Das Rätsel der Templer - Roman
nach Paris, dort gibt es offensichtlich
Archive, die weit mehr Berichte, Schriften und Urkunden über deinen Orden vorweisen können, als all diese Bücher hier.«
Gero nickte dankbar. Sein Blick fiel auf Matthäus, der auf dem Teppich eingeschlafen war. »Gibt es ein Zurück?«, fragte er
leise und wagte es nicht, Hannah anzuschauen. »Sei aufrichtig … bitte«, fügte er hinzu.
»Ich denke schon«, antwortete sie und versuchte ihre ganze Zuversicht in ihre Worte zu legen. »Ich kann dir nur nicht sagen,
wann. Das kann nur Tom wissen.«
»Wann bekomme ich ihn zusehen?« Geros Blick war furchtsam und gleichzeitig voller Hoffnung. Dunkle Schatten lagen unter seinen
ansonsten so leuchtenden Augen.
»Vielleicht morgen«, erwiderte sie müde. Es schnitt ihr ins Herz, als sie mit ansehen musste, wie er auf die Knie ging, behutsam
den schlafenden Jungen vom Boden aufhob und ihn mit geschlossenen Augen an seine Brust drückte.
Am liebsten wäre sie Gero gefolgt, als er sich anschickte, die Treppe hinaufzugehen, um Matthäus ins Bett zu bringen.
»Kann ich irgendetwas tun … für dich oder den Jungen?«
»Nein«, war die Antwort. »Ich komme zurecht. Ich wüsste nicht … nein … danke.« Gero lächelte sie an, das erste Mal am heutigen
Tag, und wenn sie sich recht besann, war es das erste Mal, seit sie ihn bei sich aufgenommen hatte.
22
Mittwoch, 17. 11. 2004 – Die Breidenburg
Hannah war gegen halb acht aufgestanden, um zuerst ihre Tiere zu versorgen und dann das Frühstück für Gero und den Jungen
zuzubereiten. Eine böse Ahnung überfiel sie, als sie vor Monas leerer Box stand. Ihr nächster Blick fiel auf die verwaisten
Haken an der Wand, an denen normalerweise Sattel und Zaumzeug hingen. Atemlos rannte |349| sie zurück ins Haus. Im ersten Stock angekommen, fand sie Sweatshirt und Jeanshose, die Matthäus gestern noch getragen hatte,
fein säuberlich auf dem Bett liegend vor. Geros gesamte Kleidung, der Umhang, der martialische Messergürtel und auch der kleine,
lederne Umhängbeutel, den er bei seiner Ankunft dabei gehabt hatte, waren verschwunden. Alles deutete darauf hin, dass der
Templer und sein Knappe sich davongemacht hatten. Doch wohin?
Fieberhaft dachte sie nach. Sollte sie Tom anrufen? Was aber würde das bringen? An einer Suchaktion konnte er sich wohl schlecht
beteiligen. Hatte er nicht gesagt, er würde durch die amerikanischen Streitkräfte observiert? Eine Vermisstenanzeige aufzugeben,
bei der sie behauptete, ihr verrückt gewordener Ehemann sei in geistiger Umnachtung mit ihrem Pferd auf und davon, kam ebenso
wenig in Frage. Völlig panisch rannte sie die Treppe hinunter ins Wohnzimmer und schaute sich um. Nachdenklich betrachtete
sie das Bücherregal. Mehr zufällig fiel ihr Blick auf den Kartenstapel links unten im Regal. Warum ist mir das nicht gleich
aufgefallen? dachte sie. Die sonst so korrekt ausgerichtete Sammlung war verrutscht. Eine der Wanderkarten entlang der Lieser
sowie eine Stadtkarte rund um Wittlich fehlten.
Der Gedanke, dass ihre mittelalterlichen Schützlinge sich mit ihrer widerspenstigen Stute auf den Weg zum ehemaligen Familiensitz
der Edelfreien von Breydenbach aufgemacht hatten, ließ Hannah schaudern. Kopfschüttelnd zog sie sich ihren Mantel über, nahm
sich den Autoschlüssel und begab sich in die klirrende Kälte. Der Kerl musste verrückt sein. Weder er noch der Junge hatten
wärmende Jacken dabei, ganz zu schweigen davon, dass sie sich im Straßenverkehr während der morgendlichen Rushhour wohl kaum
zurechtfinden würden. Geschickt manövrierte Hannah ihren Wagen rückwärts in Richtung Garage und koppelte den Pferdehänger
an.
Gero wollte nicht warten, bis irgendein Tom, den er noch nicht einmal kannte, sein Schicksal in die Hand nahm. Er wollte sich
selbst davon überzeugen, ob von seiner Welt wirklich nichts mehr übrig geblieben war, und dann würde er sich nach Heisterbach
begeben. Vielleicht lag ja dort die Antwort auf all seine Fragen.
|350| Hannah hatte ihm erlaubt, ihr Pferd zu reiten, auch wenn sie es missbilligen würde, dass er sich eigenmächtig von ihrem Haus
entfernte. Und obwohl sie so freundlich war und ihr Anblick ihn mehr als erfreute, als ihm lieb war, wollte er ihr nicht länger
zur Last fallen. Wenn er und Matthäus es schaffen sollten, das Kloster von Heisterbach zu erreichen, könnte er dort vielleicht
um Aufnahme bitten – und damit den letzten Schritt vollziehen, um die
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