Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
gibt es anscheinend keine Seanchaner«, sagte er fast gelangweilt und strich sich mit einem Handrücken über seinen Bart. »Aber es hätte sein können. Tenobia wird wahrscheinlich nur allzu bald meinen Kopf fordern, weil ich einem lebenden – und wie viel mehr einem toten – Wiedergeborenen Drachen folge.«
Rand runzelte die Stirn. Vielleicht konnte er sich von Flinn den Rücken decken lassen, von Narishma und … Flinn hatte ihm das Leben gerettet. Der Mann musste aufrichtig sein. Menschen konnten sich jedoch ändern. Und Narishma? Selbst nachdem …? Er fröstelte angesichts des Risikos, das er eingegangen war. Nicht das Grauen. Narishma hatte sich als aufrichtig erwiesen, aber es war dennoch ein aberwitziges Risiko gewesen. So wahnsinnig, wie vor Blicken davonzulaufen, die vielleicht gar nicht existierten, wobei er nicht einmal eine Vorstellung hatte, was ihn am Ende erwartete. Bashere hatte recht, aber Rand wollte nicht weiter darüber sprechen.
Die zum Pass hinaufführenden Hänge bestanden aus blankem Gestein und Felsen aller Größen, aber zwischen den natürlichen Gesteinsbrocken lagen verwitterte Fragmente einer einst riesigen Statue. Einige Stücke waren gerade noch als bearbeiteter Stein erkennbar, andere etwas besser. Neben einer Hand fast von der Größe von Rands Brust, die ein Schwertheft mit abgebrochener Klinge umfasste, die wiederum breiter als seine Hand war, lag ein großer weiblicher Kopf mit Rissen im Gesicht und einer Krone, die aus aufragenden Dolchen zu bestehen schien, von denen einige noch immer unversehrt waren.
»Was glaubt Ihr, wer sie war?«, fragte er. Natürlich eine Königin. Selbst wenn in einer früheren Zeit auch Händler oder Gelehrte Kronen getragen hatten, verdienten doch nur Herrscher und Feldherrn Statuen.
Bashere wandte sich im Sattel um und betrachtete den Kopf, bevor er antwortete. »Eine Königin von Shiota, wette ich«, sagte er schließlich. »Älter ist die Statue nicht. Ich sah einst eine in Eharon gefertigte Statue, die so verwittert war, dass man nicht einmal mehr sagen konnte, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte. Vermutlich war sie eine Eroberin, sonst hätten sie sie nicht mit einem Schwert dargestellt. Ich glaube mich daran zu erinnern, dass Shiota eine solche Krone an Herrscher vergab, welche die Grenzen ausweiteten. Vielleicht nannte man sie die Schwerterkrone? Vielleicht könnte Euch eine Braune Schwester mehr darüber sagen.«
»Es ist nicht wichtig«, erwiderte Rand verärgert.
Bashere fuhr dennoch fort, die ergrauenden Augenbrauen gesenkt und in würdevollem Ernst. »Vermutlich haben ihr Tausende zugejubelt, sie die Hoffnung Shiotas genannt und vielleicht sogar geglaubt, dass sie es war. Sie könnte zu ihrer Zeit ebenso gefürchtet und respektiert gewesen sein wie Artur Falkenflügel zu späteren Zeiten, aber möglicherweise kennen nicht einmal die Braunen Schwestern ihren Namen. Wenn man stirbt, vergessen die Leute, wer man war und was man getan oder zu tun versucht hat. Jedermann stirbt letztendlich, aber es gibt verdammt noch mal keinen Grund, vor der gesetzten Zeit zu sterben.«
»Das beabsichtige ich auch nicht«, erwiderte Rand scharf. Er wusste, wo er sterben sollte, allerdings nicht wann. Er glaubte es zumindest zu wissen.
Aus den Augenwinkeln nahm er weiter unten eine Bewegung wahr, wo das blanke Gestein in Gestrüpp und einige wenige karge Bäume überging. Fünfzig Schritt entfernt trat ein Mann ins Freie, hob einen Bogen hoch und zog die Bogensehne geschmeidig an seine Wange. Alles schien gleichzeitig zu geschehen.
Rand wendete Tai’daishar verärgert um und beobachtete, wie der Bogenschütze seiner Bewegung folgte. Er ergriff Saidin , und frisches Leben und Verderbnis strömten gleichzeitig in ihn. Er fühlte sich benommen. Da waren zwei Bogenschützen. Galle stieg in seiner Kehle auf, während er gegen den heftigen Ansturm der Macht ankämpfte, der seine Knochen zu versengen und seine Haut zu gefrieren versuchte. Er konnte ihn nicht kontrollieren. Er konnte nur am Leben bleiben. Er kämpfte verzweifelt um klare Sicht, darum, ausreichend gut sehen zu können, um die Stränge zu weben, die er kaum zu bewältigen vermochte, da Übelkeit ebenso stark in ihn einströmte wie die Macht. Er glaubte, Bashere schreien zu hören. Zwei Bogenschützen schossen ihre Pfeile ab.
Rand hätte sterben sollen. Aus dieser Entfernung hätte auch ein Kind sein Ziel getroffen. Vielleicht rettete es ihn, dass er ein Ta’veren war. Als der
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