Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
tragen.
Vertrau mir die Führung und Beurteilung und Regentschaft an,
und niemand wird dich für einen Narren halten.
Aber Vertrauen ist der Klang des am Grab heulenden Hundes.
Vertrauen ist der Klang des geheimen Treubruchs.
Vertrauen ist der Klang des letzten Atemzugs einer Seele.
Vertrauen ist der Klang des Todes.
Vielleicht hatte er sich geirrt. Vielleicht war sie nur darüber entsetzt gewesen, dass er fortging. Nicht viele Männer würden eine Frau verlassen, die so hübsch war, egal ob sie ihn geneckt oder schlecht getanzt hatte. Das musste es sein. Aber damit blieb seine Frage noch immer unbeantwortet. Wer und Warum? Er sah sich um, betrachtete die Tänzer und die Menschen, die am Rande der Schatten zusahen und warteten, bis sie an der Reihe waren. Die blonde Jägerin des Horns, die ihm vertraut erschienen war, wirbelte mit einem besonders grobknochigen Kerl vorbei; ihr Zopf stand fast senkrecht hinter ihr ab. Mat konnte Aes Sedai an ihren Gesichtern erkennen – die meisten jedenfalls –, aber er konnte nicht feststellen, welche versucht hatte … was auch immer sie versucht hatte.
Er schlenderte die Straße zum nächsten Freudenfeuer hinab, nicht nur um von diesem Lied fortzukommen, bevor es mit ›Der König von der Höhe‹ und ›Die Lady und der Lord‹ bis zu ›Die Liebe deines Lebens‹ in seinem Kopf weiterging. Bei dieser alten Erinnerung kam ihm wieder in den Sinn, dass er dieses Lied für die Liebe seines Lebens geschrieben hatte. Vertrauen ist der Geschmack des Todes. An der nächsten Straßenecke spielten ein Mann mit einer Fiedel und eine Frau mit einer Flöte etwas, was wie ›Plustere dich auf‹ klang – ein passendes Lied für einen Volkstanz.
Wieweit konnte er Egwene trauen? Sie war jetzt eine Aes Sedai. Sie musste eine sein, wenn sie die Amyrlin war, wenn auch eine Amyrlin aus dem einfachen Volk. Nun, was auch immer sie war, sie war Egwene. Er konnte nicht glauben, dass sie ihn so unvorbereitet angreifen würde. Nynaeve könnte es natürlich tun, aber nicht, um ihn wirklich zu verletzen, obwohl seine Hüfte noch immer schmerzte. Und nur das Licht wusste, wozu eine Frau wie Elayne fähig war. Er entschied, dass sie ihn noch immer vertreiben wollten. Er musste wahrscheinlich mit weiteren Versuchen rechnen. Er sollte am besten nicht darauf achten. Er hoffte fast, dass sie es erneut versuchen würden. Sie konnten ihn nicht mit der Macht berühren, und je stärker sie sich bemühten und es misslang – nun, desto klarer würde ihnen, dass er nicht zu vertreiben war.
Myrelle trat hinter ihn und beobachtete die Tänzer. Er erinnerte sich vage an sie. Er glaubte nicht, dass sie etwas Gefährliches über ihn wusste. Er glaubte es nicht. Sie war natürlich nicht so schön wie Halima, aber immer noch ausgesprochen hübsch. Flackernde Schatten huschten über ihr Gesicht, sodass er fast vergaß, dass sie eine Aes Sedai war.
»Eine warme Nacht«, sagte sie lächelnd und sprach dann so beiläufig weiter, während er ihren Anblick genoss, dass er einige Zeit brauchte, bis er erkannte, was sie vorhatte.
»Das finde ich nicht«, erwiderte er höflich, als sie ihn schließlich zu Wort kommen ließ. Das hatte man davon, wenn man vergaß. Aes Sedai waren Aes Sedai.
Sie lächelte nur. »Es hätte viele Vorteile, und ich würde Euch nicht zu stark einschränken. Es hätte sehr viele Vorteile. Ihr habt ein gefährliches Leben erwählt, oder es wurde für Euch erwählt. Ein Behüter hätte vielleicht bessere Aussichten zu überleben.«
»Das glaube ich wirklich nicht. Nein, aber danke für das Angebot.«
»Denkt darüber nach, Mat. Es sei denn … Hat die Amyrlin Euch als Behüter genommen?«
»Nein.« Das würde Egwene nicht tun. Oder doch? Sie konnte es nicht tun, solange er das Medaillon trug, aber würde sie es tun, wenn er es nicht mehr besäße? »Wenn Ihr mich entschuldigen würdet?« Er verbeugte sich knapp und ging schnell davon, zu einer hübschen, blauäugigen jungen Frau, die im Takt der Musik mit dem Fuß wippte. Sie hatte einen hübschen Mund, genau richtig zum Küssen, und er wollte sich amüsieren. »Ich habe Eure Augen gesehen und konnte nicht umhin, hierherzueilen. Möchtet Ihr tanzen?«
Er sah den Großen Schlangenring an ihrer rechten Hand zu spät, und dann öffnete sich der hübsche Mund, und eine ihm bekannte Stimme sagte trocken: »Ich habe Euch einmal gefragt, ob Ihr da sein würdet, wenn das Haus brennt, mein Junge, aber anscheinend macht Ihr es Euch zur Gewohnheit,
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