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Das Rätsel der Rückkehr - Roman

Das Rätsel der Rückkehr - Roman

Titel: Das Rätsel der Rückkehr - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Das Wunderhorn <Heidelberg>
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Wunder
    in diesem kleinen Ort.
    Zuallererst zu leben.
    Ein Schwein hat dafür gesorgt,
    dass dieser junge Mann Landwirtschaft studierte,
    in Damien bei Port-au-Prince.
    Er redet von dem Tier wie von einem nahen Verwandten.
    Das Schwein ist das Sparbuch der Bauern.
    Als infolge einer Epidemie
    die Bauern dieser Gegend
    alle Schweine töten sollten,
    um das Leben der Menschen nicht zu gefährden,
    versteckten sie die Tiere in den Bergen.
    In den Augen eines Bauern gilt ein Schwein
    vielleicht weniger als die Familie,
    aber sicher mehr als der Befehl
    eines Landwirtschaftsministers.
    Wir hielten vor einer Schenke am Meer. Strohgedeckt. Ohne Tür. Alles dem Wind ausgesetzt. Sechs kahle Tische. Das Meer buchstäblich zu unseren Füßen. Es gab: gegrillten Fisch, eingesalzenen Fisch, Kapitänsfisch in scharfer Soße. Mein Neffe kann Fisch nicht ausstehen. Der Chauffeur und ich haben geschlemmt. Er hat sogar seine Krawatte gelöst.
    Ich sehe meinem Neffen zu, der mit Blick auf das Meer Austern schlürft. Ab und zu fährt ein Laster vorbei, ohne anzuhalten, mit staubbedeckten Passagieren. Man hat den Eindruck, dass man in diesem Land nicht von einer Stadt zur anderen, sondern von einer Welt zur anderen reist. Am Horizont keine Menschenseele. Außer einer Frau, deren Handel mit Kokosnüssen davon abhängt, ob ein Laster hält, was um diese Zeit nur selten geschieht.
    Als wir eben wieder in den Wagen einsteigen wollten,
    haben wir uns anders besonnen,
    badeten nackt in diesem warmen Meer
    und blieben
    bis nach Einbruch der Nacht.
    Der Chauffeur saß auf der Motorhaube des Wagens,
    erwartete uns mit aller Geduld.
    Die seltsame Ruhe der Menschen im Süden.
    Ich spürte
    ich war
    für den Norden
    verloren, als
    in dem warmen Meer
    unter dem rosa dämmernden Himmel
    plötzlich die Zeit flüssig wurde.

Der andere Freund meines Vaters
    Zurück in Croix-des-Bouquets, wo ich diesmal einen Maler zu Hause überrasche, den ich vor meinem Weggang häufig sah. Er ist ein feinsinniger Kolorist, der nur Landschaften voller Tauben und überreifen Früchten malte. Wir sprechen ein wenig und trinken viel in seinem ziemlich düsteren Atelier. Ich trinke Rum. Er Milch, seit er krank ist. Ein Büschel Bananen, das im Halbdunkel vor sich hin fault, erinnert an seine seltsame Obsession. Sein schwerer Leib. Seine schläfrige Stimme. Wir sinken in Lethargie. Dass dieses enge Atelier auch ein kleiner Voodoo-Tempel ist, erhöht den giftigen Zauber der Bilder. Durch den unergründlichen Blick des Hausherrn und seine rätselhafte Art sich auszudrücken, fühle ich mich ungemütlich. Ich habe ständig den Eindruck, wir kommunizieren in Paralleluniversen. Nach unserem Aufbruch vertraute mir der Chauffeur an, er habe in dem Raum starke negative Vibrationen gespürt. Mein Neffe hatte die ganze Zeit nur Augen für die jungen Händlerinnen im Nachbarhof.
    Ein großes Bassin mit kaltem Wasser,
    wo die jungen Mangoverkäuferinnen
    baden und sich mit spitzen Schreien
    die Brüste bedecken.
    Die Kleider kleben ihnen am Leib.
    Der Maler kommt aus seinem Atelier,
    um mir den Weg zu zeigen,
    der zum Freund meines Vaters führt.
    Er lebt, sagte man mir, hinter dem Markt.
    Wir mussten einen großen Umweg fahren.
    Den Markt zu überqueren war unmöglich.
    Der Chauffeur hat unter einem Baum geparkt
    vor seinem Rundgang über den Markt.
    Im Vorbeifahren hat er Malangas gesehen, die ihn interessieren.
    Mein Neffe ging mit ihm.
    Ich muss dem Freund meines Vaters allein gegenübertreten.
    Ich treffe ihn, wie er ein Dutzend Hühner mit Körnern fütterte. Er kommt mir noch schmächtiger vor als auf dem Foto, das ich beim Ex-Minister gesehen habe. Sein durchdringender Blick und sein fester Händedruck zeigen mir, dass ich ihn nicht unterschätzen sollte. Eine starke Persönlichkeit. Er holt zwei Stühle, stellt sie unter die kleine Laube. Er ist also tot. Wer ist tot?, meine idiotische Frage. Dein Vater. Er hatte mich wiedererkannt. Sie haben es also gehört. Ich sehe niemanden außer meinen Hühnern und den Bauern, die herkommen, damit ich einen Brief für sie schreibe. Woher wissen Sie es dann? Du bist ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Außerdem ist es der einzige Grund, mich hier draußen aufzusuchen. Möchtest du was, ich trinke nur noch Schnaps. Ein Gläschen auch für mich. Bei der Hitze ist das nicht ratsam für jemand, der aus der Kälte kommt. Also etwas Kühles? Er gibt dem Mädchen ein Zeichen, das unter einem Mangobaum die Wäsche wäscht. Das ist meine Enkelin

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