Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
Dienern diesen Vortrag gehalten. Wenn wir ein Wort vergessen, das wir hätten hören müssen, wird sie es erfahren, da könnt Ihr sicher sein.«
»Vielleicht habt Ihr recht«, sagte Alliandre nach einem Augenblick des Nachdenkens. »Aber Ihr werdet nie wieder in diesem Tonfall mit mir sprechen, Maighdin. Unsere Umstände sind schwierig, um es höflich auszudrücken, aber Ihr werdet nicht vergessen, wer ich bin.«
»Bis wir entkommen, seid Ihr Sevannas Dienerin«, erwiderte Maighdin. »Wenn Ihr Euch nicht jede Minute als Dienerin betrachtet, könnt Ihr genauso gut sofort auf diesen Spieß klettern. Und lasst noch etwas Platz für Faile und mich, weil sie uns dann ebenfalls dorthin befördern werden.«
Alliandres Kapuze verbarg ihr Gesicht, aber ihr Rücken versteifte sich mit jedem Wort mehr. Sie war intelligent und sie wusste, wie sie das, was sie zu tun hatte, erreichen konnte, aber sie hatte das Temperament einer Königin, wenn sie sich nicht zusammennahm.
Bevor sie explodieren konnte, ergriff Faile das Wort. »Bis es uns gelingt, hier wegzukommen, sind wir alle Dienerinnen«, sagte sie entschieden. Licht, das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war ein Streit unter den beiden. »Aber Maighdin, Ihr werdet Euch entschuldigen. Sofort!« Ihre Dienerin murmelte mit abgewandtem Kopf etwas, das man als Entschuldigung durchgehen lassen konnte. Sie akzeptierte es. »Und was Euch angeht, Alliandre, ich erwarte von Euch, dass Ihr eine gute Dienerin seid.« Alliandre gab einen Laut von sich, den man als halben Protest interpretieren konnte, aber Faile ignorierte ihn. »Wenn wir überhaupt eine Gelegenheit zur Flucht erhalten wollen, müssen wir tun, was man uns sagt, hart arbeiten und so wenig Aufmerksamkeit wie nur möglich auf uns ziehen.« Als hätten sie nicht bereits alle Aufmerksamkeit der Welt erregt; zumindest hatte es den Anschein. »Und wir werden Therava über alles informieren, und sei es, wie oft Sevanna niest. Ich weiß nicht, was Sevanna tun wird, wenn sie es herausfindet, aber ich glaube, wir alle haben eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was Therava tun wird, wenn wir ihren Unmut erregen.«
Das reichte, damit alle wieder schwiegen. Sie hatten eine ziemlich genaue Vorstellung, wozu Therava fähig war, und der Tod würde womöglich nicht einmal das Schlimmste sein.
Stunden später hatte sich der Schneefall bis auf ein paar verirrte Flocken fast vollständig gelegt. Dunkle, wogende Wolken verbargen noch immer die Sonne, aber Faile entschied, dass es gegen Mittag war, weil man ihnen zu essen gab. Keiner blieb stehen, aber Hunderte von Gai’shain bahnten sich mit Körben und Ranzen voller Brot und Trockenfleisch und Lederbeuteln – die diesmal Wasser statt Tee enthielten, das kalt genug war, um ihre Zähne schmerzen zu lassen – Wege durch die Marschreihe. Seltsamerweise fühlte sich Faile nicht so hungrig, wie sie nach dem stundenlangen Marsch durch den Schnee eigentlich hätte sein müssen. Perrin war einmal Geheilt worden und ihn hatte danach zwei volle Tage der Heißhunger geplagt. Vielleicht lag es ja daran, dass ihre Verletzungen so viel unbedeutender gewesen waren. Ihr fiel auf, dass Alliandre und Maighdin kaum mehr als sie aßen.
Die Heilung ließ sie an Galina denken; alle sich stellenden Fragen ließen sich auf ein ungläubiges Warum zusammenstreichen. Warum sollte eine Aes Sedai – sie musste eine Aes Sedai sein – für Sevanna und Therava im Staub kriechen? Oder für sonst jemanden? Eine Aes Sedai würde ihnen bei der Flucht helfen können. Oder auch nicht. Sie könnte sie auch verraten, falls es ihren Zwecken diente. Aes Sedai taten, was sie für richtig hielten, und das musste man akzeptieren, es sei denn, man hieß Rand al’Thor. Aber er war Ta’veren und darüber hinaus der Wiedergeborene Drache; sie war eine Frau mit derzeit sehr beschränkten Möglichkeiten, der eine ziemlich ernste Gefahr im Nacken saß. Ganz zu schweigen von den Hälsen derjenigen, für die sie verantwortlich war. Jede Hilfe würde willkommen sein, von jedem. Der kalte Wind glitt an ihr ab, während sie intensiv über Galina nachdachte, und der Schnee fing wieder an zu fallen, diesmal nur stärker, bis sie keine zehn Schritte weit sehen konnte. Sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie dieser Frau vertrauen konnte.
Plötzlich wurde sie sich bewusst, dass eine andere in Weiß gekleidete Frau, die fast vom Schneefall verborgen wurde, sie ansah. Allerdings reichte der Schnee nicht aus, um diesen breiten
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