Das Raetsel der Liebe
uns herausfinden, ob Miss Kellaway wirklich die brillante Gelehrte ist, die sie vorgibt zu sein.«
Lydia warf Alexander einen fragenden Blick zu, doch der zuckte nur mit den Schultern und bedeutete ihr, sich dem Earl anzuschließen. Nachdem es sich alle im Salon gemütlich gemacht hatten, durchforstete Rushton einen Stapel Bücher auf dem Tisch und zog schließlich ein gefaltetes Blatt Papier hervor.
»Und nun zu Ihnen, Miss Kellaway.« Der Earl setzte seine Lesebrille auf und blickte sie über den schmalen Rand hinweg an. »Ihre Schwester setzte mich kürzlich darüber in Kenntnis, dass es kein Rätsel gäbe, das Sie nicht imstande wären zu lösen. Ich habe mich also beigemacht, ein extrem schwieriges zu finden, was eines erheblichen Aufwands bedurfte. Ich wage zu behaupten – und damit möchte ich keineswegs Ihre Intelligenz infrage stellen –, dass dieses hier in der Tat unlösbar ist.«
Andächtige Stille senkte sich über die kleine Gesellschaft, als hätte der Earl soeben jemandem den Fehdehandschuh hingeworfen. In Lydia stieg ein Gefühl des Stolzes hoch – sie fühlte sich herausgefordert.
»Dürfte ich die Aufgabe sehen, Mylord?« Sie streckte die Hand aus.
Der Earl schüttelte leicht gereizt das Blatt, ließ aber zu, dass sie es ihm aus der Hand nahm und kurz überflog. »Ein solches Rätsel lässt sich nicht mit Mathematik lösen. Da steckt irgendein Trick dahinter.«
»Seien Sie doch bitte so gut und lesen uns die Aufgabe laut vor, Miss Kellaway«, schlug Sebastian vor.
»Nehmen Sie eine Anzahl von Personen, die neun nicht übersteigt«, las Lydia. »Verlassen Sie den Raum. Während Sie draußen sind, steckt sich eine dieser Personen einen Ring an den Finger. Dann kommen Sie wieder herein und müssen herausfinden, wer den Ring trägt, an welcher Hand, an welchem Finger und an welchem Fingerglied.«
Der Earl breitete die Hände aus. »Ich schwöre, das ist unlösbar.«
Lydia nahm sich einige Minuten Zeit, um das Problem genauer zu studieren. Dann kam ihr eine Idee. Sie blickte auf. »Soweit ich sehen kann, Mylord, handelt es sich hier um angewandte Mathematik auf Basis einer vorher festgelegten Zahl. Ein kleiner Trick, der sich der Grundlagen der Arithmetik bedient.«
»Zeigen Sie es uns.« Alexander stand auf und streckte eine Hand zu Talia aus. »Dürften wir uns einen deiner Ringe ausleihen?«
»Keiner meiner Ringe würde auf einen deiner Finger passen. Das wäre unfair.« Talia blickte sich kurz im Zimmer um. Schließlich ging sie zu einer mit Frühlingsblumen gefüllten Vase. Sie nahm eine Primel heraus, brach die Blüte ab und formte den Stängel zu einem Ring. »Hier.«
»Also gut«, sagte Lydia. »Sie müssen sich in einer bestimmten Reihenfolge hinsetzen, und ich ordne jedem von Ihnen eine Zahl zu.«
Lydias Anweisungen folgend, setzten sich alle auf einen neuen Platz. Dem Earl teilte sie die Eins zu, Lord Castleford die Zwei, Talia die Drei, Alexander die Vier und Sebastian die Fünf.
»Gut. Weiter. Ihre rechte Hand bekommt ebenfalls die Eins«, fuhr sie fort. »Ihre Linke Hand ist die Zwei. Ihr Daumen ist die Eins, Ihr Zeigefinger die Zwei und so weiter. Das Gelenk, das am nächsten zu ihrer Handfläche liegt, ist die Eins, das nächste die Zwei und das letzte die Drei. Ich gehe jetzt hinaus, damit Sie bestimmen können, wer den Ring tragen soll.«
Sie verließ den Salon und wartete, bis Talia sie wieder hereinrief. Alle saßen, die Hände hinter dem Rücken, auf dem jeweils zugewiesenen Platz.
»Nun denn, Miss Kellaway«, verkündete Rushton in herausforderndem Tonfall. »Wie wenden Sie jetzt die Arithmetik an, um den Träger des Ringes zu finden?«
»Ich werde Ihre Hilfe benötigen, Mylord«, erwiderte Lydia. » Bitte sagen Sie noch nichts, verdoppeln Sie nur in Gedanken die Zahl der Person, die den Ring hat.«
Der Earl nickte. »Fertig.«
»Nun addieren Sie fünf und multiplizieren das Ergebnis mit fünf.«
»Fertig.«
»Addieren Sie zehn, plus die Zahl der Hand, die den Ring trägt.«
»Brauchst du Papier und Bleistift?«, fragte Talia ihren Vater mit honigsüßer Stimme.
»Höchstens, um dich aus meinem Testament zu streichen«, konterte der Earl trocken.
Sebastian und Castleford glucksten. Selbst Alexander konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
»Und jetzt, Miss Kellaway?«, fragte der Earl.
»Multiplizieren Sie das Ergebnis mit zehn und addieren Sie zum Ergebnis die Zahl des Fingers, auf dem der Ring steckt. Dann multiplizieren Sie diese Summe mit zehn und
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