Das Rätsel der Templer - Roman
kleinen Kastens ein etwa gleich großes, ebenfalls holographisches Feld in Form eines blaugrün leuchtenden
Gitternetzes erzeugt, in das der Roboterarm die Hand des bewusstlosen Mönches führte.
Der Countdown, der daraufhin abgezählt wurde, versetzte alle anwesenden Wissenschaftler sowie Professor Hertzberg und Major
Dan Simmens in ungeheure Spannung. Ein greller Lichtblitz verhinderte schließlich, dass die Anwesenden mit ansehen konnten,
wie der Mann auf der Trage verschwand. Fest stand nur, dass er sich nicht mehr im Labor befand. Auch die später ausgewerteten
Überwachungskameras konnten keinen Aufschluss darüber geben, ob der Transferierte tatsächlich an seinem Bestimmungsort angelangt
war.
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Dienstag, 14. November 1307 – Chinon – der Medicus
Kurz vor der Morgendämmerung sattelte Struan die Pferde. Anselm, der den Schotten eine Weile beobachtet hatte, löste seinen
Blick und begann im Schein einer Fackel, die Gero in den Boden gesteckt hatte, ein langes, schwarzes Gewand anzulegen. Das
düstere Kleidungsstück hatte sich eher zufällig im Fundus der Spielmannstruppe befunden und eignete sich bestens für die typische
Gewandung eines Medicus, weil man Blut und Eiterflecken nicht darauf erkennen konnte. Darüber streifte Anselm seinen langen
Ledermantel, der ihm Schutz gegen die Kälte bot.
Atemwölkchen zeichneten sich im Schein der Flammen ab, als Gero mit einem stummen Schulterklopfen Abschied von Johan nahm,
der für die Bewachung der Frauen und des Jungen zurückblieb. Er musste sich außerdem um den gefangenen Mönch kümmern, den
man spätestens morgen Abend in der Abtei Fontevrault vermissen würde.
Gero verzichtete darauf, Hannah zu wecken, um sich zu verabschieden. Er mochte es nicht, wenn sie sich zu sehr ängstigte.
Johan bedachte Gero mit einem besorgten Blick. »Wenn die Sache nicht abläuft wie der Faden eines Knäuels sauber gesponnenen
Garns, werden wir einen hohen Preis zu bezahlen haben«, bemerkte er leise.
»Wem sagst du das«, erwiderte Gero rau.
Anselm, dem Johans Bemerkung nicht entgangen war, wurde sich mit einem Schlag seiner Verantwortung bewusst. Verfolgung, Folter
und der Tod aller Anwesenden würden womöglich die Folge sein, wenn er auch nur einen winzigen Fehler beging.
Um nicht vorzeitig bemerkt zu werden, warteten Gero, Struan und Anselm geduldig im Schutz der Uferböschung der Vienne, bis
das Stadttor beim ersten Hahnenschrei und dem damit einhergehenden Glockenläuten zur Morgenandacht geöffnet wurde. Dann verschaffte
ihnen das Siegel des Königs abermals den Zutritt zur Stadt.
Der Medicus besaß ein schmales Eckhaus unmittelbar neben der inneren Festungsmauer, direkt gegenüber von Saint Maurice, der
einzigen Kirche im umfriedeten Teil der Stadt. Die Gegend war düster, weil |667| kaum Licht in die Gasse fiel, und es stank nach feuchten Mauern und brackigem Wasser. Ein paar Ratten huschten über das schmale
Pflaster und verschwanden in einem Abflussrohr, das durch die Mauer zur direkt dahinterliegenden Vienne führte.
Mit einem verhaltenen Blick in die Umgebung stellte Gero fest, dass sich niemand in der Nähe aufhielt, der ihren Plan würde
vereiteln können. Die Pferde banden sie ein Stück entfernt an einem Eisenring fest, der in das unverputzte Kalksteingemäuer
von Saint Maurice eingelassen war. So musste jeder denken, dass die Besitzer der Tiere sich in der Kirche zur Frühmesse aufhielten.
Struan spähte, den Rücken flach an die Hauswand gepresst, in eines der kleinen Fenster, doch zu sehen war nichts. Der Medicus
schlief offenbar noch. Oder er war nicht zu Hause, was denkbar ungünstig gewesen wäre. Die Haustür war wie üblich unverschlossen.
In einer Stadt wie Chinon gehörte es nicht zur Tagesordnung, dass etwas gestohlen wurde.
Um kein unnötiges Knarren zu verursachen, öffnete Struan die Türe nur soweit, wie es nötig war, um hindurch zu schlüpfen.
Geschmeidig verschwand er durch die schmale Öffnung und bedeutete Anselm und Gero, dass sie ihm folgen sollten.
Gemeinsam schlichen sie durch das stickige Untergeschoß, um dann eine leise ächzende Kirschholztreppe hinaufzusteigen. Ein
lautes Schnarchen, das hinter einer angelehnten Zimmertür zu hören war, verriet ihnen, dass der Hausherr tatsächlich noch
im Bett lag.
Ein halboffenes Fensterchen im Treppenhaus, das durch die angelehnte Fensterlade ein wenig Licht hereinließ, erlaubte Anselm
einen Blick auf Struans grimmig
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