Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
über sie erfahren?« Bethamins Blick glitt zu Boden, sie konnte ihr nicht in die Augen sehen, und plötzlich wusste sie es. »Es sind Sul’dam , nicht wahr, Bethamin? Und man hat ihnen den Kragen angelegt, genau wie Euch.«
»Sie stehen in Suroths Diensten«, wimmerte die Frau. »Aber man erlaubt ihnen nicht, die Verbindung einzugehen. Suroth kennt die Wahrheit.«
Egeanin rieb sich müde die Augen. Vielleicht gab es ja tatsächlich eine Verschwörung. Oder Suroth verbarg, was die beiden waren, um das Reich zu schützen. Das Reich hing von den Sul’dam ab; seine Stärke gründete sich auf sie. Die Neuigkeit, dass Sul’dam Frauen waren, die fähig waren, das Lenken der Macht zu erlernen, konnte das Reich womöglich bis ins Mark erschüttern. Sie hatte es auf jeden Fall erschüttert. Sie vielleicht sogar zerstört. Sie hatte Bethamin nicht aus Pflichtbewusstsein befreit. In Tanchico hatten sich so viele Dinge verändert. Sie hing nicht länger dem Glauben an, dass jede Frau, die die Macht lenken konnte, es automatisch verdiente, an den Kragen gelegt zu werden. Verbrecher mit Sicherheit, vielleicht auch jene, die sich weigerten, dem Kristallthron den Treueid zu schwören, und … Sie wusste es nicht. Einst hatte sich ihr Leben aus felsgleichen Überzeugungen zusammengesetzt, die wie Leitsterne gewesen waren, die niemals verloschen. Sie wollte ihr altes Leben zurück. Sie wollte ein paar Sicherheiten.
»Ich dachte …«, setzte Bethamin an. Wenn sie nicht aufhörte, sich die Lippen zu lecken, würde sie bald keine mehr haben. »Meine Lady, wenn der Sucher einen … Unfall erleidet, verschwindet die Gefahr vielleicht mit ihm.« Licht, diese Frau glaubte an diese Intrige gegen den Kristallthron, und sie war bereit, sie geschehen zu lassen, um ihre eigene Haut zu retten!
Egeanin stand auf, und die Sul’dam hatte keine andere Wahl, als ihrem Beispiel zu folgen. »Ich werde darüber nachdenken, Bethamin. Ihr werdet mich jeden Tag besuchen, an dem Ihr freihabt. Der Sucher wird das erwarten. Ihr werdet nichts tun, bis ich eine Entscheidung getroffen habe. Habt Ihr verstanden? Nichts, außer Euren Pflichten nachzukommen und das zu tun, was ich Euch sage.« Bethamin verstand. Sie war so erleichtert, dass sich jemand um die Gefahr kümmerte, dass sie erneut niederkniete und Egeanins Hand küsste.
Egeanin drängte die Frau beinahe aus dem Raum, schloss hinter ihr die Tür und schleuderte den Becher in den Kamin. Er traf die Ziegel, prallte ab und rollte über den kleinen Teppich auf dem Boden. Er war verbeult. Ihr Vater hatte ihr den Satz geschenkt, als sie ihr erstes Kommando erhalten hatte. Sämtliche Kraft schien aus ihr herausgeströmt zu sein. Der Sucher hatte Mondlicht und Zufälle zu einem Strick geknüpft, der ihr nun die Luft abschnürte. Falls man sie nicht zu Besitz machte. Diese Möglichkeit ließ sie erschaudern. Was auch immer sie tat, der Sucher hatte sie in der Falle.
»Ich kann ihn töten.« Bayle ballte die Fäuste; sie waren so breit wie der Rest von ihm. »Wenn ich mich recht erinnere, sein er ein dünner Kerl. Daran gewöhnt, dass ihm jeder gehorchen. Er werden nicht damit rechnen, dass ihm jemand den Hals bricht.«
»Du wirst ihn niemals finden, um ihn töten zu können, Bayle. Er wird sie niemals zweimal am selben Ort treffen, und selbst wenn du ihr Tag und Nacht folgst, könnte er eine Verkleidung tragen. Du kannst nicht jeden Mann töten, mit dem sie spricht.«
Sie nahm die Schultern zurück und ging zum Tisch, auf dem ihr Schreibpult stand und klappte es auf. Das mit geschnitzten Wellen verzierte Schreibpult mit seinem in einem Silberhalter steckenden Glastintenfässchen und dem silbernen Sandstreuer war das Geschenk ihrer Mutter zu jenem ersten Kommando gewesen. Die sauber gestapelten Blätter trugen das ihr kürzlich zugestandene Siegel, ein Schwert und einen bewachsenen Anker. »Ich werde deine Freilassung verfügen«, sagte sie und tauchte die silberne Schreibfeder ein. »Und dir genug Geld für eine Schiffspassage geben.« Die Feder glitt über die Seite. Sie hatte immer eine gute Handschrift gehabt. Logbucheinträge mussten leserlich sein. »Nicht genug, um ein Schiff kaufen zu können, wie ich fürchte, aber es muss reichen. Du wirst mit dem ersten verfügbaren Schiff segeln. Rasier dir den Rest deines Kopfes, dann solltest du keine Schwierigkeiten bekommen. Es ist immer noch schockierend, kahlköpfige Männer ohne Perücken zu sehen, aber niemand scheint sich daran …« Sie keuchte
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