Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
die ihn bekämpften oder davonliefen, obwohl ihre einzige Hoffnung darin bestand, sich hinter ihn zu stellen. Warum ließen ihn seine Träume nicht in Ruhe? Er erwachte stets ruckartig aus einem Traum, noch bevor er recht begonnen hatte, um dann von Abscheu gegen sich selbst erfüllt und durch den mangelnden Schlaf verwirrt dazuliegen, aber die anderen … Er wusste, dass er sie alle verdiente.
Colavaere stellte sich ihm im Traum entgegen, ihr Gesicht schwarz und das Halstuch, mit dem sie sich erhängt hatte, noch immer im geschwollenen Fleisch ihres Halses eingesunken. Colavaere, schweigsam und anklagend, und all die Töchter des Speers, die für ihn gestorben waren, reihten sich hinter ihr auf, alle Frauen, die meinetwegen gestorben waren. Er kannte jedes einzelne Gesicht so gut wie sein eigenes und wusste auch alle Namen außer einem. Er erwachte schluchzend aus diesen Träumen.
Hundertmal schleuderte er Perrin durch die Große Halle der Sonne, und hundertmal wurde er von lodernder Angst und Zorn überwältigt. Hundertmal tötete er Perrin in seinen Träumen und wachte von seinen eigenen Schreien auf. Warum hatte der Mann die Aes Sedai-Gefangenen als Gegenstand ihres Streits erwählt? Rand wollte nicht über sie nachdenken. Er hatte sein Bestes getan, ihre Existenz von Anfang an zu ignorieren. Sie waren zu gefährlich, um sie lange als Gefangene zu halten, und er hatte keine Ahnung, was er mit ihnen tun sollte. Sie ängstigten ihn. Manchmal träumte er, wieder in der Kiste gefesselt zu sein, dass Galina und Erian und Katerine und die anderen ihn daraus hervorholten und schlugen, und erwachte wimmernd, selbst nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass seine Augen geöffnet und er längst aus der Kiste befreit war. Sie ängstigten ihn, weil er befürchtete, er könnte seiner Angst und seinem Zorn nachgeben und dann … Er versuchte, nicht daran zu denken, was er dann tun würde, aber manchmal träumte er es und wachte schweißgebadet auf. Er würde es nicht tun. Was auch immer er bisher getan hatte – das würde er nicht tun.
In Träumen versammelte er die Asha’man, um die Weiße Burg anzugreifen und Elaida zu bestrafen. Er sprang aus einem von gerechtem Zorn und Saidin erfüllten Wegetor – und erfuhr, dass Alviarins Brief eine Lüge gewesen war, er sah sie neben Elaida stehen, sah auch Egwene neben ihr und Nynaeve und sogar Elayne, alle mit Aes Sedai-Gesichtern, weil er zu gefährlich war, um ihn frei herumlaufen zu lassen. Er beobachtete, wie die Asha’man von Frauen vernichtet wurden, die Jahre des Studiums der Einen Macht hinter sich gebracht hatten – nicht nur wenige Monate unvollständiger Ausbildung –, und aus diesen Träumen erwachte er niemals, bevor nicht jeder Mann in einem schwarzen Mantel tot war und er der Macht der Aes Sedai allein gegenüberstand. Allein.
Cadsuane äußerte immer wieder diese Worte über Verrückte, die Stimmen hörten, bis er darunter zusammenfuhr wie unter Peitschenhieben, in seinem Schlaf zusammenzuckte, wenn sie erschien. In Träumen und im Wachen rief er Lews Therin, schrie ihn an, doch nur Schweigen antwortete. Allein. Diese wenigen Empfindungen und Gefühle in seinem Hinterkopf, das Spüren von Alannas Fast-Berührung, wurde allmählich zum Trost. Und das ängstigte ihn auf vielerlei Art am allermeisten.
Am vierten Morgen erwachte er benommen aus einem Traum von der Weißen Burg und hob hastig eine Hand, um seine brennenden Augen vor dem abzuschirmen, was er für das Aufflammen eines mit Saidar entfachten Feuers hielt. Staub tanzte durch das Fenster bis zu seinem Bett, dessen wuchtige, kantige Schwarzholz-Pfosten mit keilförmigen Elfenbeinverzierungen versehen waren, im strömenden Sonnenlicht. Alle Möbelstücke im Raum bestanden aus poliertem Schwarzholz und Elfenbein, kantig und ausreichend schwer, dass sie zu seiner Stimmung passten. Er lag einen Moment da, aber wenn der Schlaf zurückkehrte, würde er nur einen weiteren Traum bringen.
Bist du da, Lews Therin?, dachte er ohne Hoffnung auf eine Antwort, stand müde auf und zog seinen zerknitterten Mantel zurecht. Er hatte seine Kleider seit seinem Rückzug nicht mehr gewechselt.
Als er in den Vorraum taumelte, dachte er zuerst, er träume wieder jenen Traum, der ihn stets augenblicklich voller Scham und Schuld und Abscheu aufwachen ließ, aber Min schaute von einem der hohen, vergoldeten Stühle zu ihm hoch, ein in Leder gebundenes Buch auf den Knien, und er erwachte nicht. Dunkle Locken umrahmten ihr
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