Das Rätsel deiner Leidenschaft
war, warum er sich jetzt in der dunklen Gasse hinter Miss Tobias' Laden versteckte. Er nahm ein Werkzeug aus der Tasche und steckte das scharfe Ende in das Schlüsselloch der Hintertür des Ladens. Ein paar vorsichtige Bewegungen, und schon hörte er das Schloss nachgeben. Leise drückte er die Tür auf, die Gott sei Dank nicht einmal knarrte.
Der Raum, den er betrat, war dunkel und still und diente offenbar als Lagerraum. Einen Moment lang regte Max sich nicht und ließ seinen Augen Zeit, sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Zum Glück fiel genügend Licht durch die beiden Fenster an der hinteren Wand, um sich einigermaßen orientieren zu können.
Es war ein sehr aufgeräumter, karg möblierter Raum. Ein langes Regal mit verschiedenen Ingredienzen, leeren Tiegeln und anderen Glasgefäßen säumte die gegenüberliegende Wand. Kräuterbündel hingen zum Trocknen über den Fenstern. Vor Max lag der mit einem Vorhang versehene Durchgang zum Geschäft, und zu beiden Seiten dieses Durchgangs standen Schränke. Zu seiner Linken befand sich eine Treppe, die seinen Erkundigungen zufolge in die über dem Geschäft gelegenen Wohnräume führte, in denen Sabine und ihre Tanten seit ungefähr sechs Monaten lebten.
Max trat weiter in den Raum hinein und war sich nicht einmal sicher, was genau er eigentlich suchte. Aber Sabine Tobias musste etwas über Atlantis wissen. Warum wäre sie wohl sonst so geheimnistuerisch mit ihrem Wunsch nach seiner Karte?
Er wusste, dass es außer ihm noch andere Leute gab, die das verlorene Inselreich suchten. Einigen ging es dabei um Schätze, da es hieß, Poseidon habe die gesamte Akropolis aus purem Gold erbauen lassen. Andere wiederum interessierten sich für uralte Texte mit medizinischen Geheimnissen, weil die Atlantider angeblich auf allen wissenschaftlichen Gebieten große Fortschritte erzielt hatten. Wieder andere suchten den Quell der Jugend oder die heilenden Wasser, die angeblich durch die Kanäle in Atlantis flossen.
Max dagegen wollte alles . Er wollte die eigentliche Stadt finden. So wie Pompeji unter Bergen von Asche verloren gegangen war, so musste Atlantis unter den Gewässern des Atlantischen Ozeans liegen, glaubte er. Er war jedoch nicht so dumm zu glauben, dass es unbeschadet geblieben war. Die Wasserausspülung würde sicher viel von dem sagenhaften Land zerstört haben. Aber irgendetwas existierte unter der Oberfläche, und er hatte die Absicht, es zu finden.
Er konnte gar nicht anders, als der Möglichkeit nachzugehen, dass es einen neuen Hinweis gab, schon gar nicht, wenn er in einer solch verlockenden Verpackung daherkam wie Miss Tobias.
Leise schlich er weiter, um sich die Gegenstände auf den Regalen genauer anzusehen. Neben getrockneten Kräutern und Ölen fand er Lanolin und Glycerin und alle anderen Arten von Ingredienzen. Ein Korb mit Seidenbändern stand neben den leeren Glasgefäßen.
Was war das für eine Creme, die Cassandra gekauft hatte? Irgendeine glättende Gesichtscreme oder so etwas. Und Sabine wollte seine Landkarte. Also war auch sie auf der Suche nach einem Schatz, wenn auch einem von ganz anderer Art. Sie war hinter dem Quell der Jugend her; das musste der Grund sein, dass sie ihn aufgesucht hatte.
Max fuhr fort, den Inhalt der Regale durchzusehen, aber er fand weder geheime Bücher noch Texte oder irgendetwas anderes, das einen Hinweis darauf gäbe, was Sabine von der Karte wissen könnte.
Bisher war seine Suche ergebnislos gewesen. Das Beste wäre wahrscheinlich, sich umzudrehen und zu gehen. Falls Sabine etwas zu verbergen hatte, bewahrte sie es wahrscheinlich oben in der Wohnung auf, und er konnte nicht riskieren, dorthinauf zu schleichen. Aber er hatte noch nie einem interessanten Rätsel widerstehen können, und es sah ganz so aus, als könnte Sabine Tobias sich als das Interessanteste erweisen, dem er seit langer Zeit begegnet war.
Vorsichtig näherte er sich dem Durchgang zum Laden. Vielleicht war in den Schränken dort etwas verborgen. Der Boden knarrte unter seinem Gewicht, und Max verharrte. Da war noch ein anderes Geräusch ...
Der Türknauf hinter ihm bewegte sich. Noch jemand versuchte hereinzukommen. Vielleicht Miss Tobias, die spät von einem weiteren Abend beim Glücksspiel zurückkehrte? Schnell huschte Max zur anderen Seite der Treppe und verbarg sich in der kleinen Nische darunter.
Die Tür ging auf, und zwei Männer stapften herein. Draußen vor der Tür konnte Max noch eine Stimme hören. Drei Männer, von denen einer
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