Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
– glaubte an harte Arbeit. Und auch an so strenge Disziplin, wie sie jede Novizin halten musste! Sie kannte keine Gnade mit jemandem, der sich vor der rückenbrecherischen Arbeit, die sie auch selbst verrichtete, zu drücken versuchte, und absolut keine Gnade mit einer Frau, die sich davonschlich, um sich mit einem hübschen Jungen zu vergnügen. So hatte Toveines Leben während der letzten zwanzig Jahre ausgesehen. Elaida hingegen war leichthin zum Amyrlin-Sitz gelangt, den Toveine einst für sich selbst erträumt hatte. Nein, sie war nicht dankbar. Aber sie hatte gelernt, auf ihre Stunde zu warten.
Plötzlich preschte ein Reiter, ein großer Mann in einem schwarzen Mantel, dessen dunkles Haar ihm bis auf die Schultern fiel, aus dem Wald vor ihr auf die Straße, wobei Schnee aufstob. »Es hat keinen Sinn zu kämpfen«, verkündete er bestimmt und hob eine behandschuhte Hand. »Ergebt Euch friedlich, dann wird niemandem etwas geschehen.«
Es waren weder seine Erscheinung noch seine Worte, was Toveine dazu brachte, ihr Pferd jäh zu zügeln, während sich die anderen Schwestern um sie versammelten. »Ergreift ihn«, sagte sie ruhig. »Aber Ihr solltet Euch besser verknüpfen. Er schirmt mich ab.« Anscheinend war einer dieser Asha’man zu ihr gekommen. Wie zuvorkommend von ihm.
Plötzlich erkannte sie, dass nichts geschah, und sie wandte ihren Blick von dem Burschen ab, um Jenare finster anzusehen. Das blasse, kantige Gesicht der Frau schien vollkommen blutleer. »Toveine«, sagte sie unsicher. »Ich bin auch abgeschirmt.«
»Ich ebenfalls«, keuchte Lemai ungläubig, und die anderen stimmten zunehmend entsetzt mit ein. Sie waren alle abgeschirmt.
Weitere Männer in schwarzen Mänteln erschienen rund um sie herum zwischen den Bäumen, die Pferde langsam vorantreibend. Toveine hörte bei fünfzehn auf zu zählen. Die Wachen murrten verärgert und erwarteten den Befehl einer Schwester. Sie wussten jedoch nichts, außer dass eine Bande Schurken ihnen aufgelauert hatte. Toveine schnalzte verärgert mit der Zunge. Diese Männer vermochten natürlich nicht alle die Macht zu lenken, aber anscheinend standen ihr alle Asha’man gegenüber, die es konnten. Sie bewahrte Ruhe. Im Gegensatz zu einigen der Schwestern in ihrer Begleitung waren dies nicht die ersten Männer, welche die Macht lenken konnten, denen sie gegenüberstand. Der große Mann ritt lächelnd auf sie zu und glaubte offenbar, sie wäre seiner lächerlichen Aufforderung gefolgt.
»Auf meinen Befehl hin«, sagte sie leise, »werden wir in alle Richtungen ausbrechen. Sobald Ihr weit genug fortgelangt seid, dass der Mann die Abschirmung loslässt, kehrt Ihr um und helft den Wachen. Macht Euch bereit.« Dann rief sie: »Wächter, bekämpft sie!«
Die Wächter stürmten brüllend vorwärts, schwenkten ihre Schwerter und beabsichtigten zweifellos, die Schwestern zu beschützen. Toveine riss ihr Pferd nach rechts, grub ihm die Fersen in die Flanken und kauerte sich tief über seinen Hals, während sie zwischen den erschreckten Wächtern und dann zwischen zwei sehr jungen Männern in schwarzen Mänteln hindurchpreschte, die sie erstaunt anstarrten. Dann war sie bereits in den Wald gelangt und trieb ihr Pferd im hohen Schnee noch weiter an, ohne daran zu denken, dass sich die Stute ein Bein brechen könnte. Sie mochte das Tier, aber heute würde mehr als ein Pferd sterben. Hinter ihr erklangen Schreie und eine Stimme, welche die ganze Kakofonie übertönte. Die Stimme des großen Mannes.
»Ergreift sie lebend, wie es der Wiedergeborene Drache befohlen hat! Wenn Ihr einer Aes Sedai Schaden zufügt, werdet Ihr Euch vor mir verantworten müssen!«
Wie es der Wiedergeborene Drache befohlen hat. Toveine empfand zum ersten Mal Angst, wie einen Eiszapfen, der sich durch ihre Eingeweide wand. Der Wiedergeborene Drache. Sie peitschte mit den Zügeln auf den Hals ihres Pferdes ein. Sie war noch immer abgeschirmt! Gewiss hatte sie inzwischen genügend viele Bäume zwischen sich und den verfluchten Mann gebracht, dass er sie nicht mehr sehen konnte! Oh, Licht, der Wiedergeborene Drache!
Sie stöhnte, als etwas sie an der Taille traf – ein Ast, wo kein Ast war – und sie aus dem Sattel riss. Sie hing da und sah ihr Pferd so schnell davonpreschen, wie der Schnee es nur zuließ. Sie hing tatsächlich da. Mitten in der Luft, die Arme an den Seiten gefangen, die Füße einen Schritt über dem Boden baumelnd. Sie schluckte schwer. Es musste der männliche Teil der Macht
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