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Das Rätsel der dritten Meile

Das Rätsel der dritten Meile

Titel: Das Rätsel der dritten Meile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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sei, doch er habe ihr entgegnet, es sei alles nur ein Jux, und sie solle keine Spielverderberin sein. Schöner Jux! Außer ihr sei noch eine andere Frau an der Sache beteiligt gewesen, blond und sehr attraktiv, vermutlich eine Hostess aus einem der besseren Clubs in Soho. Sie und diese andere Frau seien von Albert in Cambridge Way über ihre Aufgaben instruiert worden. Dann sei der Mann gekommen, und sie habe ihn zu der Wohnung im ersten Stock geführt (ja, Mr. Westerbys Wohnung, aber der sei ja noch nicht eingezogen gewesen), wo die Blonde auf ihn gewartet habe. Sie habe die beiden dann allein gelassen. Nach etwa einer Stunde sei Albert zu ihr gekommen (sie habe im obersten Stock in einer leeren Wohnung gewartet), um ihr zu sagen, daß alles ganz nach Wunsch laufe. Sie sei ein gutes Mädchen und solle jetzt die ganze Geschichte möglichst schnell wieder vergessen.
    Sie hatte eine lebhafte, angenehme Stimme, und je länger Morse ihr zuhörte, um so sympathischer wurde sie ihm. «Diese andere Frau», begann er, «wissen Sie ihren Namen?»
    «Mir wurde gesagt, ich solle sie Yvonne nennen.»
    «Hat sie Ihnen erzählt, wo sie sonst arbeitet, oder wo sie wohnt?»
    «Nein. Sie war sehr zurückhaltend. Eine Dame eben. Jemand mit Klasse, wenn Sie verstehen, was ich meine. Gute Figur, dezentes Make-up, elegante Kleidung.»
    «Sie können mir also nicht sagen, wo sie wohnt?»
    «Nein, aber Sie können Albert fragen, der wird es wohl wissen.»
    «Haben Sie eine Ahnung, wo sich Ihr Mann zur Zeit aufhält?»
    Sie schüttelte den Kopf. «Bei seinem Beruf weiß man das doch nie; er ist ja dauernd unterwegs. Er hat mir gesagt, daß er ein paar Umzüge in den Midlands habe und noch einen nach Schottland, aber wann und wo...» Sie schüttelte den Kopf. «Wenn er da ist, ist er da.»
    Morse spürte, daß ihn ihre Haltung anrührte. Sie war auf ihre Art eine tapfere Frau — er hoffte, tapfer genug, um die Nachricht, die er ihr irgendwann in den nächsten Minuten würde überbringen müssen, zu ertragen. Ein wenig würde er die Eröffnung noch hinausschieben, denn hinterher, das wußte er von ähnlichen Gelegenheiten früher, würde er kaum noch etwas von ihr erfahren können.
    «Bitte erzählen Sie mir doch alles, das Ihnen an dieser Yvonne aufgefallen ist.»
    «Aber ich habe sie doch nur wenige Minuten gesehen...»
    «Haben Sie sich mit ihr unterhalten?»
    «Ja, schon...»
    «Und Sie haben keine Idee, wo ich sie finden könnte?»
    «Ich glaube, sie wohnt irgendwo südlich der Themse.»
    «Ich brauche einen Straßennamen und eine Hausnummer. Nun kommen Sie schon, Mrs. Gilbert, geben Sie sich etwas Mühe, und denken Sie nach!»
    Er hatte sie zu hart angefaßt. Sie vergrub das Gesicht zwischen den Händen und begann zu weinen. Morse saß ratlos daneben und wußte nicht, was er tun sollte. Doch es war auch gar nicht nötig, daß er etwas tat. Mrs. Gilbert war daran gewöhnt, mit ihrem Kummer allein fertigzuwerden. Nach einer Weile hob sie den Kopf, schneuzte sich, wischte die Tränen ab und entschuldigte sich bei ihm für die, wie sie es nannte, (alberne Reaktion).
    «Wenn Sie noch etwas wissen möchten, Inspector...»
    «Haben Sie eigentlich Kinder?»
    Sie schüttelte den Kopf. Plötzlich hatte Morse das Gefühl, ihr endlich die Wahrheit sagen zu müssen. Er stand auf, legte ihr die Hand auf die Schulter und sagte ohne Überleitung: «Sie müssen jetzt sehr tapfer sein, Mrs. Gilbert, ich fürchte, ich habe eine schlechte Nachricht für Sie — Ihr Mann ist tot.»
    Mit einer heftigen Bewegung griff sie nach seiner Hand und hielt sie fest. Morse setzte sich neben sie auf das Sofa und gab sich Mühe, ihr die näheren Umstände so schonend wie möglich beizubringen.
    Als er fertig war, ließ sie seine Hand los und stand, ohne irgendwelche Fragen zu stellen, auf. Sie zündete sich eine Zigarette an, trat ans Fenster und starrte mit tränenblinden Augen hinaus auf das Staubecken, wo ein einsamer Schwan elegant und scheinbar anstrengungslos durch das stille Wasser glitt. Als sie sich wieder umdrehte, schien sie ruhig und gefaßt. Morse sah sie an, und zum erstenmal glaubte er zu erkennen, daß sie einmal sehr schön gewesen sein mußte. Aber das war viele Jahre her...
    «Ich habe Sie eben angelogen, Inspector», begann sie. «Diese andere Frau — ich weiß, wer sie ist. Sie war keine Unbekannte für mich, als wir uns im Cambridge Way trafen. Mein Mann kommt gelegentlich...» sie stockte «...kam, muß ich ja jetzt wohl sagen, mit den

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