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Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)

Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Augen sehen zu lassen.
    Was glaubte er, was er tun konnte? Als ihr Leibwächter fungieren? Gegen Schwestern ? Dieser Bursche mit der tropfenden Nase würde genügen. Einfach offenbaren, wie vollständig er auf ihrer Seite stand? Morgen war dafür noch genug Zeit, wenn heute Abend alles gut verlief. Diese Offenbarung könnte den Saal jetzt leicht in Richtungen vorpreschen lassen, die sie kaum zu erwägen wagte.
    »Der heutige Abend ist Aes-Sedai-Angelegenheiten vorbehalten«, belehrte sie ihn entschlossen. Aber er hatte, so töricht die Vorstellung auch war, angeboten, sein Leben für sie zu riskieren. Die Gründe dafür lagen im Dunkeln – wer konnte schon sagen, warum ein Mann irgendetwas tat ? –, und doch schuldete sie ihm dafür etwas. Unter anderem dafür. »Wenn ich Siuan heute Abend nicht zu Euch schicke, Lord Bryne, solltet Ihr vor dem Morgen aufbrechen. Falls die Ereignisse des heutigen Tages mir zur Last gelegt werden, könnte sich das auch auf Euch auswirken. Es könnte sich als gefährlich erweisen zu bleiben. Sogar als tödlich. Ich glaube nicht, dass sie eine besondere Entschuldigung brauchten.« Es war nicht nötig, ›sie‹ genauer zu benennen.
    »Ich habe mein Wort gegeben«, erwiderte er ruhig. »Bis nach Tar Valon.« Er hielt inne und schaute zu Siuan, weniger zögernd als nachdenklich. »Was auch immer heute Abend besprochen werden soll«, sagte er schließlich, »Ihr solltet dabei daran denken, dass dreißigtausend Mann und Gareth Bryne hinter Euch stehen. Das dürfte einiges Gewicht haben, selbst unter Aes Sedai. Bis morgen, Mutter.« Er wendete seinen Kastanienbraunen und rief noch über die Schulter: »Ich erwarte, Euch morgen auch zu sehen, Siuan. Daran wird sich nichts ändern.« Siuan starrte ihm nach, als er sich entfernte. Ihr Blick wirkte gequält.
    Egwene konnte nicht anders, als ihm ebenfalls nachzublicken. Er war noch niemals zuvor so offen gewesen, nicht annähernd. Warum ausgerechnet jetzt?
    Als sie den vierzig oder fünfzig Schritt breiten Streifen überquerten, der das Lager des Heers von dem der Aes Sedai trennte, nickte Egwene Sheriam zu, die ihr Pferd bei den ersten Zelten verhielt. Egwene und Siuan ritten weiter. Hinter ihnen erklang Sheriams Stimme erstaunlich klar und fest. »Der Amyrlin-Sitz beruft den Saal heute zu einer formellen Sitzung. Trefft rasch alle Vorbereitungen.« Egwene schaute nicht zurück.
    Bei ihrem Zelt eilte eine hagere Pferdemagd mit wehenden Röcken herbei, um Daishar und Bela zu übernehmen. Ihr Gesicht wirkte angespannt, und sie neigte kaum den Kopf, bevor sie mit den Pferden so rasch wieder davoneilte, wie sie gekommen war. Die Wärme der glühenden Kohlepfannen im Zelt war wie eine sich schließende Faust. Egwene hatte bis dahin nicht bemerkt, wie kalt es draußen war. Oder wie sehr sie fror.
    Chesa nahm ihr den Umhang ab, doch als sie ihre Hände spürte, rief sie aus: »Ihr seid ja bis auf die Knochen durchgefroren, Mutter!« Sie plapperte weiter, während sie sich damit beschäftigte, Egwenes und Siuans Umhänge zusammenzufalten, die ordentlich zurückgeschlagenen Decken auf Egwenes Feldbett glatt zu streichen und ein auf einer der Kisten abgestelltes Tablett zu überprüfen. »Ich würde mich sofort ins Bett legen und heiße Ziegelsteine um mich schichten, wenn ich so durchgefroren wäre. Zumindest, sobald ich etwas gegessen hätte. Man kann sich nur äußerlich erwärmen, wenn man auch innerlich erwärmt ist. Ich werde ein paar zusätzliche Ziegelsteine für Eure Füße besorgen, während Ihr esst. Und natürlich auch für Siuan Sedai. Oh, wenn ich so hungrig wäre wie Ihr, würde ich bestimmt mein Essen hinunterschlingen wollen, aber dann bekomme ich stets Magenschmerzen.« Sie hielt bei dem Tablett inne, betrachtete Egwene und nickte zufrieden, als diese sagte, sie würde nicht zu hastig essen.
    Es war nicht leicht, ernsthaft zu antworten. Chesa war stets erfrischend, aber nach den Strapazen des heutigen Tages musste Egwene fast vor Vergnügen lachen. Chesa war unkompliziert. Auf dem Tablett befanden sich zwei weiße Schalen mit Linseneintopf sowie ein hoher Krug mit gewürztem Wein, zwei Silberbecher und zwei große Brötchen. Irgendwie hatte die Frau gewusst, dass Siuan mit ihr essen würde. Die Schalen und der Krug dampften. Wie oft hatte Chesa dieses Tablett auswechseln müssen, um zu gewährleisten, dass Egwene sofort nach ihrer Rückkehr eine heiße Mahlzeit vorfand? Einfach und unkompliziert. Und so fürsorglich wie eine Mutter.

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