Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
hätte sie sie nicht starrer halten können. Hatte sie jene Stränge fest zusammengedrückt, wären ihre Augen nicht weiter hervorgetreten. Eine der Frauen, die ohnmächtig geworden waren, keuchte und hustete plötzlich und schob das Fläschchen Riechsalz fort, das ihr bereits zu lange unter die Nase gehalten wurde, woraufhin sich aller Erstarrung löste und eine Flut von Stimmen anschwoll.
»Wir können doch noch Aes Sedai werden?«, fragte die Tairenerin in der Weste der Gilde der Goldschmiede aufgeregt, während eine Frau mit rundlichem Gesicht, die einen mindestens doppelt so langen roten Gürtel wie alle anderen trug, gleichzeitig herausplatzte: »Sie werden uns lernen lassen? Sie werden uns wieder lehren?« Eine Flut qualvoll eifriger Stimmen. »Wir können wirklich …?« und »Sie werden uns tatsächlich …?« von allen Seiten.
Reanne fuhr heftig zu ihnen herum. »Ivara, Sumeko, Ihr alle, Ihr vergesst Euch! Ihr sprecht vor Aes Sedai! Ihr sprecht … vor … Aes Sedai.« Sie fuhr sich mit zitternder Hand über das Gesicht. Verlegenes Schweigen senkte sich herab. Augenlider wurden gesenkt, und Röte stieg in die Wangen. Trotz all dieser Falten aufweisenden Gesichter und des grauen und weißen Haars fühlte sich Elayne an eine Gruppe Novizinnen erinnert die nach dem letzten Läuten eine Kissenschlacht veranstalteten, als die Herrin der Novizinnen hereinkam.
Reanne blickte zögernd über ihre Fingerspitzen. »Wir werden wirklich in die Burg zurückkehren dürfen?«, fragte sie kaum hörbar.
Elayne nickte. »Diejenigen, die lernen können, Aes Sedai zu werden, werden die Chance bekommen, aber es wird für alle Platz sein. Für jede Frau, welche die Macht lenken kann.«
Ungeweinte Tränen schimmerten in Reannes Augen. Elayne war sich nicht sicher, aber sie glaubte die Frau flüstern zu hören: »Ich kann eine Grüne werden.« Es fiel ihr sehr schwer, nicht zu ihr zu eilen und sie zu umarmen.
Keine der anderen Aes Sedai zeigte Gefühle, und Merilille war gewiss aus noch härterem Holz. »Wenn ich eine Frage stellen dürfte, Elayne? Reanne, wie viele … von Euch werden wir aufnehmen?« Die kleine Pause sollte zweifellos die Formulierung »wie viele Wilde und Frauen, die es beim ersten Mal nicht geschafft haben« verhindern.
Wenn Reanne es bemerkte oder vermutete, kümmerte sie sich nicht darum. »Ich kann nicht glauben, dass jemand das Angebot ablehnen würde«, sagte sie atemlos. »Es wird vielleicht einige Zeit dauern, alle zu benachrichtigen. Wir bleiben verstreut, versteht Ihr, damit …« Sie lachte ein wenig nervös und noch immer den Tränen nahe. »… damit Aes Sedai uns nicht bemerken. Im Moment stehen eintausendsiebenhundertdreiundachtzig Namen auf der Liste.«
Die meisten Aes Sedai lernten, ein Erschrecken hinter äußerlicher Ruhe zu verbergen, und nur Sareitha ließ es zu, dass sich ihre Augen weiteten. Sie formulierte auch lautlos Worte, und Elayne kannte sie gut genug, um ihre Lippen lesen zu können. Zweitausend Wilde! Das Licht helfe uns! Elayne beschäftigte sich angelegentlich mit ihren Röcken, bis sie sicher war, dass sie ihre Miene beherrschte. Das Licht helfe ihnen in der Tat.
Reanne missverstand das Schweigen. »Habt Ihr mehr erwartet? Jedes Jahr sterben mehrere Frauen bei Unfällen oder eines natürlichen Todes, wie andere Menschen auch, und ich fürchte, in den letzten tausend Jahren hat sich die Zahl der Kusinen verringert. Vielleicht waren wir zu vorsichtig darin, uns Frauen anzunähern, wenn sie die Weiße Burg verlassen, aber es bestand immer die Angst, dass eine von ihnen von der Kontaktaufnahme berichten könnte und … und …«
»Wir sind nicht im Geringsten enttäuscht«, versicherte Elayne ihr mit tröstlichen Gesten. Enttäuscht? Sie hätte beinahe hysterisch gekichert. Es gab fast doppelt so viele Kusinen wie Aes Sedai! Egwene würde niemals behaupten können, sie hätte nicht ihren Teil dazu beigetragen, Frauen, welche die Macht lenken konnten, in die Burg zu bringen. Aber wenn die Kusinen Wilde ablehnten … Sie musste bei der Sache bleiben. Die Kusinen waren nur zufällig entdeckt worden. »Reanne«, sagte sie sanft, »meint Ihr, Ihr könntet Euch jetzt daran erinnern, wo sich die Schale der Winde befindet?«
Reanne errötete zutiefst. »Wir sind niemals damit in Berührung gekommen, Elayne Sedai. Ich weiß nicht, warum Angreale gesammelt wurden. Ich habe niemals von dieser Schale der Winde gehört, aber es gibt einen Lagerraum, wie Ihr ihn beschrieben habt,
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