Das Rad der Zeit 7. Das Original: Die Krone der Schwerter (German Edition)
nicht gehorchen.«
Die Wagen, die von den Brunnen von Dumai herangebracht worden waren, mussten erneut durchsucht werden. Das Angreal in Form eines fetten kleinen Mannes musste irgendwo sein. Keine der entkommenen Schwestern hätte ahnen können, was er war. Es sei denn, eine von ihnen hätte vielleicht ein Andenken an den Wiedergeborenen Drachen eingesteckt. Nein. Er musste irgendwo in den Wagen sein. Damit war er jedem Verlorenen mehr als ebenbürtig. Ohne ihn … Tod, Vernichtung und Wahnsinn.
Plötzlich drängte herauf, was er gehört hatte. »Was war das?«, fragte er und wandte sich von dem mit Elfenbein-Intarsien versehenen Tisch um.
Überraschte Gesichter wandten sich ihm zu. Jonan richtete sich am Türrahmen auf, an dem er lässig gelehnt hatte. Die Töchter des Speers, die mühelos auf ihren Fersen hockten, schienen plötzlich alarmiert. Sie hatten sich beiläufig unterhalten, aber jetzt betrachteten sie ihn aufmerksam.
Melaine betastete eine ihrer Elfenbein-Halsketten, sah mit entschlossenem Blick zwischen Bael und Davram hin und her und sprach dann vor allen anderen. »In einem Gasthaus namens Silberschwan in der – wie Davram Bashere sie nennt – Neustadt befinden sich neun Aes Sedai.« Sie sprach das Wort ›Gasthaus‹ seltsam aus, und auch das Wort ›Stadt‹. Sie hatte diese Wörter nur aus Büchern gekannt, bevor sie über die Drachenmauer gekommen war. »Er und Bael sagen, wir sollten sie in Ruhe lassen, bis sie etwas gegen uns unternehmen. Ich denke, Ihr habt es gelernt, auf Handlungen der Aes Sedai zu warten, Rand al’Thor.«
»Mein Fehler«, seufzte Bashere, »wenn ein Fehler begangen wurde. Aber ich weiß nicht, was Melaine zu tun gedenkt. Acht Schwestern machten vor fast einem Monat im Silberschwan halt, direkt nachdem Ihr abgereist wart. Hin und wieder kommen und gehen einige, aber es sind niemals mehr als zehn zugleich dort. Sie bleiben für sich, machen keine Schwierigkeiten und stellen keine Fragen, von denen Bael oder ich wüssten. Zweimal kamen auch einige Rote Schwestern in die Stadt. Die Schwestern im Silberschwan haben Behüter, aber die Roten Schwestern nicht. Ich bin überzeugt, dass sie Rote sind. Zwei oder drei tauchen auf, fragen nach Männern, die zum Schwarzen Turm wollen und reisen nach einem oder zwei Tagen wieder ab. Ohne viel erfahren zu haben, würde ich sagen. Diese Schwarze Burg bewahrt Geheimnisse so gut wie eine Festung. Keine der Schwestern hat Schwierigkeiten gemacht, und ich würde sie lieber nicht belästigen, bis ich weiß, dass es notwendig ist.«
»Das habe ich nicht gemeint«, sagte Rand zögernd. Er setzte sich in einen Sessel gegenüber Bashere und umklammerte die Armlehnen, bis seine Knöchel schmerzten. Hier versammelten sich Aes Sedai, in Cairhien versammelten sich Aes Sedai. Zufall? Lews Therin stieß in der Ferne wütende Tiraden über Tod und Verrat aus. Er würde Taim warnen müssen. Nicht wegen der Aes Sedai im Silberschwan – das wusste Taim sicher bereits, aber warum hatte er es nicht erwähnt? –, sondern damit sie ihnen fernblieben, damit er die Asha’man von ihnen fernhielt. Wenn die Brunnen von Dumai ein Ende bedeuten sollten, durfte es hier keine neuen Anfänge geben. Zu vieles schien außer Kontrolle zu geraten. Je stärker er alle zusammenzuhalten versuchte, desto schneller lösten sie sich. Früher oder später würde alles zusammenbrechen und zerfallen. Der Gedanke ließ seine Kehle trocken werden. Thom Merrilin hatte ihn gelehrt, ein wenig zu jonglieren, aber er war niemals sehr geschickt darin gewesen. Jetzt musste er in der Tat sehr geschickt vorgehen. Er wünschte, er hätte etwas, womit er seine Kehle benetzen könnte.
Er hatte nicht gemerkt, dass er den letzten Gedanken laut ausgesprochen hatte, bis Jalani sich aus ihrer hockenden Stellung aufrichtete und zu einem hohen Silberkrug trat, der auf einem kleinen Tisch stand. Sie füllte einen Silberbecher, brachte ihn Rand mit einem Lächeln und öffnete den Mund, als sie ihm den Trank reichte. Er erwartete schon eine heftige Äußerung, als sich ihr Gesichtsausdruck änderte. Sie sagte nur »Car’a’carn« und ging dann so würdevoll zu ihrem Platz bei den anderen Töchtern des Speers zurück, dass man den Eindruck gewann, sie imitierte Dorindha oder vielleicht auch Deira. Somara sagte etwas in der Zeichensprache, und plötzlich erröteten alle Töchter des Speers und bissen sich auf die Lippen, um nicht zu lachen. Alle Töchter des Speers außer Jalani, die nur errötet
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