Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
sehen«, verkündete der So’jhin . Seine Aufmerksamkeit war auf Setalle gerichtet, aber er behielt Enid misstrauisch im Auge. »Falls Ihr sein Setalle Anan, dann wisst, dass das hier sein der Kapitän der Grünen Lady Egeanin Tamarath, und sie haben einen von der Hochlady Suroth Sabelle Meldarath persönlich unterzeichneten Befehl, der ihr Gemächer zuweisen.« Sein Tonfall änderte sich und wurde weniger zu einem Befehl als vielmehr zur Stimme eines Mannes, der eine Unterkunft suchte. »Natürlich Eure besten Räume, mit einem guten Bett, einem Blick auf den Platz da draußen und Kamin, der nicht qualmen.«
Mat zuckte zusammen, als der Mann sprach, und Joline, die deshalb vielleicht zu dem Schluss gekommen war, dass jemand auf sie zukam, drückte ihre Lippen auf seinen Mund und stöhnte vor Furcht. In ihren Augen funkelten unvergossene Tränen und sie zitterte in seinen Armen. Die Lady Egeanin Tamarath schaute zur Bank, auf der Joline stöhnte, verzog angewidert das Gesicht und stellte sich so hin, dass sie das Paar nicht ansehen musste. Es war jedoch der Mann, der Mat interessierte. Wie beim Licht konnte ein Illianer zu einem So’jhin werden? Und der Bursche kam ihm auch noch irgendwie bekannt vor. Vermutlich ein weiteres jener Tausende von seit langer Zeit toten Gesichtern, an die er sich widerwillig erinnerte.
»Ich bin Setalle Anan und meine besten Räume sind von Himmelslord Abaldar Yulan belegt«, erklärte Frau Anan ruhig, weder vom So’jhin noch von der Angehörigen des Blutes eingeschüchtert. Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Meine zweitbesten Räume werden von Bannergeneral Furyk Karede bewohnt. Von der Totenwache. Ich weiß nicht, ob ein Kapitän der Grünen im Rang höhersteht, aber das ist auch egal, denn Ihr werdet untereinander ausmachen müssen, wer bleibt und wer gehen muss. Ich halte mich an die feste Regel, keine seanchanischen Gäste vor die Tür zu setzen. Solange sie ihre Miete zahlen.«
Mat erstarrte und wartete auf den Zornausbruch – Suroth hätte sie für weniger auspeitschen lassen! –, aber Egeanin lächelte. »Es ist ein Vergnügen, mit jemandem zu tun zu haben, der ein bisschen Mut hat«, sagte sie mit einem breiten Akzent. »Ich glaube, Frau Anan, wir werden prächtig miteinander auskommen. Solange Ihr es mit dem Mut nicht übertreibt. Der Kapitän gibt die Befehle, die Mannschaft gehorcht, aber ich habe niemals einen über mein Deck kriechen lassen.« Mat runzelte die Stirn. Ein Schiffsdeck. Warum ließ ihn das nachdenklich werden? Manchmal waren diese alten Erinnerungen ein Ärgernis.
Frau Anan nickte, ohne den Blick zu senken. »Ganz wie Ihr meint, meine Lady. Aber ich hoffe, Ihr vergesst nicht, dass die Wanderin mein Schiff ist.« Glücklicherweise hatte die Seanchanerin Humor. Sie lachte.
»Dann seid der Kapitän Eures Schiffes«, sagte sie mit einem Kichern, »und ich bin der Kapitän der Goldenen.« Seufzend schüttelte sie den Kopf. »Das Licht sei mein Zeuge, ich nehme an, dass ich hier nur wenige im Rang übertreffe, aber Suroth wird mich in der Nähe haben wollen, also wird jemand ausziehen müssen, falls er nicht teilen will.« Plötzlich legte sie die Stirn in Falten, warf Mat und Joline einen flüchtigen Seitenblick zu und schürzte angewidert die Lippen. »Ich hoffe, Ihr lasst das nicht überall durchgehen, Frau Anan?«
»Ich versichere Euch, dass Ihr so etwas nie wieder unter meinem Dach zu sehen bekommen werdet«, entgegnete die Wirtin ungerührt.
Der So’jhin starrte Mat und die Frau auf seinem Schoss stirnrunzelnd an; Egeanin musste an seinem Ärmel zupfen, bevor er zusammenzuckte und ihr in den Schenkraum folgte. Mat grunzte verächtlich. Der Bursche konnte so lange vorgeben, genauso empört zu sein wie seine Herrin, wie er wollte; Mat hatte von den Festen in Illian gehört, und sie waren fast so schlimm wie jene in Ebou Dar, wenn es darum ging, dass Leute nur halb oder noch weniger bekleidet herumliefen. Von Da’covale oder jenen Shea-Tänzerinnen, von denen die Soldaten immer erzählten, ganz zu schweigen.
Als sich die Tür hinter dem Paar schloss, versuchte er Joline sanft von seinem Schoss zu drängen, aber sie klammerte sich an ihm fest, vergrub ihr Gesicht an seiner Schulter und schluchzte leise. Enid stieß einen tiefen Seufzer aus und sackte gegen den Arbeitstisch, als hätten sich ihre Knochen in Pudding verwandelt. Selbst Frau Anan schien erschüttert zu sein. Sie ließ sich auf den Hocker fallen, den Mat zuvor benutzt hatte,
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