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Das Rätsel der Templer - Roman

Titel: Das Rätsel der Templer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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hatte nicht die geringste Ahnung,
     was er ihm sagen wollte. Befallen von einer unsäglichen Müdigkeit verschwammen die Gesichtszüge des Mannes vor seinen Augen.
     Ohnmächtig spürte er, wie er fiel. Willenlos, wie ein gestochener Eber ließ er sich auf eine Trage heben und zurück in das
     Bett verfrachten, aus dem er hatte fliehen wollen. Mit dem nicht geringen Unterschied, dass er nun an Armen und Beinen gefesselt
     war.
     
    In der Nacht hatte Hannah kaum ein Auge zugetan. Eine Ahnung, wie groß die Aufgabe war, die sie sich aufgeladen hatte, schwante
     ihr, als der blond gelockte Junge auf ihrem Sofa mit einem harmlosen Blinzeln |295| erwachte. Sofort verfiel er in ein hysterisches Wehklagen. Mit all ihrem Einfühlungsvermögen versuchte sie ihn zu beruhigen.
     Alles, was er vor dem Einschlafen noch ergeben hingenommen hatte, verstörte ihn nun aufs Neue. Erst eine heiße Milch, ein
     deftiges Käsebrot sowie die Anwesenheit ihrer Katze wirkten besänftigend auf den Jungen.
    Matthäus hatte seinen Namen mit einem Bleistift auf ein Stück Papier gekritzelt. Gesprochen klang es wie Mattis, wobei die
     Betonung auf der letzten Silbe lag.
    Allem Anschein nach war Mattis ein kluger Bursche. Er konnte lesen, schreiben und neben Deutsch und Französisch beherrschte
     er auch das Lateinische. Jedenfalls konnte er das Angelus-Gebet auf dem Sockel der Marienstatue über Hannahs Esstisch ohne
     Probleme entziffern und fehlerfrei ins Mittelhochdeutsche übersetzen. Dass er aus einer siebenhundert Jahre entfernten Vergangenheit
     stammen sollte, war immer noch schwer zu glauben. Wenn Hannah ehrlich war, hatte sie nur bruchstückhaft verstanden, was Tom
     ihr über seine Experimente erzählt hatte. Raumzeit-Synchronisation. Verrückt! Heimlich betrachtete sie den Jungen. Hoffentlich
     verursachten Toms Versuche keine gefährlichen Nebenwirkungen. Horrorvisionen, dass der arme Junge sich plötzlich in Luft auflösen
     konnte, drängten sich ihr auf.
    Mittlerweile war es draußen hell geworden. Ein Blick auf die Uhr bestätigte ihr, dass Tom bereits in seiner Anhörung sitzen
     musste.
    »Ich lasse dich einen Augenblick allein, bin gleich zurück«, sagte sie zu dem Jungen, der für einen Moment abgelenkt zu sein
     schien, weil sich der schwarze Kater wohlig vor ihm streckte.
    Im Schlafzimmer hatte sie den Mantel seines seltsamen Begleiters auf ihrem Bett abgelegt, und auch der Brustbeutel befand
     sich noch auf der Kommode. Bevor sie dem Jungen Fragen stellte, würde sie selbst ermitteln, auf was oder – besser gesagt –
     auf wen sie sich eingelassen hatte.
    Bevor sie sich dem Sammelsurium an Kleidung, Gürteln und dem Brustbeutel widmete, fiel ihr Blick auf die dunklen Blutspuren
     auf dem hellen Parkett. Die Kleidung war ebenfalls mit Blut befleckt, und der helle Kapuzenmantel erschien ihr ziemlich schmutzig.
     Sie beugte sich herab, um die verschiedenen Kreuze zu inspizieren. Eines prangte groß und blutrot auf der oberen linken Schulter,
     das andere, das noch größer |296| war, war mittig auf dem ärmellosen Überwurf angebracht. Obwohl Hannah nicht viel Ahnung von Handarbeiten hatte, waren es diese
     perfekt gearbeiteten Applikationen, die sie in Erstaunen versetzten. Um 1300 gab es definitiv keine Nähmaschinen, aber das,
     was sie hier sah, wirkte mindestens so gekonnt wie ein maschinell verarbeitetes Kleidungsstück. Die Stiche waren so fein gesetzt,
     dass man keine Naht erkennen konnte. Daher sah es aus, als würde das rote Kreuz mit dem eierschalfarbenen Stoff des Mantels
     regelrecht verschmelzen. Auf der Innenseite des Kragens gab eine unglaublich präzise, graue Seidenstickerei Auskunft darüber,
     wem das gute Stück gehörte.
     
    FRATER GERARDUS DE BREYDENBACHE †
    ORDO MILITIE HIEROSOLYMITANIS †
    BAR ˜ SUR ˜ AUBE.
     
    Frater bedeutete Bruder. Der Name legitimierte offenbar den Besitzer des Mantels und seine Herkunft.
    Bar-sur-Aube – lag das nicht in der Champagne? Ein wenig verwundert überlegte Hannah, dass Matthäus, der Begleiter des Frater
     Gerard Mittelhochdeutsch sprach und somit allem Anschein nach kein Franzose war.
    Orden der Tempelritter zu Jerusalem. Hannah überlegte angestrengt, was sie über diesen Begriff wusste. In den Romanen, in
     denen die Templer Erwähnung fanden, und die ab und an auch von ihren Kunden bestellt wurden, nahmen die geheimnisvollen Ritter
     meist die Rolle kompromissloser Helden an. Entschlossen öffnete Hannah den Brustbeutel und kippte den Inhalt auf die

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