Das Rad der Zeit 6. Das Original: Herr des Chaos (German Edition)
sie in ihrer zärtlichsten Stimmung war oder ihn äußerst wild küsste, überwältigte ihn dieser Duft auch beinahe. Er dachte daran, Dobraine zum Gehen aufzufordern – und Loial und Sulin ebenfalls. Wenn Faile so roch, konnte er sicherlich alles wieder irgendwie in Ordnung bringen –, aber der Cairhiener saß bereits.
»Ein Mann, der seiner Frau vertrauen kann, Lord Aybara, ist unendlich reich beschenkt.« Dennoch betrachtete Dobraine sie noch einen Moment, bevor er fortfuhr. »Cairhien hat heute zwei Schicksalsschläge erlitten. Heute Morgen wurde Lord Maringil tot in seinem Bett gefunden, allem Anschein nach vergiftet. Und nur kurze Zeit später wurde Hochlord Meilan auf der Straße offenbar das Opfer der Klinge eines Straßenräubers. Höchst ungewöhnlich während des Lichterfests.«
»Warum erzählt Ihr mir das?«, fragte Perrin zögernd.
Dobraine spreizte die Hände. »Ihr seid der Freund des Lord Drache, und er ist nicht hier.« Er zögerte, und als er fortfuhr, schien es, als müsse er sich zu den Worten zwingen. »Gestern Abend speiste Colavaere mit Gästen aus einer Anzahl kleiner Häuser: Daganred, Chuliandred, Annallin, Osiellin und andere. Jedes einzelne Haus klein, aber insgesamt zahlreich. Sie besprachen das Bündnis mit dem Hause Saighan und die Unterstützung Colavaeres für den Sonnenthron. Colavaere gab sich kaum Mühe, das Treffen geheim zu halten.« Er hielt erneut inne und maß Perrin mit seinen Blicken. Was auch immer Dobraine sah – er schien zu glauben, dass weitere Erklärungen nötig seien. »Das ist höchst seltsam, weil sowohl Maringil als auch Meilan den Thron einnehmen wollten, und beide hätten sie mit ihren eigenen Kissen erstickt, wenn sie davon erfahren hätten.«
Schließlich verstand Perrin, obwohl er nicht begriff, warum der Mann so um den heißen Brei herumreden musste. Er wünschte, Faile würde etwas dazu sagen. Sie war in diesen Dingen viel geschickter als er. Er konnte aus den Augenwinkeln sehen, wie sie den Kopf über das Spielbrett beugte und ihn ebenfalls aus den Augenwinkeln betrachtete. »Wenn Ihr glaubt, dass Colavaere ein Verbrechen begangen hat, Lord Dobraine, solltet Ihr zu … Rhuarc gehen.« Er hatte eigentlich Berelain sagen wollen, aber in dem Moment hatte die Eifersucht in Failes Geruch leicht zugenommen.
»Der Aiel-Wilde?«, schnaubte Dobraine. »Dann sollte ich wohl besser zu Berelain gehen, und auch das wäre nicht gut. Ich gebe zu, dass dieses Mayene-Mädchen weiß, wie man eine Stadt regiert, aber sie glaubt, jeder Tag wäre ein Lichterfest. Colavaere wird sie in Stücke schneiden und herzhaft zubereiten lassen. Ihr seid der Freund des Wiedergeborenen Drachen. Colavaere hingegen …« Diesmal hielt er inne, weil er bemerkt hatte, dass Berelain den Raum ohne anzuklopfen betreten hatte, und etwas Langes, Schmales, in eine Decke Gehülltes in den Armen hielt.
Perrin hatte den Türriegel gehört, und bei ihrem Anblick, den Busen halb entblößt, spülte Zorn fast alles andere aus seinen Gedanken fort. Die Frau kam hierher , um vor seiner Frau mit ihm zu schäkern? Die Wut trieb ihn hoch, und er schlug die Hände mit einem Donnerkrachen zusammen. »Raus! Sofort! Raus, jetzt! Oder ich werde Euch so weit hinauswerfen, dass Ihr zweimal aufschlagt!«
Berelain erschrak bei seinem ersten Ton so sehr, dass sie ihre Last fallen ließ und mit geweiteten Augen einen Schritt zurücktrat, obwohl sie nicht ging. Beim letzten Wort erkannte Perrin, dass alle ihn ansahen. Dobraines Gesicht schien ungerührt, aber er roch vollkommen erstaunt. Loials Ohren standen aufrecht, und sein Kinn ruhte auf seiner Brust. Und Faile, die jenes kühle Lächeln zeigte … verstand Perrin überhaupt nicht. Er erwartete die Gewebe der Eifersucht, da Berelain hier im Raum stand, aber warum roch sie genauso stark nach Schmerz?
Plötzlich sah Perrin, was Berelain fallen gelassen hatte. Die Decke hatte sich geöffnet und Rands Schwert und Gürtel mit der Drachenschnalle freigegeben. Hätte Rand seinen Schwertgurt zurückgelassen? Perrin durchdachte Dinge gerne gründlich. Wenn man eilig handelte, konnte man unwillentlich Menschen verletzen. Aber dieses Schwert auf dem Boden wirkte wie ein Blitz. Eile war bei Schmiedearbeiten töricht, denn dann wurden sie ungenau, aber Perrins Nackenhaare stellten sich auf, und ein Grollen drang tief aus seiner Kehle.
»Sie haben ihn gefangen genommen!«, wimmerte Sulin plötzlich. Den Kopf zurückgeworfen, die Augen fest zusammengepresst, klagte
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