Das Rad der Zeit 9. Das Original: In den Klauen des Winters (German Edition)
hocherhobenes Kinn drückte ihr Missfallen aus. »Annoura wird nicht erfreut mit Euch sein, wenn sie von ihrer Besprechung mit den Weisen Frauen zurückkehrt«, sagte sie entschieden. »Ihr könnt die Aes Sedai nicht einfach ignorieren. Ihr seid nicht Rand al’Thor, was sie Euch auch früher oder später beweisen werden.«
Aber sie trat aus dem Zelt und ließ eine Woge kalte Luft herein. In ihrer Verärgerung machte sie sich nicht einmal die Mühe, einen Umhang mitzunehmen. Als der Eingang kurz aufklaffte, sah er, dass es noch immer schneite. Nicht so heftig wie in der vergangenen Nacht, aber die weißen Flocken schwebten gleichmäßig herab. Jetzt würde selbst Jondyn Schwierigkeiten haben, Spuren zu finden. Er versuchte, nicht darüber nachzudenken.
Vier Kohlenpfannen wärmten die Luft im Zelt, aber sobald er die Teppiche berührte, kroch die Kälte in seine Füße, und er eilte zu seinen Kleidungsstücken. Eigentlich wankte er zu ihnen, auch wenn er keineswegs herumtrödelte. Er war so müde, dass er sich auf den Teppich hätte legen und weiterschlafen können. Darüber hinaus fühlte er sich so schwach wie ein neugeborenes Lamm. Vielleicht hatte auch der Wolfstraum etwas damit zu tun – wo er doch seinen Körper verlassen und sich so energisch darin hineinbegeben hatte –, aber vermutlich hatte das Heilen alles noch schlimmer gemacht. Da er seit dem gestrigen Frühstück nichts mehr gegessen und die Nacht stehend im Schnee verbracht hatte, hatte er keine Reserven mehr, auf die er zurückgreifen konnte. Und jetzt zitterten seine Hände bei einer einfachen Aufgabe wie dem Überstreifen der Leibwäsche. Jondyn würde sie finden. Oder Gaul. Und zwar lebend. Alles andere war egal. Er fühlte sich wie betäubt.
Er hatte nicht damit gerechnet, dass Berelain noch einmal selbst zurückkehrte, aber ein kalter Luftschwall, der ihr Parfüm mit sich trug, drang ins Zeltinnere, noch während er damit beschäftigt war, seine Hosen anzuziehen. Ihr Blick fühlte sich auf seinem Rücken wie streichelnde Finger an, aber er zwang sich dazu weiterzumachen, als sei er allein. Er würde ihr nicht die Befriedigung geben, zusehen zu können, wie er sich beeilte, nur weil sie ihn beobachtete. Er würdigte sie keines Blickes.
»Rosene bringt warmes Essen«, sagte sie. »Ich fürchte, wir haben nur Hammeleintopf, aber ich habe ihr gesagt, sie soll genug für drei Männer auftischen.« Sie zögerte und er hörte, wie sich ihre Schuhe auf dem Teppich bewegten. Sie seufzte leise. »Perrin, ich weiß, dass Ihr leidet. Es gibt Dinge, die Ihr sagen möchtet, die Ihr aber keinem anderen Mann sagen könnt. Ich habe nicht gesehen, dass Ihr Euch an Linis Schulter ausweint, also biete ich Euch meine an. Wir könnten einen Waffenstillstand schließen, bis Faile gefunden ist.«
»Einen Waffenstillstand?« Er beugte sich vorsichtig herab, um einen Stiefel anzuziehen. Vorsichtig, damit er nicht umkippte. Dicke Wollsocken und Ledersohlen würden seine Füße bald wieder erwärmt haben. »Wozu brauchen wir einen Waffenstillstand?« Sie schwieg, während er den anderen Stiefel anzog und die Stulpen oberhalb der Knie umschlug, und ergriff erst wieder das Wort, als er die Schnüre seines Hemds zugezogen und es sich in den Hosenbund gestopft hatte.
»Also gut, Perrin. Wenn Ihr es so haben wollt.« Was auch immer das bedeuten sollte, sie klang sehr entschlossen. Plötzlich fragte er sich, ob ihn seine Nase im Stich gelassen hatte. Ihrem Geruch zufolge war sie beleidigt, war das zu glauben? Andererseits schimmerte in diesen großen Augen ein Funken Wut. »Seit kurz vor Tagesanbruch treffen die Männer des Propheten ein«, sagte sie mit scharfer Stimme. »Soweit ich weiß, ist er selbst noch nicht hier. Bevor Ihr ihm das nächste Mal gegenübertretet …«
»Sie treffen ein?«, unterbrach er sie. »Masema hat zugestimmt, nur eine Ehrenwache mitzubringen, einhundert Mann.«
»Wozu auch immer er sich bereit erklärt hat, als ich das letzte Mal nachgesehen habe, waren es drei- oder viertausend Mann – ein Heer von Raufbolden, anscheinend jeder Mann aus der näheren und ferneren Umgebung, der einen Speer tragen kann –, und mehr strömen aus jeder Richtung herbei.«
Eilig zog er den Mantel über, schnallte den Gürtel darüber zu und richtete das Gewicht seiner Axt an seiner Hüfte. Es fühlte sich immer schwerer an, als es sollte. »Das werden wir ja sehen! Ich werde sein mörderisches Ungeziefer doch nicht als unnötigen Ballast
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