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Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)

Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)

Titel: Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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und wenn Ihr so seid, ist das Eure Sache, aber nicht unter meinem Dach. Wenn Ihr Euch mit Männern treffen wollt, dann tut das an einem anderen Ort.«
    »Ich versichere Euch, Frau Shoran, ich habe mich weder hier noch woanders mit Männern getroffen.«
    Die Wirtin musterte sie misstrauisch. »Nun, einer kam und hat namentlich nach Euch verlangt. Ein hübscher blonder Mann. Kein Junge mehr, aber auch nicht besonders alt. Einer von Eurem Haufen, der seine Worte so dehnt, dass man ihn kaum verstehen kann.«
    Bethamin bemühte sich um einen beschwichtigenden Tonfall und tat ihr Bestes, die Frau davon zu überzeugen, dass sie niemanden kannte, auf den diese Beschreibung zutraf und dass sie bei ihren Pflichten für Männer keine Zeit hatte. Beides entsprach der Wahrheit, obwohl sie falls nötig gelogen hätte. Das Gasthaus war nicht requiriert worden und drei in einem Bett war einer Scheune bei Weitem vorzuziehen. Sie versuchte herauszufinden, ob die Frau möglicherweise einem kleinen Geschenk nicht abgeneigt war, wenn sie einkaufen ging, aber die Wirtin schien richtiggehend beleidigt zu sein, als sie andeutete, einen Dolch mit bunteren Edelsteinen besorgen zu wollen. Sie hatte an nichts Teures gedacht, keine Bestechung – jedenfalls keine richtige –, aber Frau Shoran schien es so aufzufassen, plusterte sich auf und runzelte indigniert die Stirn. Auf jeden Fall hatte sie nicht den Eindruck, die Meinung der Frau auch nur um ein Haar geändert zu haben. Aus irgendeinem Grund schien die Wirtin zu glauben, dass sie ihre ganze Freizeit mit Ausschweifungen verbrachte. Sie hatte die Stirn noch immer gerunzelt, als Bethamin die geländerlose Treppe an der Seite des Schenkraums emporstieg und dabei so tat, als würde sie an nichts anderes als ans Einkaufen denken.
    Doch die Identität des Mannes bereitete ihr Sorgen. Die Beschreibung sagte ihr tatsächlich nichts. Aller Wahrscheinlichkeit nach war er auf ihre Nachforschungen gestoßen, aber wenn das der Fall war, wenn er es geschafft hatte, sie bis hierhin zu verfolgen, dann war sie nicht diskret genug gewesen. Vielleicht sogar auf gefährliche Weise. Trotzdem hoffte sie, dass er zurückkam. Sie musste es wissen. Sie musste es!
    Sie öffnete die Tür zu ihrem Zimmer und erstarrte. Ihre Eisentruhe stand geöffnet auf ihrem Bett, was unmöglich war. Sie hatte ein gutes Schloss und der einzige Schlüssel befand sich in ihrer Gürteltasche. Der Dieb war noch immer da und seltsamerweise blätterte er in ihrem Tagebuch herum! Wie beim Licht war der Mann an Frau Shorans Wachsamkeit vorbeigekommen?
    Die Lähmung dauerte nur einen Augenblick lang. Sie riss den Gürteldolch aus der Scheide und öffnete den Mund, um nach Hilfe zu rufen.
    Des Gesichtsausdruck des Kerls veränderte sich nicht, er versuchte weder sie anzugreifen noch zu fliehen. Er holte bloß einen kleinen Gegenstand aus seiner Gürteltasche und hielt ihn hoch, dass sie ihn sehen konnte, und der Atem in ihrer Kehle verwandelte sich zu Blei. Wie betäubt fummelte sie den Dolch zurück in seine Scheide und streckte die Hände aus, um ihm zu zeigen, dass sie keine Waffe hielt und auch nicht versuchte, nach einer zu greifen. Zwischen seinen Fingern ragte eine in Gold gefasste Marke aus Elfenbein hervor, in die ein Rabe und ein Turm eingraviert waren. Plötzlich sah sie den Mann zum ersten Mal richtig, er war blond und in seinen mittleren Jahren. Vielleicht war er ja tatsächlich hübsch, so wie Frau Shoran gesagt hatte, aber nur eine Verrückte würde einen Sucher der Wahrheit auf diese Weise betrachten. Dem Licht sei Dank, dass sie nichts Gefährliches in ihrem Tagebuch festgehalten hatte. Aber er musste Bescheid wissen. Er hatte ihren Namen gekannt. Oh, beim Licht, er musste es wissen!
    »Schließt die Tür«, sagte er leise und steckte die Marke zurück in die Tasche. Sie gehorchte. Sie wollte fliehen. Sie wollte um Gnade bitten. Aber er war ein Sucher, also blieb sie dort stehen und zitterte. Zu ihrer Überraschung ließ er ihr Tagebuch zurück in die Truhe fallen und deutete auf den einzigen Stuhl im Zimmer. »Setzt Euch. Es gibt keinen Grund, dass Ihr es unbequem habt.«
    Langsam hängte sie ihren Umhang an den Haken und ließ sich auf den Stuhl nieder, und dieses eine Mal war ihr egal, wie unbequem die seltsame, schlangenähnliche Lehne war. Sie versuchte erst gar nicht, ihr Zittern zu verheimlichen. Selbst eine Angehörige des Blutes, sogar eine des Hohen Blutes, würde bei einem Verhör durch einen Sucher zittern. Sie

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