Das Rätsel der Templer - Roman
nieder, um seine Stiefel abzustreifen. Danach
stand er auf und öffnete mit einer erstaunlichen Gelassenheit die Schnüre seiner Hose, die er wie selbstverständlich über
einem Stuhl ablegte. Schließlich zog er sein Wams über den Kopf und schnallte den Messergürtel ab, den er sich aus Rowans
Kammer zurückgeholt hatte, und ließ ihn beiläufig unter dem Kopfkissen verschwinden.
Vollkommen nackt durchquerte er das Zimmer und vergewisserte sich, ob die Fensterläden verrammelt waren, dann kehrte er zurück
und schlüpfte mit einem Lächeln unter das grobe Bettzeug.
Hannah hatte ihn stumm beobachtet und stand nun unschlüssig vor der Pritsche.
»Komm an meine Seite«, sagte er und hob einladend die Wolldecke. »Damit ich dich wärmen kann.«
Nur mit ihrer spärlichen Unterwäsche bekleidet, legte sie sich zu ihm. Er hätte sie mit Haut und Haaren verschlingen mögen,
als er sie in seine Arme zog, so sehr sehnte er sich nach ihrer Zärtlichkeit. Er konnte ihren Atem spüren, bevor er sie fordernd
küsste.
Nach Luft ringend befreite sie sich aus seiner Umarmung. »Was ist, wenn uns jemand erwischt?«, stieß sie hervor. »Wir befinden
uns in einem Kloster, und nicht umsonst hat man mich hier weitab von den Brüdern einquartiert.«
»Keine Sorge«, antwortete er mit einem beschwichtigenden Lächeln. »Jeder, der es wagt, hier einzudringen, wird sich vor mir
rechtfertigen müssen und nicht umgekehrt. Anselm weiß im übrigen Bescheid, dass ich die Nacht bei dir verbringe, und er wird
in der Zeit auf Matthäus acht geben.«
Unbeirrt fuhr Gero fort, ihren Hals zu liebkosen.
»Denkst du, es ist richtig, was wir hier tun? Heute gab es drei Tote, und irgendwie begreife ich immer noch nicht, dass ich
mich siebenhundert Jahre entfernt von meinem Zuhause befinde.«
|500| »Verzeih«, murmelte er und sah sie schuldbewusst an. »Ich dachte, ein wenig Ablenkung würde dich auf leichtere Gedanken bringen.«
Mit einem entschuldigenden Schulterzucken rückte er von ihr ab.
»So hab ich’s jetzt auch nicht gemeint«, erwiderte Hannah und fuhr ihm mit den Fingern über sein kurzes Haar. »Ich muss nur
die ganze Zeit darüber nachdenken, was unten im Kanal geschehen ist. Dein feiner Bruder des Hohen Rates hätte dich ebenso
gut töten können. Außerdem wage ich nicht daran zu denken, was geschehen wäre, wenn du seinem Ansinnen nachgegeben hättest.
Wenn ich Toms Ausführungen richtig verstanden habe, ist längst nicht geklärt, ob man am Fluss der Zeit überhaupt etwas ändern
kann. Vielleicht ist es mit eurem Haupt der Weisheit möglich, aber was wäre, wenn es nicht so ist?«
»Man sollte die Hoffnung niemals aufgeben«, erwiderte Gero dunkel.
Sie rückte nun wieder näher an ihn heran und küsste ihn zärtlich auf die Wange. »Egal, was noch kommt. Ich bin froh, dass
wir zusammen sind«, sagte sie leise. »Die Vorstellung, dich und den Jungen nie wieder zu sehen, war weitaus schlimmer für
mich, als mit dir durch die Zeit zu gehen.«
Für einen Moment durchflutete ihn ein längst vergessen geglaubtes Glücksgefühl. Hannah brachte ihm die gleiche Liebe entgegen,
die er für sie empfand. Doch wenn er seinem Verstand folgte, holte ihn die Wirklichkeit grausam ein.
»Hannah …« Mühsam suchte Gero nach Worten. »Wir hatten noch keine Zeit darüber zu sprechen, aber ich denke, auf Dauer ist
es zu gefährlich für dich, wenn du bei mir bleibst. Ich werde einen Weg finden müssen, der dir und Anselm die Rückkehr in
eure Zeit ermöglicht.«
»Warum habe ich plötzlich den Eindruck, dass du mich so schnell wie möglich loswerden willst?«, erwiderte sie beleidigt.
Gero seufzte. »Es geht überhaupt nicht darum, was
ich
will, verstehst du das nicht?«
»Aber du willst mit mir schlafen?« Hannah sah ihn herausfordernd an. »Jetzt und hier. Habe ich recht?«
»Ich bin um dein Wohl besorgt, sonst nichts!«
»Was wäre, wenn ich ein Kind empfangen würde?«
Hastig rückte er von ihr ab und sah sie verwirrt an. »Du hast gesagt, das kann nicht geschehen.«
|501| »So?«, funkelte sie ihn an. »Sagte ich das?«
Er stöhnte auf. »Oh, Hannah … es tut mir leid.«
»Was tut dir leid? Dass du für mich Verantwortung übernehmen musst?«
»Ich liebe dich«, sagte er beschwörend. »Denkst du, es fiele mir leicht, dich wieder zurückzuschicken? Gerade weil ich dich
liebe und mich für dich verantwortlich fühle, kannst du hier nicht bleiben.«
Ihr schlanker, weißer Hals, die
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