Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
alles sehr witzig. Elayne sagte kein Wort, sie antwortete nur auf die Vorschläge der Ankleidefrau bezüglich ihrer Kleidung, bis der letzte Perlmuttknopf zugeknöpft war und sie sich in Spiegel betrachtete.
»Essande«, sagte sie dann beiläufig, »sind Aviendhas Kleider bereit?« Das Gewand aus blauem Tuch mit den silbernen Stickereien würde für das ausreichen, was sie heute zu erledigen hatte.
Essandes Miene hellte sich auf. »Lady Aviendhas hübsche Seide und Spitze, meine Lady? O ja. Alles ausgebürstet und gewaschen und gebügelt und weggeräumt.« Sie zeigte auf die Garderoben, die die eine Wand säumten.
Elayne lächelte ihre Schwester über die Schulter an. Aviendha starrte die Garderoben an, als enthielten sie giftige Vipern, schluckte dann und beeilte sich, das dunkle zusammengefaltete Tuch um den Kopf zu binden.
Als Elayne Essande entlassen hatte, sagte sie: »Nur für den Fall, dass du sie brauchst.«
»Gut«, murmelte Aviendha und legte ihre silberne Halskette um. »Keine Witze mehr über die Frau, die dich anzieht.«
»Gut. Oder ich befehle ihr, dich anzuziehen. Das wäre bestimmt amüsant.«
Aviendha murmelte etwas beinahe Unverständliches über Leute, die keinen Humor hatten; sie war offensichtlich anderer Meinung. Elayne rechnete halb damit, dass sie verlangte, alle für sie besorgten Gewänder wegzugeben. Eigentlich überraschte sie es, dass sie es nicht schon längst getan hatte.
Das für Aviendha im Wohnzimmer bereitgestellte Frühstück bestand aus gepökeltem Schinken mit Rosinen, mit getrockneten Pflaumen gekochte Eier, gedörrtem Fisch mit Piniennüssen, frischem Brot mit Butter und Tee mit so viel Honig, dass er so dick wie Sirup war. Nun, das war etwas übertrieben, aber so hatte es den Anschein. Elayne nahm keine Butter auf ihr Brot, nur ganz wenig Honig im Tee und statt dem Rest heißen Haferbrei mit Kräutern, die angeblich besonders gesund sein sollten. Sie fühlte sich nicht, als wäre sie schwanger, ganz egal was Min Aviendha gesagt hatte, aber sie hatte es auch Birgitte erzählt, sobald sie mit ihrem Trinkgelage angefangen hatten. Dank der Bemühungen ihrer Behüterin, Dyelins und Reene Harfors sah sie sich nun mit einer Kost konfrontiert, die »für eine Frau in ihrem Zustand« angemessen war. Wenn sie sich aus der Küche etwas Süßes kommen ließ, kam das aus unerfindlichen Gründen nie bei ihr an, und wenn sie sich selbst dort hinunterschlich, schenkten die Köche ihr solch missbilligende Blicke, dass sie sich unverrichteter Dinge wieder davonstahl.
Eigentlich trauerte sie dem gewürzten Wein und den Süßigkeiten und den anderen Dingen, die ihr nun verboten waren, gar nicht nach – zumindest nicht sehr, ausgenommen in jenen Augenblicken, in denen Aviendha sich einen Pudding oder ein Stück Kuchen reinschaufelte. Aber jeder im Palast wusste, dass sie schwanger war. Und das bedeutete natürlich, dass sie auch wussten, wie sie in diesen Zustand gekommen war, wenn nicht durch wen. Die Männer waren nicht so schlimm, wenn man davon absah, dass sie es wussten , und sie wusste , dass sie es wussten, aber die Frauen machten sich nicht die Mühe, es zu verbergen. Ob sie es akzeptierten oder verurteilten, die eine Hälfte sah sie an, als wäre sie ein leichtes Mädchen, während die andere Hälfte es nachdenklich tat. Sie zwang sich, den Haferbrei herunterzuschlucken – eigentlich war er gar nicht so übel, aber sie hätte wirklich gern etwas von dem Schinken gehabt, den Aviendha aufschnitt, oder von den Eiern mit Pflaumen –, löffelte Haferbrei in den Mund und freute sich fast schon auf die morgendliche Übelkeit, damit sie ihren aufgewühlten Magen mit Birgitte teilen konnte.
Der erste Besucher, der an diesem Morgen ihre Gemächer besuchte, war unter den Frauen des Palasts der aussichtsreichste Kandidat für die Vaterschaft ihres gerade empfangenen Kindes.
»Meine Königin«, sagte Hauptmann Mellar und zog den mit einer Feder geschmückten Hut schwungvoll vom Kopf und verbeugte sich anmutig. »Der Erste Sekretär erwartet das Vergnügen der Gesellschaft Eurer Majestät.« Die dunklen Augen des Hauptmanns, die nie zu blinzeln schienen, verkündeten, dass er niemals Träume von den Männern haben würde, die er tötete, und die mit Spitze gesäumte Schärpe quer über seiner Brust und die Spitze an Kragen und Ärmeln ließ ihn nur noch härter aussehen. Aviendha wischte sich mit der Serviette Fett vom Kinn und betrachtete ihn ausdruckslos. Die beiden Gardistinnen zu
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