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Das Raetsel der Liebe

Das Raetsel der Liebe

Titel: Das Raetsel der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Rowan
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Verblüffung durch die Spannung, die plötzlich in der Luft lag, noch verstärkt wurde, kratzte sich verständnislos am Kopf. Sie wusste, das Medaillon hatte ihrer Mutter gehört. Papa hatte es extra für sie anfertigen lassen – als Hochzeitsgeschenk. Nach dem Tod von Theodora Kellaway hatte man es zusammen mit anderen Schmuckstücken in einem Kästchen weggeschlossen. Und soweit Jane wusste, hatte es seit Jahren niemand mehr daraus hervorgeholt.
    Daher war ihr vollkommen unerklärlich, wieso sich die Kette in Lord Northwoods Besitz befand.
    Der Viscount trat auf sie zu und hielt ihr das Schmuckstück hin. Wie klein und zart das Medaillon auf seiner großen Männerhand wirkte!
    Jane nahm es und fuhr mit dem Daumen über die Gravur. Sie hatte es nur ein- oder zweimal gesehen oder in der Hand gehabt. Sie verspürte einen leichten Stich im Herzen.
    »Das gehörte meiner Mutter«, sagte sie schließlich.
    »Ich weiß«, erwiderte Lord Northwood mit seiner dunklen Stimme, die jetzt leicht angespannt klang. »Ihre Schwester hat es mir erzählt.«
    »Hat
Sie
es Ihnen gegeben?«
    »Nein. Ich hatte niemals vor, es zu behalten.«
    »Aber wieso haben Sie es denn überhaupt?«
    »Es gelangte durch eine Reihe seltsamer Umstände in meinen Besitz, die besser unerwähnt bleiben. Ich habe die feste Absicht, es Ihrer Schwester zurückzugeben.«
    »Ich verstehe«, sagte Jane, obwohl das nicht wirklich den Tatsachen entsprach.
    Sie betrachtete die Drachengravur auf der Rückseite. Irgendetwas ging da vor zwischen ihrer Schwester und dem Viscount. Gerade eben spürte sie es deutlicher als je zuvor. Etwas ebenso Unheilverkündendes wie Unvermeidbares, wie die Verfinsterung des Meeres vor einem Sturm, die langen Schatten der Dämmerung in den Straßen oder Blumenblüten, die sich zur Nacht schließen. Wie ein Drache, der seine Flügel ausbreitet.
    Sie wickelte die dünne Kette um den Finger und öffnete das Medaillon. Eindringlich betrachtete sie das Porträt ihrer wunderschönen, lächelnden Mutter, dann ihren Vater mit der ernsten Miene, dieses so geliebte, vertraute Gesicht. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    Die Stimmen von Lord Northwood und seinem Bruder nahm sie nur am Rande wahr, als dunkles Summen. Als sie hochblickte, stellte sie fest, dass die beiden sich ein Stück von ihr entfernt mit gedämpfter Stimme unterhielten.
    Sie wollte das Medaillon eben wieder schließen, da fiel ihr auf, dass die gewölbten Deckel der beiden Hälften seltsam dick waren – eigentlich viel zu geräumig, um nur einfache Papierbilder aufzunehmen. Sie klappte sie zu und betrachtete die Fassung näher.
    Das Scharnier, das die beiden Hälften miteinander verband, erschien ihr ebenfalls sehr breit. Es sah beinahe so aus, als hielte es eine doppelte Fuge zusammen. Jane klappte das Gehäuse noch einmal auf. Da waren die Bilder. Sie drehte das geöffnete Medaillon um und besah sich noch einmal das Scharnier. Als sie den Fingernagel in die schmale Fuge drückte, blinzelte sie überrascht, denn das Gehäuse öffnete sich und gab ein zweites, kleineres frei, das hinter dem ersten versteckt war. Aus diesem fiel etwas heraus und landete auf dem Boden.
    Schnell blickte sie zu den beiden Brüdern hinüber, die, halb abgewandt von ihr, immer noch ins Gespräch vertieft schienen. Jane bückte sich, um den dicken Teppich zu untersuchen, und fuhr mit der flachen Hand über die flauschige Oberfläche. Da, ein kleines Stück kalten Metalls. Sie hob es auf und legte es auf ihre flache Hand.
    Es war ein winziger Messingschlüssel. So etwas hatte sie noch nie zuvor gesehen. Er war kürzer als ihr kleiner Finger, hatte einen verschnörkelten Griff und einen rechteckigen, mit Löchern verzierten Bart. Alles in allem sah er aus wie etwas, das vielleicht eine Maus benutzen würde.
    Bei dieser Vorstellung lächelte sie ihn sich hinein.
    »Miss Jane.«
    Jane fuhr zusammen und schloss ihre kleine Faust fest um das geheimnisvolle Fundstück.
    »Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie das Medaillon Ihrer Schwester übergeben würden«, sagte Lord Northwood. »Ich muss Sie allerdings warnen. Es könnte sein, dass sie nicht sehr erfreut darüber sein wird.«
    Die Warnung hatte vermutlich etwas mit jenen
seltsamen Umständen
zu tun,
die besser unerwähnt bleiben
sollten, wie es Lord Northwood vorhin ausgedrückt hatte.
    »Sir. Wenn Lydia weiß, dass Sie das Medaillon haben, dann ist es nicht an mir, es ihr zurückzugeben.« Sie ging auf ihn zu und streckte ihm die Kette hin.

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