Das Rätsel der dritten Meile
den Fall, daß sie ihn falsch eingeordnet hätten. Alles Fehlanzeige. Meiner Meinung nach gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder sie haben dort im Krankenhaus seine Karte verschlampt, oder aber Sie haben sich geirrt, und Browne-Smith war gar kein Blutspender», sagte er und sah Morse ruhig an.
Morse schien sich geschlagen zu geben, denn er schwieg. Doch dann erschien plötzlich ein triumphierendes Lächeln auf seinem Gesicht. «Haben Sie auch unter dem Buchstaben W nachgesehen?»
«Aber wieso denn unter W?» Lewis blickte ihn an, als zweifle er an seinem Verstand.
«Fiel mir nur gerade so ein. Aber lassen wir das jetzt. Ich habe ein paar Neuigkeiten für Sie.»
Er berichtete dem Sergeant, was er erlebt hatte und schob ihm zum Schluß den Bogen mit den beiden auf Browne-Smiths respektive Westerbys Maschine getippten Sätzen hinüber.
«Fällt Ihnen was auf, Lewis?»
Lewis überflog die beiden Sätze und schüttelte dann langsam den Kopf. «Nein, eigentlich nicht, Sir.»
«Aber Lewis, so sehen Sie doch mal richtig hin! Das springt doch sofort ins Auge! Der zweite Satz ist auf derselben Maschine geschrieben wie der Brief, den wir in der Hosentasche des Toten gefunden haben!»
Lewis stieß einen anerkennenden Pfiff aus. «Donnerwetter! Und Sie sind sich da ganz sicher, Sir?»
« Lewis! » Morse’ Blick, eine Mischung aus Verletztheit und Empörung, veranlaßte Lewis, alle weiteren Einwände herunterzuschlucken. «Aber das ist noch nicht alles», fuhr Morse in kaum gebrochener Begeisterung fort und gab Lewis den Zettel, den ihm der Rektor des Lonsdale College vor ein paar Tagen ausgehändigt hatte — jenen merkwürdigen Zettel, der von unbekannter Hand beim Pedell hinterlegt worden war und auf dem Browne-Smith überraschend mitgeteilt hatte, daß er für einige Zeit abwesend sein werde.
«Na?» fragte er, als Lewis gelesen hatte.
«Wieder dieselbe Maschine, Sir?» fragte Lewis unsicher.
«Ganz genau, Lewis. Jetzt ist es Ihnen also auch aufgefallen. Als nächstes werden Sie also...»
«Eine Frage hätte ich aber schon noch, Sir, wenn Sie erlauben. Wissen Sie noch ganz genau, welchen Satz Sie auf welcher Maschine getippt haben?»
«Aber natürlich, Lewis. Den zweiten Satz habe ich auf der Maschine von Westerby getippt.»
Er sah rundherum glücklich aus — wie ein Kind, das endlich ein lange erwartetes Geschenk erhalten hat.
Während Lewis sich wie befohlen auf den Weg zum Lonsdale College machte, um die Schreibmaschine auf alle Fälle erst einmal sicherzustellen, nahm Morse, dem inzwischen sein Zahn wieder eingefallen war, ein paar Penicillintabletten und überlegte sich dann, welche Fragen er diesem Andrews stellen würde, wenn er käme.
Fünfzehntes Kapitel
Donnerstag, 24. Juli
Morse erhält von zwei Seiten Hinweise, die ein Licht auf das werfen, was in Dr. Browne-Smiths Hirn vorgegangen sein mochte.
Andrews (ein ordentlicher Mann, wie Browne-Smith unlängst über ihn geurteilt hatte) war, wie sich herausstellte, ungefähr in Morse’ Alter. Er war kaum mehr als mittelgroß, schlank, trug eine Brille und wirkte wie jemand, der genau wußte, was er wollte. Auf Morse’ Frage erklärte er, daß er im Augenblick unter den wenigen noch im College verbliebenen Professoren der dienstälteste sei und er in dieser seiner Funktion als der zur Zeit Verantwortliche energisch Widerspruch erhebe gegen die Behandlung, die der Collegesekretärin durch ihn, Morse, heute morgen widerfahren sei. Was übrigens seine Frage angehe, so habe er sich erkundigt: Ja, am Freitag, dem 11. Juli, habe es im College zum Frühstück Bückling gegeben.
Morse mochte ihn ungeachtet der scharfen Kritik, die er von seiner Seite hatte hinnehmen müssen, sofort und beeilte sich deshalb zu erklären, wieso er überhaupt im College Nachforschungen anstelle. Der Rektor habe ihm vor seiner Abreise seine Besorgnis über Browne-Smiths Abwesenheit anvertraut und ihn gebeten, .
Andrews lächelte und sagte: «Ich danke Ihnen, daß Sie mich über den Hintergrund Ihres Interesses informiert haben. Ich denke, ein Vertrauen ist des anderen wert. Vielleicht interessiert es Sie zu wissen, daß auch ich vom Rektor über seine Besorgnis informiert wurde. Ich fand seine Befürchtungen allerdings etwas übertrieben - schließlich hat Browne-Smith uns ja, wie ich hörte, zwischenzeitlich eine Nachricht zukommen lassen.»
«Es ist eine Nachricht hinterlassen worden, das ist richtig...»
«Wollen Sie damit andeuten,
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