Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
sich um und schloss die drachenförmige Schnalle. »Du kommst mit mir, Min«, belehrte er sie, während er das Drachenszepter ergriff und zur Tür eilte.
»Wohin?«, fragte sie, während sie ihre Wangen mit einem Taschentuch abwischte, aber sie folgte ihm auf den Gang. Jalani sprang eine Spur schneller auf als Beralna, eine knochendürre Rothaarige mit blauen Augen und einem wilden Lächeln.
Wenn nur Töchter des Speers in der Nähe waren, sah Beralna ihn an, als überlege sie, ob sie ihm die große Gnade erweisen sollte zu tun, worum er sie bat, aber er sah sie ebenfalls scharf an. Das Nichts ließ seine Stimme abweisend und kalt klingen. Lews Therin wimmerte nur noch gedämpft, aber Rand wagte es dennoch nicht, sich zu entspannen. Nicht in Caemlyn. Und nirgendwo in der Nähe von Caemlyn. »Beralna, sucht Nandera und sagt ihr, sie soll mich mit so vielen Töchtern des Speers, wie ihr angemessen erscheint, in Perrins Räumen treffen.« Er konnte Perrin nicht zurücklassen, und das nicht wegen irgendeiner Vision. Wenn Merana feststellte, dass Rand fort war, könnte eine der Aes Sedai Perrin sehr wohl so festhalten, wie Alanna es mit ihm getan hatte. »Ich komme vielleicht nicht wieder hierher zurück. Wenn jemand Perrin oder Faile oder Loial sieht, sagt ihnen, sie sollen mich ebenfalls dort treffen. Jalani, sucht Frau Harfor. Sagt ihr, ich brauche eine Feder, Tinte und Papier.« Er musste noch Briefe schreiben, bevor er ging. Seine Hand zitterte erneut, und er fügte hinzu: »Viel Papier. Nun? Geht! Geht!« Sie wechselten einen Blick und hasteten davon. Er eilte in die entgegengesetzte Richtung, wobei Min fast laufen musste, um Schritt zu halten.
»Rand, wohin gehen wir?«
»Nach Cairhien.« Da sich das Nichts um ihn geschlossen hatte, klangen seine Worte so hart wie ein Schlag ins Gesicht. »Vertrau mir, Min. Ich werde dich nicht verletzen. Ich würde mir eher den Arm abhacken, als dich zu verletzen.« Sie schwieg, und schließlich schaute er zu ihr herab und sah, dass sie mit seltsamem Gesichtsausdruck zu ihm hochblickte.
»Das ist gut zu hören, Schafhirte.« Ihre Stimme klang genauso seltsam, wie es ihr Gesichtsausdruck war. Der Gedanke an dreizehn Aes Sedai, die hinter ihm her waren, musste sie wirklich erschreckt haben, und das war kaum verwunderlich.
»Min, wenn es so weit kommt, dass ich ihnen gegenübertreten muss, verspreche ich dir, dass ich dich vorher in Sicherheit bringe.« Wie konnte irgendein Mann dreizehn Aes Sedai gegenübertreten? Der Gedanke daran ließ Lews Therin erneut schreiend aufbrausen.
Zu seiner Überraschung zauberte sie mühelos zwei Dolche aus ihren Mantelärmeln und öffnete den Mund, ließ die Klingen aber genauso mühelos wieder zurückgleiten – sie musste es geübt haben –, bevor sie sprach. »Du kannst mich nach Cairhien oder sonstwohin führen, Schafhirte, aber du solltest besser noch einmal genau darüber nachdenken, mich überhaupt irgendwo hinzuschicken.« Aus einem unbestimmten Grund glaubte er zu wissen, dass sie eigentlich etwas anderes hatte sagen wollen.
Als sie Perrins Räume erreichten, fanden sie bereits eine ansehnliche Versammlung vor. Auf einer Seite des Wohnraums saßen Perrin und Loial mit gekreuzten Beinen und in Hemdsärmeln auf dem blauen Teppich und rauchten mit Gaul, einem Steinsoldat, an den Rand sich vom Fall des Steins her erinnerte, ihre Pfeifen. Auf der anderen Seite des Raumes saß Faile ebenfalls auf dem Boden, zusammen mit Bain und Chiad, die auch im Stein gewesen waren. Durch die sich zum anderen Raum hin öffnende Tür konnte Rand Sulin die Bettlaken wechseln sehen, welche sie dermaßen umherschleuderte, als wollte sie sie in Fetzen reißen. Alle schauten auf, als Rand und Min den Raum betraten, und Sulin kam zur Schlafzimmertür.
Es entstand erheblicher Aufruhr, nachdem Rand über die dreizehn Aes Sedai und auch über das berichtet hatte, was Min belauscht hatte. Er sagte jedoch nichts von den Visionen. Einige im Raum wussten davon, andere vielleicht nicht, und er würde niemandem davon erzählen, wenn sie es nicht tat. Und er sagte auch nichts von Lews Therin und dass er Angst davor hatte, was ihm in einer Stadt mit dreizehn Aes Sedai zustoßen könnte, selbst wenn sie auf ihren Händen säßen. Sollten sie glauben, dass er in Panik geraten war, wenn sie wollten. Er war sich nicht sicher, dass dem nicht so war. Lews Therin war still geworden, aber Rand konnte ihn spüren, wie zornige Augen, die in der Nacht beobachteten. Zorn und Angst
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