Das Rätsel deiner Leidenschaft
uns ihn nach oben bringen«, sagte Sabine, während sie stützend einen Arm um seine Taille schlang. »Komm ja nicht auf dumme Ideen«, warnte sie ihn in Erinnerung an seinen heißen Kuss unter der Treppe und versuchte, seinen flachen Bauch und muskulösen Rücken zu ignorieren.
Max lachte leise, erlaubte ihr aber, ihn die Treppe hinaufzuführen.
Sie betraten die kleine Küche, wo Sabine ihm auf einen der Stühle half. Dabei war ihr nur allzu deutlich bewusst, wie beengt der Raum sich durch Max' beeindruckende männliche Präsenz anfühlte. Ihre Tanten begannen sofort bereitzustellen, was sie brauchten: eine kleine Schüssel Wasser, eine Pinzette, saubere Tücher und einige behelfsmäßige Verbände. Für einen Moment fühlte sich Sabine wieder in die Küche ihres Cottages in Essex zurückversetzt, wenn sie sich auf die Behandlung eines Dorfbewohners vorbereitete, der einen Unfall mit einer Hacke gehabt hatte oder der nach dem Genuss von zu viel Whisky in eine Prügelei geraten war. Dort war alles friedlich gewesen, aber hier in London fand das Leben in einem viel schnelleren Rhythmus statt, und obwohl sie sich immer für eine ruhige Person gehalten hatte, machte die Hektik sie nervös.
Aber sie waren nicht in Essex, und dieser Mann war keiner der ihren. Er wusste nichts von ihren Gebräuchen oder Fähigkeiten. Und sie riskierte viel, wenn sie diese preisgab, aber sein Gesicht war mittlerweile besorgniserregend blass, und sein Rock war schwer von dem verlorenen Blut. Nein, dachte Sabine, wir haben keine andere Wahl; sie konnten auf keinen Fall riskieren, dass er verblutete oder eine lebensgefährliche Infektion bekam.
»Vergesst nicht die Salbe«, sagte Sabine.
»Sicher?«, fragte Lydia, und ihre drei Tanten wechselten einen Blick.
»Ja«, sagte Agnes. »Wir werden die Salbe brauchen.«
Lydia würde Agnes' Entscheidung nicht infrage stellen. Als Wächterin war sie die Heilerin, und das Elixier würde benutzt werden, wie sie es für richtig hielt. Bei einem Dorfbewohner hätten sie nicht einmal innegehalten, um sich seine Anwendung zu überlegen. Aber dieser Fremde würde sich wundern, wenn seine Wunde zweimal so schnell heilte, wie sie es normalerweise täte.
Während Agnes weitere Anweisungen erteilte, streifte Sabine Max den Rock ab.
Unterhalb seiner rechten Schulter war sein weißes Hemd blutdurchtränkt.
»Verdammt!«, fluchte er.
Calliope reichte ihm ein Glas, randvoll mit einer dunkelroten Flüssigkeit. »Hier, das wird gegen die Schmerzen helfen.«
»Eine Frau nach meinem Geschmack.« Er hob das Glas zu einem Toast und zuckte dabei vor Schmerz zusammen. »Danke«, sagte er und stürzte den Inhalt in einem Zug hinunter.
Dann versuchte er, mit einer Hand sein Hemd zu öffnen, aber es dauerte zu lange, deshalb klopfte Sabine ihm auf die Finger und schob sie weg. »So«, sagte sie und öffnete schnell die Knöpfe, obwohl sie hätte schwören können, dass ihre Finger ein wenig zitterten. Wozu überhaupt kein Grund bestand, da sie Agnes oft genug geholfen hatte, verletzte Männer zu versorgen. Sie zog Max das Hemd aus und legte seine Wunde frei.
Sie war mit Blut verklebt, sodass sie von der eigentlichen Schusswunde nicht genug erkennen konnte, um den wahren Schaden einzuschätzen. Ohne Vorwarnung drückte sie einen nassen Lappen an die Wunde. Kleine Rinnsale von Blut und Wasser liefen seinen Arm hinab.
»Das brennt«, knurrte er.
Aber Sabine musste die Wunde reinigen. In ihrer Entschlossenheit, seinen beeindruckenden Körperbau zu ignorieren, gerieten ihre Bemühungen vielleicht ein wenig gröber als beabsichtigt. »Nehmen Sie sich zusammen«, ermahnte sie ihn. »Außerdem ist die Wunde nicht sehr tief.« Sie schaute Agnes an, während sie Max so offensichtlich anlog.
Agnes nickte fast unmerklich.
Sabine hoffte, er würde nicht merken, wie tief die Wunde wirklich war. Das Beste für alle war, ihn davon zu überzeugen, dass die Verletzung nicht so schlimm sei, damit er sich nicht über den schnellen Heilungsprozess wunderte. Sie mussten die Wunde versorgen und Max nach Hause schicken, bevor er misstrauisch wurde. Jetzt, da der Auserwählte nach Agnes suchte, mussten sie noch wachsamer als gewöhnlich sein.
Ein kalter Schauder lief über Sabines Rücken. Und wenn nun dieser Mann der Auserwählte war? Sie hielt mitten in der Bewegung inne und sah Max in die Augen – in diese klaren blauen Augen, in denen echter Schmerz zu sehen war. Nein, Madigan hätte es gewusst, wenn Max der Auserwählte wäre.
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