Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
Stufe mit den Schülern. Sie erwarteten einfach, dass sie ohne Verzögerungen oder Ausflüchte tat, was man ihr sagte.
Reanne war nach wie vor über die Wendung der Ereignisse entsetzt, aber Alise und Sumeko waren nicht die Einzigen unter den Kusinen, die genau beobachteten, und auch nicht die Einzigen, die nachdenklich nickten. Und plötzlich bemerkte Elayne noch ein weiteres Problem. Die Kusinen sahen Ispan in der Gefangenschaft immer gefügiger werden, aber sie war die Gefangene anderer Aes Sedai. Die Meervolk-Frauen waren keine Aes Sedai und Merilille keine Gefangene, und doch sprang sie, wenn Renaile einen Befehl erteilte oder auch Dorile oder Caire oder Caires Blutsschwester Tebreille. Bei immer mehr Kusinen wich entsetztes Staunen nachdenklicher Beobachtung. Vielleicht waren Aes Sedai doch nicht so verschieden. Wenn Aes Sedai einfach Frauen wie sie selbst waren – warum sollten sie sich dann erneut der Strenge der Burg, der Autorität und Disziplin der Aes Sedai unterwerfen? Hatten sie nicht auch allein sehr gut überlebt, einige weitaus längere Zeit, als irgendeine der älteren Schwestern zu glauben bereit war? Elayne sah es ihnen beinahe an, wie der Gedanke in ihren Köpfen entstand.
Als sie es jedoch Nynaeve gegenüber erwähnte, murrte diese nur: »Es war höchste Zeit, dass einige der Schwestern erfahren, wie es ist, wenn man eine Frau zu lehren versucht, die mehr zu wissen glaubt. Diejenigen, die die Voraussetzungen haben, die Stola zu erlangen, werden sie noch immer erlangen wollen, und was die Übrigen betrifft, so kann ich nicht erkennen, warum sie nicht ein wenig Selbstvertrauen gewinnen sollten.« Elayne sah davon ab, Nynaeves Klagen über Sumeko zu erwähnen, die gewiss Selbstvertrauen gezeigt hatte. Sumeko hatte mehrere von Nynaeves Heilgeweben als ›unbeholfen‹ bezeichnet, und Elayne hatte gedacht, Nynaeve würde augenblicklich der Schlag treffen. »Es ist jedenfalls nicht nötig, Egwene irgendetwas davon zu erzählen, wenn sie wieder da ist. Sie hat schon genug Sorgen.« Das ›irgendetwas davon‹ bezog sich zweifellos auf Merilille und die Windsucherinnen.
Sie saßen im Nachthemd auf ihren Betten im zweiten Stock des Gasthauses Neuer Pflug , und sie trugen den gedrehten, ringförmigen Traum- Ter’angreal um ihren Hals, Elayne an einem einfachen Lederband und Nynaeve neben Lans schwerem Siegelring an einer dünnen goldenen Kette. Aviendha und Birgitte, die noch vollkommen angekleidet waren, saßen auf ihren Kleiderkisten. Sie nannten es ›Wache halten‹, bis Elayne und Nynaeve aus der Welt der Träume zurückgekehrt wären. Beide trugen ihre Umhänge, bis sie unter ihre Decken kriechen könnten. Der Neue Pflug war ganz und gar nicht neu. Netzförmige Risse überzogen die getünchten Wände, durch die es obendrein zog.
Das Zimmer selbst war klein, und die Kisten und aufeinandergestapelten Bündel ließen nur für wenig anderes außer Betten und den Waschtisch Platz. Elayne wusste, dass sie in Caemlyn repräsentieren müsste, aber manchmal fühlte sie sich doch schuldig, wenn ihre Habe auf Packpferden transportiert wurde, während die meisten anderen Frauen mit dem auskommen mussten, was sie auf ihren Rücken tragen konnten. Nynaeve zeigte jedoch niemals Reue wegen ihrer Kisten. Sie waren bereits seit sechzehn Tagen unterwegs. Der Vollmond am nächtlichen Himmel schien auf eine hohe Schneedecke, die das Reisen morgen erschweren würde, selbst wenn der Himmel klar bliebe, und Elayne hielt es für eine optimistische Einschätzung, wenn man noch eine weitere Woche nach Caemlyn einplante.
»Ich bin klug genug, sie nicht daran zu erinnern«, belehrte sie Nynaeve. »Ich will nicht noch einmal zurechtgewiesen werden.«
Das war milde ausgedrückt. Sie hatten Tel’aran’rhiod nicht mehr betreten, seit sie Egwene in der Nacht nach dem Aufbruch vom Gutshof mitgeteilt hatten, dass die Schale der Winde benutzt worden war. Sie hatten ihr auch widerwillig von dem Vertrag mit dem Meervolk berichtet, zu dem sie gezwungen gewesen waren – und fanden sich jäh dem Amyrlin-Sitz mit der gestreiften Stola um die Schultern gegenüber. Elayne wusste, dass es nötig und rechtens war – die engste Freundin unter den Untertanen einer Königin wusste sehr wohl, dass diese nicht nur eine Freundin, sondern auch die Königin war. Aber es hatte ihr nicht gefallen, dass ihre Freundin ihnen mit zorniger Stimme vorgeworfen hatte, sie hätten sich wie geistlose Tölpel verhalten, die ihnen allen womöglich den
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