Das Rätsel deiner Leidenschaft
worden war. Vielleicht von seinem Mörder. Jedenfalls hatte Phinneas den Brief versteckt, was darauf schließen ließ, dass er heikle Informationen enthalten könnte, wie möglicherweise die Identität des dritten Wächters. Sabine musste das in Erfahrung bringen, bevor sie mit Max darüber sprach.
Sie hatte nichts an den Füßen und trug nur ihren Unterrock. Ohne die Decke, die sie im Bett gewärmt hatte, bekam sie eine Gänsehaut von der kühlen Nachtluft, die durch die offenen Fenster hereinströmte.
Sie hielt kurz inne, um ihre Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Max' ruhige Atemzüge auf seinem Nachtlager auf dem Boden verrieten ihr, dass er schlief. Sie blieb einen Moment vor ihm stehen, und ihr Blick glitt bewundernd über seine nackte Brust. Dann schlich sie so leise, wie sie konnte, auf Zehenspitzen an seiner schlafenden Gestalt vorbei und stahl sich ebenso lautlos die dunkle Treppe hinunter. In der Küche zündete sie eine Kerze an, deren sanfter Schein den kleinen Raum erhellte.
Sie schickte sich gerade an, den Brief aus der Mehldose zu nehmen, in der sie ihn am Abend versteckt hatte, als sie die Treppen knarren hörte. Mitten in der Bewegung hielt Sabine inne.
»Was suchst du?«, fragte Max, dessen Stimme im Halbdunkel des Zimmers noch tiefer und verführerischer klang als sonst.
Sabines Herz pochte wie verrückt. Sie holte tief Luft, als ein starkes Schuldgefühl sie beschlich. Max hatte einen ganzen Stapel Briefe sowie Phinneas' Buch gefunden und ihr beide Funde übergeben.
Niemand durfte wissen, dass Agnes' der dritte – und letzte – Wächter war, und Sabine hatte Max schon weit mehr anvertraut, als sie es hätte dürfen. Aber dieses Geheimnis musste sie für sich behalten, und bis sie sicher sein konnte, dass es in dem Brief nicht erwähnt wurde, konnte sie ihn Max nicht zeigen.
Bevor sie sich zu ihm umdrehte, klopfte sie das Mehl von ihrer Hand und steckte den Brief verstohlen in das Mieder ihres Unterkleids. »Nichts«, sagte sie, um seine Frage zu beantworten.
Sabine wandte sich um und sah seinen brennenden Blick über sie gleiten. Sie wusste, dass er mehr von ihren Kurven sah, als gut für sie beide war, dass er sie abschätzte und sie begehrte. Erinnerungen an seine Hände auf ihrem Körper, seinem Mund auf ihrem überfluteten sie. Sie begehrte ihn, aber ihr war auch bewusst, dass sie, was Max anging, mit dem Feuer spielte.
Andererseits würde sein Verlangen nach ihr die perfekte Ablenkung sein und ihr eine Chance geben, aus der Küche herauszukommen, ohne dass er den Brief entdeckte. Langsam ging sie auf Max zu und rief sich alles in Erinnerung, was Agnes ihr über Männer gesagt hatte. Sie waren leicht zu manipulieren und in den Griff zu bekommen, wenn man die richtige Berührung, den perfekten Ton anwandte. Sie hatte das bei Max schon während des Pokerspiels gesehen. Als sie sich an den Tisch gesetzt hatte, war er so abgelenkt von ihr gewesen, dass er mehr als eine Runde verloren hatte. Und deshalb entspannte sie sich ganz bewusst und rief sich den Grund ihres Hierseins und ihre Verpflichtung ihrer Familie gegenüber in Erinnerung.
Mit einem Finger strich sie über seine nackte Brust und bemühte sich, nicht zu fühlen, wie fest und muskulös sein Oberkörper war. Als seine Muskeln sich unter ihrer Berührung anspannten, hätte sie am liebsten beide Hände auf seine Brust gelegt, um jeden Zentimeter dieser harten, durchtrainierten Muskeln zu erkunden.
»Ich konnte nicht schlafen und wollte sehen, ob es hier irgendetwas zu essen gibt«, sagte sie. »Ich hatte plötzlich Hunger.«
»Und?«, fragte er und sah sie mit seinen stahlblauen Augen an. »Hast du etwas ... Appetitanregendes gefunden?«
Sabine erlaubte es sich, ihren Blick langsam bis zu seiner Taille hinabgleiten zu lassen. Sein Bauch war flach und so perfekt wie der einer griechischen Statue. Sie schluckte, als sie einen trockenen Mund bekam, und sah ihm wieder in die Augen. »Leider nicht.«
»Bist du sicher?« Er trat dicht vor sie und senkte seinen Kopf an ihr Ohr. Sein heißer Atem brachte ihr Herz wie wild zum Klopfen und verursachte ihr eine Gänsehaut.
Und weil sie nicht wusste, ob er nur ihre Flirtversuche erwiderte oder ob er Verdacht geschöpft hatte, tat sie das Einzige, was ihr einfiel, um ihn von weiteren Fragen abzuhalten: Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste ihn.
Seine sanften Lippen reagierten augenblicklich, als sie sich an ihn schmiegte und ihn so leidenschaftlich küsste, als hätte
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