Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
Närrin gemacht, so wie es die meisten Feuchtländerinnen getan hätten. Und du hast mich auf einen Gedanken gebracht …« Mit einem Seufzer hob sie das Tuch auf die Schultern. »Ich weiß, wo wir Oosquai finden. Wenn du zu betrunken zum Denken bist, dann …« Sie starrte geradeaus und blieb wie angewurzelt stehen. »Nein!«, knurrte sie. »Noch nicht!«
Eine Gestalt kam auf sie zu, die Mins Mund offen stehen ließ. Bestürzung schob Rand jenseits der bewussten Wahrnehmung. Sie hatte mitbekommen, dass es sich bei dem Generalhauptmann von Elaynes Garde um eine Frau handelte, die gleichzeitig ihre Behüterin war, aber das war es auch schon gewesen. Diese Frau hatte einen dicken, kompliziert geflochtenen goldenen Zopf über der einen Schulter des kurzen roten Mantels mit dem weißen Kragen hängen, und ihre voluminöse blaue Hose steckte in Stiefeln mit Absätzen, die mindestens so hoch wie Mins waren. Auren führten einen wilden Tanz um sie herum, Bilder flackerten, viel mehr, als Min jemals bei einer Person gesehen hatte, es mussten Tausende sein, die sich wie eine Sturzflut übereinander ergossen. Elaynes Behüterin und der Generalhauptmann der Königlichen Garde … flackerte irgendwie, so als hätte Min bereits den Oosquai getrunken. Diener, die sie erblickten, entschieden, dass auf sie Arbeit in anderen Teilen des Palasts wartete, und plötzlich standen die drei dort in dem Korridor ganz allein da. Die Frau schien Min und Aviendha erst wahrzunehmen, als sie kurz vor ihnen stand.
»Verdammt, du hast ihr dabei geholfen, nicht wahr?«, fauchte sie und richtete den glasigen Blick aus den blauen Augen mühsam auf Aviendha. »Zuerst verschwindet sie einfach aus meinem Kopf und dann …!« Sie bebte am ganzen Leib, und es kostete sie sichtlich Mühe, sich zu beherrschen, aber selbst das ließ sie schwer atmen. Ihre Knie schienen nachgeben zu wollen. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, schluckte und fuhr wütend fort. »Soll man sie doch zu Asche verbrennen, ich kann mich nicht genug konzentrieren, um es abzuschütteln! Eines sage ich dir, wenn sie das tut, was ich vermute, dann treibe ich sie quer durch den ganzen verdammten Palast, und danach werde ich sie – und dich gleich mit! – so lange mit dem Gürtel bearbeiten, dass sie einen Monat nicht sitzen kann, und wenn ich ihr vorher Spaltwurzel eintrichtern muss!«
»Meine Erstschwester ist eine erwachsene Frau, Birgitte Trahelion«, sagte Aviendha widerborstig. Ihrem Tonfall zum Trotz waren ihre Schultern nach vorn gebeugt und sie konnte den stechenden Blick der anderen Frau nicht erwidern. »Du musst aufhören, uns wie Kinder zu behandeln!«
»Wenn sie sich verdammt noch mal wie eine Erwachsene aufführt, dann werde ich sie verdammt noch mal auch so behandeln, aber sie hat kein recht, das zu tun, nicht in meinem verflixten Kopf, nein! Nicht in meinem …!« Plötzlich quollen Birgittes blaue Augen hervor. Ihr Mund klappte auf, und sie wäre gefallen, hätten Aviendha und Min ihr nicht unter die Arme gegriffen.
Sie kniff die Augen zusammen, schluchzte einmal auf und wimmerte: » Zwei Monate!« Sie schüttelte die beiden ab, richtete sich auf und fixierte Aviendha mit einem Blick so klar wie Wasser und so hart wie Eis. »Schirme sie für mich ab und ich erlasse dir deinen Teil.« Aviendhas mürrischer, empörter Blick glitt einfach von ihr ab.
»Ihr seid Birgitte Silberbogen!«, hauchte Min. Schon bevor Aviendha den Namen gesagt hatte, war sie sich dessen sicher gewesen. Kein Wunder, dass sich die Aiel-Frau benahm, als befürchte sie, dass die Drohungen auf der Stelle ausgeführt würden. Birgitte Silberbogen! »Ich sah Euch in Falme!«
Birgitte zuckte zusammen, als hätte sie ein kalter Wasserguss getroffen, dann schaute sie sich eilig um. Als ihr bewusst wurde, dass sie allein waren, entspannte sie sich. Zumindest ein bisschen. Sie musterte Min von Kopf bis Fuß. »Was auch immer Ihr gesehen habt, Silberbogen ist tot«, sagte sie grob. »Ich bin jetzt Birgitte Trahelion und das ist alles.« Einen Augenblick lang verzog sie die Lippen. »Verdammt noch mal, sogar Lady Birgitte Trahelion, wenn es Euch beliebt. Wenn ich daran etwas ändern könnte, würde ich am Muttertag ein verfluchtes Schaf küssen. Und wer seid bitte schön Ihr? Stellt Ihr immer Eure Beine zur Schau wie eine verdammte Federtänzerin?«
»Ich bin Min Farshaw«, erwiderte sie kurz angebunden. Das war Birgitte Silberbogen, die Heldin Hunderter Legenden? Die Frau war vielleicht
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