fehl am Platz. Deshalb und aufgrund der Tatsache, dass sie die Einzige war, der man möglicherweise ein Alter zuordnen konnte. »Wenn der Morgen graut, wird sich der Saal um sie scharen. Wenn sie nicht bereit ist, wird Romanda sie ausweiden wie einen fetten Karpfen.«
Egwene sperrte den Mund auf. Diese Stimme drückte mehr aus als nur die Worte. »Ihr seid Siuan Sanche. Nein, das ist unmöglich!«
»Oh, es ist sehr wohl möglich«, erwiderte Anaiya trocken und warf der jungen Frau einen geduldigen Blick zu.
»Siuan ist wieder eine Aes Sedai.« Myrelles Blick wirkte eher gereizt als geduldig.
Es musste stimmen – sie hatten es gesagt –, aber Egwene konnte es kaum glauben, selbst als Sheriam es ihr erklärte. Nynaeve hatte Gedämpftes geheilt? Sah Siuan deshalb nicht älter
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