Das Rätsel der Hibiskus-Brosche
daß Vida Cox tot ist.«
Inzwischen unterhielt sich Mrs. Wharton ganz gut in »Siedlers Wappen«. Es war eine nette Gaststätte, und jeder war höflich zu ihr. Die Frau des Wirts hatte die Eintragung im Gästebuch gesehen und sprach sie ganz entzückt an: »Augusta Wharton... ach, bitte entschuldigen Sie, aber Sie sind doch nicht etwa die Wharton?«
Augusta nahm den ihr gebührenden Tribut freundlich hin. Sie machte eine anmutige Verbeugung und bestätigte, daß sie es wirklich sei.
»Wie wundervoll! Ich habe alle Ihre Bücher gelesen; und ich liebe sie!«
Mrs. Wharton strahlte. Sie überlegte gerade, ob sie der Frau anbieten sollte, eins ihrer Bücher mit ihrem Namenszug auszuzeichnen, als diese fortfuhr: »Und wie lange ich immer warten muß, bis ich eins in der Bibliothek bekomme! Immer sind sie alle ausgeliehen! So beliebt sind Sie.«
Mrs. Wharton verbeugte sich abermals, allerdings diesmal zurückhaltender. Ganz so herzlich waren ihre Gefühle den Bibliothekslesern gegenüber nicht. Ihrer Meinung nach waren sie kaum besser als jene abgebrühten Leute, die versuchten, Bücher vom Autor zu leihen.
Immerhin war erfreulich, wie fest ihr guter Ruf begründet war. Als sie in die Hotelhalle hinunterging, war das Hausmädchen gerade dabei, Feuer im Kamin zu machen; sie starrte sie bewundernd an. Auch der Pförtner, der gebildeter war als die Gastwirtsfrau, kam heran. »Meine Frau verehrt Sie, Mrs. Wharton!« erklärte er. »Sie sagt, daß Ihre Bücher wundervoll seien! Sie hat Ihr Photo ausgeschnitten und hat es an...«
Er schlug sich selbst auf den Mund, ganz erschrocken, daß er beinahe den Platz verraten hätte, den die Photographie jetzt schmückte. Er machte das schnell wieder wett, indem er fortfuhr: »Ich schenke ihr immer eins von Ihren Büchern zum Geburtstag. Ob Sie wohl so freundlich sein würden, Ihren Namen hineinzuschreiben? Wie nennt man das doch gleich? Ach ja, ein Autogramm. Meine Frau würde sich riesig darüber freuen!«
Mrs. Wharton willigte freundlich ein, und es wurde ausgemacht, daß Albert ihr das Buch am nächsten Morgen bringen würde.
Während dieser Unterhaltung trat ein großer Mann in die Halle. Augusta schaute ihn interessiert an. Er sah vornehm aus, machte jedoch einen kranken und verärgerten Eindruck. Trotzdem lächelte er freundlich, und sie war sehr zufrieden; denn sicher hatte er Alberts Bemerkungen gehört. Er ließ sich erschöpft auf einen Stuhl sinken, richtete sich aber gleich wieder auf und sagte: »Verzeihen Sie bitte! Ich bin ziemlich mitgenommen. Darf ich mich vorstellen? Ich bin kein Neuseeländer, Mrs. Wharton. Hillford ist mein Name, und ich arbeite seit einigen Jahren in Argentinien. Man hat mir gesagt, daß Sie eingetroffen seien. Das Hotel ist ganz erfüllt von dieser Neuigkeit. Ihr Name ist mir inzwischen sehr vertraut, denn Ihre Bücher sind ja überall bekannt. Man darf sich glücklich schätzen, einer so berühmten Autorin zu begegnen!«
Eine derartige Unterhaltung war sehr nach Mrs. Whartons Geschmack. »Der wickelt dich ein«, pflegte Jim in solchen Fällen zu sagen. Sie gab sich ganz ungezwungen und zeigte, daß sie ebensogut zuhören wie selbst ein Gespräch führen konnte, und sagte gleich: »Bewirtschaften Sie eine Farm? Wie wundervoll! Ich wollte schon immer mal eins meiner Bücher in Argentinien spielen lassen. Es ist ein Land voller Romantik und Geheimnisse. Aber ich sehe, daß es Ihnen nicht gut geht. Es ist hoffentlich nichts Ernstes?«
»Nichts von Bedeutung. Verzeihen Sie nur, daß ich mich so gehenlasse. Mir wäre lieber, ich wäre in Ordnung und könnte etwas tun. Aber ich hatte gestern einen leichten Unfall, verbunden mit einem sehr schweren Schock.« Und dann berichtete er ihr von Beths Verschwinden.
»Ach, dann waren Sie also ihr Begleiter bei der Jagd?«
»Einer von ihnen! Aber unglücklicherweise war ich gerade in dem Moment nicht bei ihr, als sie... als sie diesen Unfall hatte, oder was es nun gewesen ist. Sie wissen Bescheid über diese geheimnisvolle Sache?«
»Ja. Mein Schwiegersohn hat mir davon erzählt. Und Sie wurden verletzt? Du liebe Zeit, Jagen ist wirklich ein roher Sport!«
»Ach, eigentlich nicht; ich glaube nicht, daß diese Jagdhunde oft ihre Beute zu fassen kriegen. Und verletzt? Eigentlich auch nicht so richtig; ich bin nur wie zerschlagen. Das Schlimme ist: Wenn ich hinausgehe und nach dem Mädchen suchen will, protestieren alle anderen und sagen, daß das keinen Zweck hätte. Natürlich kenne ich das Land
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