Das Raetsel der Liebe
meine Antwort lauten würde. Und so fand ich mich im Theater als Gegenstand allgemeiner Witzeleien wieder. Alle wussten davon. Alle außer mir. Es war demütigend.«
»Du könntest es schlechter treffen«, murmelte Alexander.
»Oh, tatsächlich? Lord Fulton glaubt, es würde sowieso kein anderer um meine Hand anhalten. Meines russischen Erbteils wegen. Er behauptet, der Erste und Einzige zu sein, der großzügig über diesen Makel hinwegzusehen gedächte. Hast du das gewusst?«
Alexander runzelte die Stirn. »Das hat er gesagt?«
Talia warf Sebastian einen entnervten Blick zu. Ihr Bruder zwinkerte zurück.
»Du bist die, die Ja sagen muss, altes Mädchen. Nicht er.«
Er deutete mit einem Kopfnicken auf Alexander. »Fultons Schwester packt übrigens so langsam die Verzweiflung, wie man hört. Sie ist nicht mehr ganz taufrisch, weißt du, und zudem hat sie breite Hüften. Und offensichtlich ist sie auch ein bisschen verdreht im Kopf.«
»Klingt nach der idealen Partie für
dich
, Alex.« Talia tauschte einen spöttischen Blick mit Sebastian, und ihre Anspannung ließ etwas nach. »Angesichts der Tatsache, dass du zweiunddreißig bist, tätest du möglicherweise gut daran, dich auf deine eigenen Heiratsaussichten zu konzentrieren, statt dich andauernd in meine einzumischen.«
Sie betraten die Empfangshalle, und Alexander wandte sich ab. Er wusste nicht, ob seine Gereiztheit dem Benehmen seiner Geschwister geschuldet war oder den angeblichen Äußerungen Lord Fultons. Er seufzte. Er hatte seine Schwester bestochen, damit sie mit ihm auf diesen Ball ging, und das entsprach eigentlich nicht seiner Vorstellung davon, wie man sich in der Gesellschaft zu bewegen hatte. Doch das widerspenstige Ding ließ ihm einfach keine andere Wahl.
Nachdem der Butler sie in Empfang genommen hatte, begaben sie sich in den gut gefüllten Ballsaal, in dem elegant gekleidete Damen und Herren hin und her wogten wie eine Armada von Segelschiffen in einem Hafen. Die Luft war erfüllt von Musik, Lachen und zahllosen Stimmen.
»Ah, Lord Northwood. Lady Talia. Und Mr Hall.« Seine Frau am Arm, steuerte der Marquess of Hadley, Präsident der Royal Society of Arts, auf sie zu. »Wir haben Sie gar nicht erwartet.«
»Nun, wie Sie wissen, hat die Gesellschaft einen Teil der heutigen Eintrittsgelder zur Finanzierung unserer Bildungsausstellung vorgesehen, Mylord«, erwiderte Alexander höflich.
Hadley musste husten, und das Lächeln seiner Gattin begann leicht zu zittern.
»Jaja, gewiss«, erwiderte der Marquess. »Es ist nur, Sie wissen schon, diese äußerst unangenehme Sache mit Russland. Die Dinge scheinen sich jetzt ernsthaft zuzuspitzen.«
Lady Hadley winkte ab und zog ihr Lächeln etwas breiter. »Ach, das ist doch alles halb so schlimm. Wie nett, dass Sie drei gekommen sind. Amüsieren Sie sich gut.«
Wohl eher nicht,
dachte Alexander. »Talia, begleite doch Lady Hadley«, schlug er seiner Schwester vor.
Seine Schwester warf ihm einen halb wütenden Blick zu, schloss sich dann jedoch zusammen mit Sebastian Hadleys Gattin an, die auf eine Gruppe von Gästen am Kamin zustrebte.
»Was meinten Sie mit
äußerst unangenehme Sache
?«, wandte sich Alexander an den Marquess.
»Das Kuratorium wünscht ein Treffen einzuberufen, um über den, äh, möglicherweise drohenden Krieg mit Russland zu sprechen«, erklärte Lord Hadley. »Sie sind besorgt, dass sich die Angelegenheit auf die Ausstellung auswirken könnte. Der Termin soll Ende der Woche bekannt gegeben werden.«
»Was genau befürchten Sie denn?«
»Der französische Gesandte bei der Ausstellung, Monsieur Bonnart, deutete an, es gäbe in der französischen Öffentlichkeit zunehmend antirussische Tendenzen. Er möchte unter allen Umständen vermeiden, dass das Engagement seines Landes im Rahmen der Ausstellung den Eindruck erweckt, es bestünden gegenteilige Sympathien.«
Alexander runzelte die Stirn. »Es ist doch keine russische Ausstellung.«
»Das weiß ich, Northwood, doch es ist in der Tat die beabsichtigte Einrichtung einer russischen Abteilung, welche eine gewisse Skepsis auslöst. Die Franzosen haben der Society nicht unerhebliche finanzielle Mittel zugesagt. Wir wollen lediglich Irritationen vermeiden, Sie verstehen?«
»Ich denke nicht, dass es Irritationen geben wird«, erwiderte Alexander. »Lord Hadley, bitte setzen Sie die Mitglieder des Kuratoriums darüber in Kenntnis, dass ich eine Rede zu dem Thema halten werde, die ihre Befürchtungen ganz und gar zerstreuen
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