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Das Rätsel der Fatima

Das Rätsel der Fatima

Titel: Das Rätsel der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Gutes bewirken. Aber überall dort, wo das Licht besonders hell erstrahlt, sind auch die Schatten ungewöhnlich dunkel. Der Stein der Fatima weckt leider in einigen Menschen Habgier, Neid und Ehrgeiz. Vielleicht werde ich dir eines Tages davon erzählen.« Er seufzte wieder. »Aber nicht heute. Für einen Tag haben wir beide genug erfahren, worüber es sich lohnt, nachzudenken. Außerdem bist du noch geschwächt. Du solltest dich ausruhen.«
    Beatrice runzelte unwillig die Stirn. Wollte Maffeo wirklich das Gespräch an einem Punkt abbrechen, an dem es gerade erst anfing, interessant zu werden? Das konnte nicht sein Ernst sein.
    »Aber wir müssen noch so vieles miteinander besprechen!«, rief sie aus. »Oder willst du mir etwa erzählen, dass dir keine Fragen mehr auf der Seele brennen? Dass du nicht wissen willst, was ich mit dem Stein erlebt habe, was ich darüber weiß? Bist du denn gar nicht neugierig? Nicht wenigstens ein ganz kleines bisschen?«
    Maffeo lächelte, schüttelte den Kopf und ähnelte mit einem Mal Li Mu Bai. Vermutlich lebte er schon so lange in diesem Land, dass die Mentalität seiner Bewohner auch ihn geprägt hatte.
    »Die Neugierde ist kein guter Berater. Oft genug führt sie den Leichtsinnigen, der bereit ist, auf ihre Stimme zu hören, in Gefahr.«
    »Aber…«
    »Aus diesem Grund ist es klüger, sich zurückzuziehen und nachzudenken. Danach kann man besser unterscheiden. Man erkennt, was wirklich wichtig ist.« Maffeo legte ihr tröstend eine Hand auf den Arm. »Ich weiß, Europäer sind oft ungeduldig wie kleine Kinder. Immer soll alles sofort geschehen, niemals können sie abwarten und den Ereignissen ihren Lauf lassen. Doch Ruhe und Gelassenheit sind die Wurzeln unserer Kraft. Wenn du erst etwas länger hier bist, wirst du es verstehen.« Er lächelte und erhob sich von der Bettkante. »Ich werde jetzt gehen und dich allein lassen. Du sollst dich langsam an deine neue Umgebung gewöhnen. Ich komme wieder, wenn es Zeit für deine Arznei ist. Und morgen, wenn ein neuer Tag begonnen hat und wir unsere Kräfte neu gesammelt haben, werden wir weiterreden über all das, was uns beschäftigt.«
    Maffeo verließ das Zimmer, und Beatrice sah ihm in einer Mischung aus Wut und Verzweiflung nach. Doch was sollte sie tun? Wie sollte sie ihn davon überzeugen, dass es wichtig war, gleich mit dem Gespräch fortzufahren? Maffeo machte nicht den Eindruck, als ob er sich so einfach umstimmen ließe. Also blieb ihr nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass es endlich wieder Morgen werden würde.

5
     
     
     
    Es klopfte. Ein leises, kurzes, zaghaftes Klopfen gegen Holz, wie das Klopfen eines kleinen Kindes an eine Tür. Beatrice schlug die Augen auf und wusste im ersten Moment nicht, wo sie war. Es war ziemlich dunkel, und nur schemenhaft vermochte sie die Umrisse vereinzelter Möbelstücke zu erkennen – rechts von ihr standen zwei Stühle mit so niedrigen Sitzflächen, das man glauben konnte, es handelte sich um Kinderstühle, wenn die Lehnen nicht so hoch gewesen wären. Ihr eigenes Schlafzimmer war das hier nicht, so viel stand fest. Aber sie war auch nicht mehr im Krankenhaus. Diese Stühle gehörten auf gar keinen Fall zur Einrichtung eines Krankenzimmers oder des Kreißsaals. Am ehesten erinnerten sie Beatrice an jene seltenen, antiken chinesischen Stühle, die ein Freund ihrer Tante hin und wieder in seinem Geschäft für asiatische Antiquitäten anbot. Aber wie kam sie zu antiken chinesischen Stühlen? Wo…? Da fiel ihr alles wieder ein – das fernöstlich eingerichtete Zimmer, der chinesische Arzt, Maffeo Polo, der Onkel Marco Polos. Marco Polo… Sie konnte es kaum glauben. Vielleicht würde sie ihn auch treffen, den Venezianer, den Abenteurer, den Weltreisenden, der den Italienern die Nudel gebracht haben soll. Und natürlich war da der Stein der Fatima.
    Sie konnte also beruhigt sein, das hier war kein Traum. Allerdings war es auch nicht die Realität. Wenigstens nicht die normale Realität der Beatrice Helmer, die Chirurgin in Hamburg und werdende Mutter war. Wenn sie ihre Lage richtig einschätzte, so würde sie jetzt – hoffentlich nur für einen begrenzten Zeitraum – zusammen mit Maffeo und Marco Polo ein Leben am Hof des großen Khubilai Khans führen. Sie würde Menschen, Persönlichkeiten begegnen, die sie aus Geschichtsbüchern kannte, über die Abhandlungen und Promotionen, Romane und Drehbücher geschrieben wurden – eine Situation, an die sich wohl selbst der

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