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Das Rätsel der Fatima

Das Rätsel der Fatima

Titel: Das Rätsel der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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wird schon reden.« Ein grimmiges Lächeln huschte über sein Gesicht. »In diesem Augenblick steht der feige Mörder nämlich vor meinem Vater. Und den Khan anzulügen, das hat noch niemand gewagt.«
    »Und der Diener? Hat man ihn schon befragt?«
    Tolui schüttelte den Kopf. »Der Schurke hat sich selbst gerichtet. In einem Anfall von Reue hat er sich das Messer in die Brust gestoßen. Vielleicht war ihm der Gedanke, bei einer derart ruchlosen Tat der Helfer gewesen zu sein, unerträglich. Und bald wird diesen feigen Hund Maffeo ein ähnliches Schicksal ereilen. Ich hoffe, dass mein Vater ihn an die Sättel von vier Pferden binden lässt, die seinen Körper in Stücke reißen, oder…«
    »Tolui!«, rief Beatrice entsetzt aus. »Vergiss nicht, dass Maffeo auch dein Freund ist. Er hat dir nie etwas Böses getan.«
    »Das mag sein. Doch jetzt hat er sein wahres Gesicht gezeigt.«
    Beatrice schwieg. Es hatte keinen Sinn, mit Tolui zu reden. Er war so voller Hass und verbohrt in seiner einmal gefassten Meinung, dass jedes Wort vergeudet war. Da kam ihr eine Idee. Es war nur ein vager Hauch von einer Hoffnung, aber immerhin. Sie musste dem nachgehen.
    »Komm mit, Tolui, wir wollen uns gemeinsam den Diener ansehen.« – »Welchen Diener?«
    »Maffeos Diener, den, der Selbstmord begangen hat.«
    »Den Toten?« Toluis Stimme klang entsetzt.
    »Ja. Ich will mich davon überzeugen, dass er sich wirklich selbst gerichtet hat und dabei nicht nachgeholfen wurde.«
     
     
    Heimlich drangen sie in den Raum ein, in dem der tote Diener lag und auf seine Bestattung wartete. Der Leichnam ruhte auf einer schmucklosen Bahre aus Bambusstäben, eine einzige Räucherschale stand zu seinen Füßen, es gab keine Kerzen. Kein Vergleich zu Dschinkims Aufbahrung. Aber natürlich gab es zwischen den beiden Unterschiede – der eine war Herr, der andere Diener; der eine Opfer, der andere sein – wenn vielleicht auch unbeabsichtigter – Mörder.
    Der Diener war bereits in ein großes weißes Baumwolltuch gehüllt. Neugierig sah Tolui zu, wie Beatrice die Leiche langsam und vorsichtig wieder auswickelte. In seinem Gesicht wechselten Ekel und Faszination einander rasch ab.
    Beatrice betrachtete den Toten eingehend. Er war Chinese, zwischen fünfundzwanzig und dreißig Jahre alt und sehr schlank. Er trug die Kleidung, die alle Diener am Hof des Khans trugen – eine weite weiße Hose und darüber ein weites weißes Hemd mit hochgeschlossenem Kragen. Auffällig waren nur seine neuen Schuhe aus goldbestickter purpurfarbener Seide und der hässliche rot geränderte Riss, der über seiner linken Brust klaffte. Darunter war die Stichwunde zu sehen. Die Waffe lag neben ihm. Jemand hatte den Dolch aus seiner Brust entfernt. Offensichtlich sollte er nicht mit einem Dolch in der Brust ins Jenseits gehen. Dann glitt ihr Blick wieder zu den Schuhen.
    »Purpur für einen Diener?«
    »Was?«
    »Ach nichts. Ich habe nur laut nachgedacht. Wie hat man ihn gefunden?«, fragte Beatrice Tolui und tastete behutsam die Wunde ab.
    »Er lag in der Dienerkammer auf seinem Bett, auf dem Rücken. Mit beiden Händen hielt er den Dolch umklammert, den er sich selbst ins Herz gestoßen hat.«
    »Ich wäre da nicht so voreilig«, sagte Beatrice und suchte erfolglos nach weiteren Verletzungen am Körper des Toten. »Ich mag mich täuschen, aber für einen Stich ins Herz hat er nur sehr wenig geblutet.«
    Tolui sah sie verständnislos an. »Und?«
    »Wenn er nicht durch Zufall sein eigenes Herz wie ein Profi getroffen hat und der Tod innerhalb von Sekunden eingetreten ist, kann das nur bedeuten, dass er bereits tot war. Und das wiederum heißt, dass er es wohl kaum selbst getan haben kann.«
    Tolui runzelte die Stirn. »Aber hätten wir dann nicht Spuren eines Kampfs sehen müssen?«
    »Nicht, wenn er bereits tot war, als man ihn in sein Bett legte. Vielleicht wurde er an einem anderen Ort getötet und anschließend in sein Zimmer gebracht. Und vor allem…« Sie hatte plötzlich eine Idee. Eine Geschichte aus der Rechtsmedizin-Vorlesung fiel ihr ein. Der Professor hatte von einem Arzt berichtet, der auf dem Totenschein »Natürlicher Tod« eingetragen und dabei die Stichwunde am Rücken des Toten übersehen hatte. »Hilf mir bitte, ihn umzudrehen.«
    Gemeinsam drehten sie den Diener auf die Seite. Das hatte vorher bestimmt noch niemand getan. Trotzdem wurden ihre Hoffnungen enttäuscht. Am Rücken war keine weitere Wunde zu erkennen. Schade. Ihre Theorie vom heimtückischen

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