Das Rad der Zeit 8. Das Original: Der Weg der Klingen (German Edition)
durchaus zugetraut, so zerzaust zu Bernaile zu gehen, um sie auf diese Weise zu warnen.«
»Ein stichhaltiger Gesichtspunkt«, räumte Seaine ein. »Aber wen werden wir warnen, wenn wir diese Frauen finster ansehen? Wir werden bestenfalls Aufmerksamkeit erregen.«
»So wie die Dinge liegen, Seaine, würden wir nicht einmal Aufmerksamkeit erregen, wenn wir sie kreuz und quer über das Burggelände träten.« Pevara klang, als wäre das eine erstrebenswerte Vorstellung. »Sie sind Aufständische , und ich beabsichtige, sie so hart heranzunehmen, dass sie verraten, wenn eine von ihnen auch nur einen falschen Gedanken hegt!«
Sie sprachen dieses Thema immer wieder durch. Seaine beharrte darauf, dass es genügte, wenn sie ihre Befehle sorgfältig überdächten und keine Schlupflöcher ließen. Pevara wies darauf hin, dass sie zehn – zehn! – Rebellen ungestraft durch die Gänge der Burg schreiten ließen. Seaine meinte, sie würden schließlich bestraft werden, und Pevara grollte, dass es schließlich nicht bald genug wäre. Seaine hatte die Willenskraft der anderen Frau stets bewundert, aber in Wahrheit war es manchmal nur reiner Eigensinn.
Ein leises Quietschen eines Scharniers war die einzig nötige Warnung, damit Seaine den Eidstab rasch auf ihren Schoß nahm und ihn in den Falten ihrer Röcke verbarg, als sich die Tür weit öffnete. Sie und Pevara umarmten die Quelle fast gleichzeitig.
Saerin betrat ruhig den Raum, eine Laterne in der Hand, und machte Talene den Weg frei, der wiederum mit einer zweiten Laterne die kleine Yukiri folgte, wie auch die jungenhaft schlanke Doesine, die für eine Cairhienerin groß war. Letztere schloss fest die Tür und lehnte sich dann dagegen, als wollte sie jedermann am Gehen hindern. Vier Sitzende, die alle in der Burg verbliebenen Ajahs repräsentierten. Sie ignorierten anscheinend die Tatsache, dass Seaine und Pevara Saidar festhielten. Der Raum fühlte sich für Seaine plötzlich überfüllt an. Einbildung, gewiss, aber …
»Es ist seltsam, Euch beide zusammen zu sehen«, sagte Saerin. Ihre Miene wirkte vielleicht heiter, aber sie strich mit den Fingern den Griff des gebogenen Dolchs hinter ihrem Gürtel entlang. Sie hatte ihren Sitz schon seit vierzig Jahren inne, länger als jedermann sonst im Saal, und jedermann hatte es gelernt, sich vor ihrer Gereiztheit in Acht zu nehmen.
»Dasselbe könnten wir von Euch sagen«, erwiderte Pevara trocken. Saerins Gereiztheit konnte sie niemals aus der Fassung bringen. »Oder seid Ihr hier herabgekommen, um Doesine zu helfen, etwas von ihrem Selbst zurückzuerlangen?« Trotz ihrer vornehmen Haltung ließ plötzliche Röte das Gesicht der Gelben noch mehr wie das eines hübschen Jungen aussehen und vermittelte Seaine, welche Sitzende sich den Quartieren der Roten mit unerfreulichem Ausgang zu weit genähert hatte. »Ich hätte jedoch nicht gedacht, dass Euch dies zusammenführen würde. Grüne an den Kehlen der Gelben, Braune an denen der Grauen. Oder habt Ihr sie einfach zu einem stillen Duell hier herabgebracht, Saerin?«
Seaine suchte hastig nach einem Grund, warum diese vier so tief in das Fundament Tar Valons hinabgestiegen waren. Was konnte sie verbinden? Ihre Ajahs – alle Ajahs – gingen einander wahrhaft an die Kehlen. Allen vieren waren Bußen von Elaida auferlegt worden. Keine Sitzende konnte Gefallen an Arbeit finden, besonders wenn jedermann genau wusste, warum sie die Böden oder Töpfe schrubbte, aber das bewirkte wohl kaum einen Bund. Was war es sonst? Keine war adlig geboren. Saerin und Yukiri waren die Töchter von Gastwirten und Talene die Tochter eines Bauern, während Doesines Vater ein Messerschmied gewesen war. Saerin war zunächst von den Töchtern des Schweigens ausgebildet worden, die Einzige von ihnen, welche die Stola erlangt hatte. Plötzlich kam Seaine ein Gedanke, der ihre Kehle trocken werden ließ. Saerin mit ihrem oft ungezügelten Temperament. Doesine, die als Novizin tatsächlich dreimal davongelaufen war, obwohl sie nur ein einziges Mal bis zu den Brücken gekommen war. Talene, die vielleicht mehr Bußen als jede andere Novizin in der Geschichte der Burg verdient hätte. Yukiri, die Graue, die stets als Letzte mit ihren Schwestern übereinstimmte, wenn sie einen anderen Weg gehen wollte – und übrigens auch die Letzte, die sich dem Urteil des Saals anschloss. Alle vier wurden in gewisser Weise als Aufständische angesehen, und Elaida hatte jede Einzelne gedemütigt. Konnten sie glauben,
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