Das Raetsel der Liebe
sie.«
Sebastian warf ihm einen verschmitzten Blick zu. »Von wem sollte ich wohl sonst sprechen?«
»Du könntest irgendeins von diesen jungen Hühnern meinen, würde ich sagen.« Alexander wappnete sich gegen weitere neugierige Fragen. Zwar hatte er Sebastian von seinem Zusammentreffen mit Lydia Kellaway erzählt, ebenso von dem Medaillon, sein wachsendes Interesse an dieser Frau jedoch hatte er verschwiegen.
»Du solltest dich wirklich mit einer von ihnen etwas näher befassen«, fuhr Sebastian fort. »Hier gibt es jede Menge davon. Viele nette Miss Coopers. Hübsch und ein bisschen dumm. Ich kann dir versichern, die Gesellschaft solcher Frauen ist die reinste Freude. Die Nichte von Lady Welbourne ist zum ersten Mal in der Stadt und soll recht liebreizend sein, wie man hört. Geh doch morgen auf die Dinnerparty Ihrer Ladyschaft, dann mache ich dich mit ihr bekannt.«
»Morgen habe ich jede Menge anderer Dinge zu tun. Ein Treffen mit Vaters Anwälten. Briefe diktieren, die Floreston Manor betreffen.«
Sebastian schwieg einen Moment. Dann baute er sich direkt vor seinem älteren Bruder auf. Alexander unterdrückte das Bedürfnis, einen Schritt zurückzugehen, um sich dem zu entziehen, was jetzt unweigerlich folgen würde.
»Dass du der Erstgeborene bist, bedeutet nicht, dass du dich ausschließlich der Pflicht hingeben musst, Alex«, sagte Sebastian. »Es bedeutet nicht, dass du die Verantwortung immer und jederzeit über alles andere stellen musst.«
Alexander sah über Sebastians Schulter hinweg auf die zahlreichen Glücksspiele, die an den Tischen im Gange waren.
»Wenn
ich
es nicht tue«, gab er steif zurück, »wer tut es denn dann?«
Sebastian schwieg, und Alexander blickte ihm stumm in die Augen. Beide dachten sie an Rushton. Alexander erstickte die Verbitterung, die beim Gedanken an ihren Vater in ihm aufflammen wollte, im Keim.
»Im Übrigen warst du es«, fuhr er fort, »der mir nahegelegt hat zu heiraten. Und welchen Grund könnte es für mich geben, das zu tun, wenn nicht den, die Zukunft unserer Familie und unseres Titels zu sichern? Welchen, wenn nicht die Pflicht?«
Sebastian trat zurück, und ein Anflug von Enttäuschung huschte über sein Gesicht. »Du könntest es
für
dich
tun.«
»Sei nicht albern.«
»Um Himmels willen, Alex. Pflicht heißt nicht, dass du stets und ständig zum Zerreißen gespannt sein musst wie eine Sprungfeder.« Sebastian fuhr sich ratlos mit der Hand durchs Haar. »Es gibt kein Gesetz, das dir verbietet, ein kleines bisschen Spaß zu haben. Willst du nicht später noch mit mir ins
Eagle
kommen?«
Alexander zögerte, während in seiner Seele die Versuchung einen Kampf mit der allgegenwärtigen Angst ausfocht,
was die Leute sagen könnten.
Er schüttelte den Kopf. Sebastian gelang es nicht, seine tiefe Enttäuschung zu verbergen.
»Na gut«, meinte er. »Tu, was immer dich glücklich macht. Ach nein, das wirst du ja niemals, oder? Du wirst immer nur tun, was du tun
musst
.«
Alexander blickte seinem Bruder nach, der hinüber zu den Spieltischen ging. Ungeachtet all der Anstrengungen, die er in den letzten Jahren unternommen, all der Arbeit, der er sich gewidmet hatte, wusste er im Grunde nicht einmal genau, was er wirklich wollte.
Allerdings wusste er sehr genau, was er
nicht
wollte. Er wollte keine Frau wie Miss Cooper heiraten, deren Leben sich einzig und allein um die neueste Mode und gesellschaftliche Anlässe drehte. Er wollte keine Verbindung eingehen, die ihn an die Ehe seiner Eltern erinnerte, in der es nur starre Förmlichkeit und Kälte gegeben hatte. Er wollte sich nicht langweilen.
Nun, vielleicht wusste er ja am Ende doch, was er wollte. Er wollte ein Frau heiraten, die interessant war und klug. Die sein Blut in Wallung brachte. Die ihn herausforderte und dazu zwang, den Blick über den eigenen Tellerrand zu richten. Eine Frau, deren Schönheit durch den Ausdruck hellwacher Intelligenz in ihren Augen nur gesteigert wurde.
Eine Frau, die ihm seit dem Tag, an dem sie in sein Leben getreten war, nicht mehr aus dem Kopf ging.
Eine Frau wie Lydia Kellaway.
Alexander sah zu seinem Bruder hinüber, der an einem Kartentisch saß und gerade herzlich über die Bemerkung eines Mitspielers lachte. Vielleicht sollte er Sebastians Rat tatsächlich annehmen und sehen, was passierte.
Alexander wusste nicht, welche Folgen es haben würde, wenn er begann, um Lydia Kellaway zu werben. Er wusste nicht, ob sie ihm einen Korb geben würde. Er wusste nicht, was
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