Das Rätsel der Templer - Roman
kannst mich gleich verbinden.« Gero vollzog eine abwehrende Geste, als sie mit dem Tuch in der Hand zu ihm ging. Erschöpft
ließ er sich auf einem der beiden Stühle nieder. Ohne Worte übergab er Anselm ein zusammengelegtes Stück Wollstoff, das einen
unverkennbaren Brandgeruch verströmte.
»Was ist das?«, fragte Anselm erstaunt.
»Das Haupt«, sagte Gero. »Du kannst es vorsichtig auswickeln, und dann müssen wir einen sicheren Ort dafür bestimmen.«
»Der Server?« Anselm sah Gero fragend an. »Er war tatsächlich noch dort.
Und wo ist der Templer des Hohen Rates?«
Gero schüttelte langsam den Kopf. »Gleich«, sagte er nur und hielt Hannah den blutenden Arm hin, damit sie ihn versorgen konnte.
Zuvor gab er ihr eine knappe Anweisung, wie sie die Wunde mit Wasser und Wein reinigen sollte.
Hannah schätzte sich glücklich, dass sie wenigstens etwas für ihn tun konnte.
Einen Wundstarrkrampf konnte er jetzt nicht mehr bekommen. Von Tom wusste sie, dass man Gero im Krankenhaus geimpft hatte.
Nachdem Hannah ihn verarztet hatte, schilderte Gero in wenigen Worten, was in der Katakombe vor sich gegangen war.
Hannah reagierte erschrocken, doch Anselm war einigermaßen überrascht. »Das bestätigt, dass der Hohe Rat um die Möglichkeiten
des Timeservers weiß. Aber es belegt noch lange nicht, dass sie mit ihrem Unterfangen auch Erfolg gehabt hätten.«
Gero trank einen großen Schluck Wein. »Ja, da magst du recht haben«, bestätigte er anschließend Anselms Einwand.
»Wisst ihr, was ich mich frage?«, warf Hannah ein. »Wenn du das Haupt an dich genommen hast, wie kann es möglich sein, dass
wir es in 700 Jahren am gleichen Platz wieder vorfinden?«
»Gute Frage!«, warf Anselm dazwischen und schaute Gero interessiert an.
»Das ist mir ziemlich gleichgültig«, erwiderte Gero resigniert. »Ich verstehe ohnehin nicht, wie das alles vonstatten gehen
kann. Noch mehr solcher Fragen, und ich verfalle dem Irrsinn, noch bevor mir etwas Vernünftiges einfällt, das uns helfen könnte.«
|498| »Und was hast du jetzt vor?« Anselm sah ihn ratlos an.
»Wir werden meinen Komtur suchen, so wie ich es gesagt habe. Ich kenne niemandem außer ihm, der um die Wirkungsweise des Hauptes
wissen könnte, und somit ist er auch der einzige, der uns helfen kann, den Orden zu retten und euch wieder nach Hause zurückzubringen.«
»Was ist, wenn der Abt nach dem Verbleib des toten Bruders fragt?«, gab Anselm zu bedenken.
»Lass das meine Sorge sein«, beschwichtigte ihn Gero. »Ich habe die Kammer sorgfältig verriegelt und die Mulde mit Erde und
Lehm zugeschmiert, den ich unten am Teich gefunden habe. Außer mir wusste wohl niemand, wo genau sich das Versteck befand,
und Rowan kann es nun nicht mehr ausplaudern«, fügte er beinahe bedauernd hinzu.
»Wir sollten uns zur Ruhe begeben. Morgen früh werde ich versuchen, Abt Johannes davon zu überzeugen, dass Bruder Rowan ohne
mich abgereist ist – wohin auch immer.«
»Was gewissermaßen der Wahrheit entspricht«, warf Anselm mit einer fatalistischen Miene ein.
Gero ignorierte die Bemerkung und wandte sich stattdessen an Hannah. »Wir werden zu Fuß aufbrechen und unten im Dorf ein paar
Pferde mieten. Dann reiten wir zur Burg meines Vaters. Er muss uns helfen. Außerdem will ich in Erfahrung bringen, was aus
meinen Kameraden geworden ist.«
Nachdem Gero das Haupt der Weisheit zunächst in Hannahs Rucksack verstaut und unter ihrem Bett versteckt hatte, lieferte er
Anselm und den Jungen im Schlafsaal der Mönche ab, wo sie fürs erste in Sicherheit sein würden. Unter dem Vorwand, die Latrinen
aufsuchen zu müssen, entschlüpfte er den neugierigen Augen der übrigen Zisterzienser. Nur mit seinem kurzen, dunkelblauen
Wams, Lederhose und Stiefeln bekleidet, huschte er durch den Kreuzgang. Hier und da brannte ein spärliches Licht.
Nachdem er Hannahs Kammer betreten hatte, verriegelte er die Tür, indem er eine Stuhllehne unter den Griff schob.
Mit einer zärtlichen Umarmung wurde er von Hannah in Empfang genommen.
»Wir sollten zu Bett gehen«, sagte er leise, während er ihr Haar küsste. |499| Neben der Liebe Gottes war die Liebe einer Frau im Augenblick der beste Trost, den er sich vorstellen konnte.
»Könnte man dich des Mordes an dem toten Bruder beschuldigen?«, fragte Hannah besorgt, während Gero sie zu ihrer schmalen
Pritsche geleitete.
»Solange ihn niemand findet, kaum«, erwiderte Gero und ließ sich auf dem Bett
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